Netter Versuch: 2 Sterne

Ein Dorf ohne Männer
Es herrscht Bürgerkrieg in Kolumbien, Guerillakämpfer ziehen mordend und plündernd durch das Land. Als sie in Mariquita ankommen, verschleppen sie alle Männer, die älter sind als 13. Das kleine, abgeschiedene Dorf bleibt männerlos und im Chaos zurück. Die Frauen trauern um ihre Männer und Söhne, sie sind verzweifelt. Schnell geht es mit den Witwen und Kindern bergab: Die Schule muss geschlossen werden, bald haben sie weder Wasser noch Strom noch etwas zu essen. Ihre Kleider fallen auseinander und ihre Mägen bleiben leer. Dona Rosalba viuda de Patino sieht ihre Stunde gekommen und ernennt sich zur Bürgermeisterin. Die Liste ihrer geplanten Verbesserungen für Mariquita ist lang. Aber ständig kommt ihr etwas in die Quere …

Was sich nach einer guten Geschichte anhört, ist in der Umsetzung leider nicht so gelungen wie erhofft. James Canón porträtiert die verschiedenen zurückgelassenen Frauen von Mariquita sowie einzelne Guerillakämpfer und Soldaten. In fast jedem Kapitel geht es um eine andere Frau oder um einen anderen Mann (wobei jene über die Männer nur knapp 1,5 bis 2 Seiten lang sind und immer jemand stirbt) – was dazu führt, dass ich nach 50 Seiten ziemlich verwirrt bin. Eine klare Perspektive gibt es nicht. Zwischen den einzelnen Porträts liegen Jahre – aber verändert hat sich im Dorf kaum etwas. Denn während der glorifizierende Klappentext die Utopie eines friedlichen, glücklichen, männerfreien Dorfs unter Frauenherrschaft entwirft, sieht die Realität im Buch ganz anders aus: Die Frauen sind unfähig, sie kriegen nichts auf die Reihe, sie jammern und weinen, lassen alles verfallen und wissen sich überhaupt nicht zu helfen. Zudem sind sie verrückt – aber nicht auf eine skurrile Art verrückt, sondern auf eine Benutze-bitte-deinen-Hausverstand-Art.

Der erwartete Aufschwung bleibt aus – und zwar sehr, sehr lange. Rosalba ist als Bürgermeisterin völlig unbrauchbar und schafft es erst auf Seite 300 (und nach 6 Jahren), wenigstens ein paar ihrer Pläne in die Tat umzusetzen. Bis dahin habe ich, ich gebe es zu, längst die Geduld verloren. Das Buch ist sehr ermüdend und man muss schon sehr viel Ausdauer haben, um die wenigen Goldnuggets in all dem Schutt zu finden. Einzelne Ideen sind wunderbar: eine junge Frau, die stinkt, wenn sie sich ärgert, ein Priester, der zu Zeugungszwecken das Zölibat niederlegt, oder Burschen, die über Nacht zu Mädchen werden. Aber es fehlt dennoch an der Magie. Denn dem Vergleich mit Gabriel García Márquez, der nahe liegt, kann James Canón bei Weitem nicht standhalten. Und als die Frauen dann auch noch lesbisch werden, bekomme ich einen kleinen Wutanfall. Der Tag, an dem die Männer verschwanden ist ein Roman über einen Haufen dummer Weiber und kriegsgeschädigter Männer – und eine herbe Enttäuschung.

Netter Versuch: 2 Sterne

Ein alter Mann, eine junge Frau und eine Freundschaft
Die Frage, ob Männer und Frauen befreundet sein können, ist uralt und tausendfach gestellt worden. Auch in Hans Werner Kettenbachs Roman Sterbetage spielt sie eine Rolle. Interessant dabei: Der Mann ist mit knapp 60 schon älter, die Frau dagegen jung, Anfang 20. Sie treffen zufällig aufeinander: Heinz Kamp ist ein arbeitsloser Buchhalter, der nachts nicht schlafen kann und spazieren geht. Studentin Claudia läuft ihm über den Weg. Weil keine Straßenbahn mehr fährt und das Mädchen friert, nimmt er es mit nach hause. Was er sich damit angefangen hat, ist ihm selbst nicht so ganz klar: Einerseits geht ihm die zickige Claudia auf die Nerven, andererseits würde er sich in seiner Einsamkeit mit jeglicher Gesellschaft zufrieden geben, auch mit ihrer. Aber es ist natürlich alles nicht so einfach: Zwar spielt Sex kaum eine Rolle zwischen den beiden, sie haben sich vielmehr “ganz doll lieb”. Claudia hat aber jede Menge Schwierigkeiten am Hals, in die Kamp sich ein wenig verstrickt und die undefiniert bleiben. Sie kommt und geht, wie es ihr gefällt, ist ungezwungen und verrückt, sie hat kein Zuhause und übernachtet bei Kamp, wenn es ihr gerade in den Kram passt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Freundschaft, die ungewöhnlich und eigenwillig ist.

