„Meinen Eltern habe ich nichts von dem Kind erzählt“
Jeden Tag wird von Frau Shibata an ihrem Arbeitsplatz erwartet, dass sie neben ihren üblichen Aufgaben alles übernimmt, was so im Büro anfällt, Kaffee kochen, Geschirr abräumen, Süßigkeiten verteilen – weil sie die einzige Frau ist. Keiner der anwesenden Männer käme auch nur die Idee, selbst in die Büroküche zu gehen. Als es ihr eines Tages reicht, behauptet sie spontan, schwanger zu sein. Sie ist 34 und unverheiratet, ab sofort wird sie völlig anders behandelt: Man begegnet ihr zuvorkommend und freundlich, sie muss keine Überstunden mehr machen, hat auf einmal Zeit für sich. Die sie zum Kochen, Essen, Filmeschauen und für Schwangerschaftsyoga nutzt – schließlich bekommt sie bald ein Kind. Sie besucht Aerobic-Kurse, um sich fitzuhalten und nicht mehr als nötig zuzulegen, freundet sich mit anderen Schwangeren an und hat die beste Zeit ihres Lebens.
Für diesen Roman hatte die japanische Autorin Emi Yagi selbst eine geniale Idee: Anhand einer Fake-Schwangerschaft erzählt sie von Kapitalismus und Ausbeutung, von Sexismus und der verzerrten Wahrnehmung schwangerer Körper, letztlich sogar von der übersteigerten Erwartung an Mütter sowie deren Erschöpfung. Ein schmales, intelligentes und wirklich gut gemachtes Buch, das mich zum Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken gebracht hat und das seine Kritik an der Gesellschaft auf verschmitzte Weise und gut verpackt anbringt. Absolute Empfehlung!
Frau Shibatas geniale Idee von Emi Yagi ist erschienen bei Atlantik.
„Du musst es mir sagen: das, was die anderen niemals erfahren dürfen, wofür wir uns schämen und was uns so gefällt“
„Wenn wir es schaffen würden, egal, was man mit uns macht, nichts zu sagen, für den Rest unseres Lebens zu schweigen, könnten wir dann – irgendwann – zu Dingen werden?“
„Nein, wir sind nicht darüber hinaus, auf diese Dinge achten zu müssen. Es wird gerade erst interessant“
„So ein menschliches Leben ist doch aufwendiger, als man denkt“
„Eine Gothic Novel für unsere Zeit“
„Man musste kein Psychologe sein, um zu wissen, dass so einer wie der Krutzler keine komplizierte Psyche hatte, weil er gar kein Interesse hatte, eine solche zu entwickeln“
„Das war die geilste Zeit meines Lebens! Wenn ich mich nur an mehr erinnern könnte“
„Im Fernsehen berichten sie heute nicht, dass jemand gestorben wäre, aber ich bin mir sicher, dass es trotzdem so ist“
„Als Frau und Gemahlin besaß ich keinerlei Macht und musste gleichwohl unser Schicksal irgendwie in die Hand nehmen“