Bei Sterbetage handelt es sich um eine harmlose kleine Erzählung ohne rechten Höhepunkt oder großen Konflikt. Obwohl zwei einsame Menschen aufeinandertreffen, ist dies keine Liebesgeschichte im eigentlichen Sinn. Die Handlung läuft schnurgerade dahin und bietet keine Stolpersteine, aber auch keine interessanten Einsichten. Einzig überraschend ist das originelle Ende, das alles auf angenehme Weise auf den Kopf stellt. Ein Buch, das man lesen kann, aber nicht muss.

Netter Versuch: 2 Sterne

ClarkeEs brennt, es brennt – ein Buch!
Sam Pulsifer hat im Alter von 18 Jahren unabsichtlich das Haus von Emily Dickinson niedergebrannt – und zwei Menschen dabei umgebracht. 10 Jahre verbringt er dafür im Gefängnis. Als er entlassen wird, geht er aufs College, heiratet, findet einen Job und bekommt zwei Kinder. Aber so ganz lässt ihn das, was er getan hat, freilich nicht los. Es verfolgt ihn – in personifizierter Form sozusagen. Denn natürlich gibt es jemanden, der sich rächen will. Und dann brennen noch ein paar Schriftstellerhäuser. So weit zum Inhalt (Klappentext-beschreibung, wie immer, ich verrate nicht mehr). Kommen wir jetzt dazu, warum dieses Buch so schlecht ist.

Zum einen ist der Titel schon mal das Originellste am ganzen Roman. Als “unglaublich lustig” wird dieses Buch beschrieben. Dass ich nicht lache! Gut, der Idee an sich – dass jemand unbeabsichtigt das berühmteste Haus der Gegend abfackelt – kann ich durchaus etwas abgewinnen. Aber selten habe ich etwas Öderes gelesen. Auf diesen Seiten gibt es genau null Spannung. Wieder einmal erfährt man vom U4-Text alles, was man wissen muss – in diesem Fall ist der Klappentext sogar noch besser geschrieben als das Buch selbst. Ich bin keine Minute lang gefesselt. Die Umsetzung dieser grandiosen Idee ist absolut lahmarschig. Ich muss mich immer wieder aufs Neue zum Weiterlesen zwingen. Sam Pulsifer ist unsagbar dumm und unsympathisch. Nicht einmal seine Eltern können ihn leiden. Er setzt eben auch alles daran, sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen gründlich zu ruinieren. Was witzig sein könnte. Aber die Dialoge lassen Humor und Schlagfertigkeit vermissen, die Ereignisse folgen einer allzu vorhersehbaren Spur, die Charaktere bleiben flach und hohl.

Ganz am Ende wartet der Autor mit einer originellen Wendung auf, die ihn noch mal aus dem Sumpf rausreißt. Allerdings auch nur bis zu den Schultern. Tragisch ist, dass Brock Clarke angeblich kreatives Schreiben unterrichtet. Hoffentlich nur an der Volkshochschule.

Netter Versuch: 2 Sterne

SilvaVöllig asoziale Kinder in einer anonymen italienischen Stadt
Rosario ist elf Jahre alt und wohnt allein mit seiner betagten Großmutter in einer italienischen Stadt, deren Name nicht genannt wird. Jeden Tag trifft er sich mit seinen Freunden bei Burger King, trinkt Bier und raucht. Was in seinem Fall noch das Harmloseste ist: Denn eines Tages steht Rosario morgens auf, richtet der Oma das Frühstück, zieht sich an wie ein Fußballer und geht los, um einen Mann zu erschießen. So beginnt Diego De Silvas kurzer Roman über einen Jungen, der führungs- und orientierungslos durchs Leben stolpert und mit den falschen Leuten in Kontakt kommt.

Ich kannte den Autor nicht und hab mich beim Buchkauf in Florenz vom Klappentext überzeugen lassen. Der verspricht jedoch etwas, das das Buch nicht halten kann: Zwar ist Diego De Silva ein guter Beobachter, der sich einer recht detailverliebten Sprache bedient. Die Geschichte schreitet voran und man erfährt einiges über Rosarios Leben – dass er den älteren Santino bewundert und in die 17-jährige schwangere Caterina verliebt war. Doch während die noch zu lesenden Seiten schwinden, wird mir klar, dass alles, was mich interessiert, im Roman nicht zur Sprache kommt: Wo sind Rosarios Eltern und wieso geht er nicht in die Schule? Was hat es mit dem Mord, den er begeht, auf sich, wer ist der Ermordete und was steckt hinter der ganzen Sache? Wie konnte Rosario in die Fänge der üblen Gestalten geraten – er ist ja kein Straßenkind – und wer sind die überhaupt?

Da alle diese Fragen unbeantwortet bleiben, bietet Certi bambini (zu Deutsch Bestimmte Kinder) nicht mehr als einen seichten Einblick in das außer Kontrolle geratene Leben eines Elfjährigen, der kaum etwas Kindliches an sich hat. Er und seine Freunde haben nichts zu tun, sie sind gewalttätig, schlagen willkürlich Menschen zusammen und stehlen. Ich kann nicht abschätzen, ob die Ereignisse realistisch sind. Dass es in vielen italienischen Städten Probleme mit Kriminalität und Bandenkriegen gibt, ist mir völlig klar. Wie hier jedoch ein Minderjähriger in die Verbrechen miteinbezogen ist, erscheint mir doch recht übertrieben – was vielleicht daran liegt, dass die Hintergründe nicht erklärt werden. Ein großer Minuspunkt für ein Buch, das zumindest im Ansatz interessant ist bzw. gewesen wäre. Von Diego De Silva ist heuer ein anderer Roman auf Deutsch erschienen.

Netter Versuch: 2 Sterne

WallaceKleine Geschichten mit komischem Inhalt
David Foster Wallace gilt als originell und genial, seit dem Erscheinen seines Monsterwerks Unendlicher Spaß auf Deutsch ist er wieder in aller Munde. Es geht wohl eine besondere Faszination von Schriftstellern aus, die sich das Leben genommen haben – wie Wallace. Da hat es mich dann doch interessiert, was denn das Besondere sein könnte an diesem Autor, der so herausragend sein soll. Doch bei seinen Kurzgeschichten merke ich schnell: So originell sie auch sein mögen, für mich sind sie nichts.

Wie bei Philippe Dijan habe ich bei David Foster Wallace den starken Eindruck, dass ich zu uncool bin für diese Art von Literatur. Ich kann über die derben Witze nicht lachen, ich mag den rasanten Stil nicht und ich habe ständig das Gefühl, dass hier ein Mann für Männer schreibt und ich nicht folgen kann. Das ist mit Sicherheit ein subjektives Empfinden, denn bestimmt hat Wallace auch viele weibliche Fans. Natürlich erkenne ich, dass die Ideen in den Geschichten verrückt sind, abstrus und einzigartig, und dass die Zeitenfolge wild durcheinander ist und man ab und zu einfach nichts mehr versteht, gilt in diesem Fall vermutlich als Kunstform.

Bei allem vermeintlichen Spaß bleiben mir Wallace’ Geschichten viel zu oberflächlich. Es interessiert mich nicht, wenn Männerbanden durch Clubs ziehen und Drogen nehmen – nein, vielmehr hätte ich in der Story um die Frau und ihren autistischen Bruder mehr wissen wollen über die Hintergründe der Ereignisse, die Eigenschaften der Personen. Ich weiß, dass es Leser gibt, die Sätze wie “Ich unterbreitete ihm den Vorschlag, seine Rosette auf einen Jägerzaun zu platzieren, was bei mir Heiterkeit und Gelächter hervorrief” amüsant finden. Ich gehöre nicht dazu.

Netter Versuch: 2 Sterne

MunroKurzgeschichten ohne Pfiff
Ab und zu lasse ich mich überzeugen, etwas zu lesen, von dem ich eigentlich denke, dass ich es nicht mag: in diesem Fall Kurzgeschichten. Und leider hat die vielgelobte Alice Munro meine Abneigung bestätigt und verstärkt. Ich hab mir von ihr viel – womöglich zu viel – erwartet, da sie mir bereits mehrfach empfohlen wurde. Aber schon bei der ersten Geschichte bin ich enttäuscht und weiß, dass Munro und ich keine Freundinnen werden. Ihr Stil ist mir zu platt, große Ereignisse werde banal dargestellt und auch in sprachlicher Hinsicht ist Tricks nicht gerade ein Highlight.

Alle Geschichten haben eine Frau im Mittelpunkt – einer davon, Juliet, folgen wir über mehrere Sequenzen, zwischen denen viele Jahre liegen. Wohin die kurzen Episoden führen und was sie mir eigentlich sagen sollen, kann ich nicht ergründen. Ebenso schwer fällt es mir, mich mit diesen verschiedenen Frauen zu identifizieren. Alice Munro schreibt angenehme Geschichten, die mir aber viel zu wenig Tiefe haben. Ich stelle erneut fest, dass mir auch hier fehlt, was mir bei Kurzgeschichten immer fehlt: Die Charaktere sind zu unklar gezeichnet, die Ereignisse hängen in der Luft ohne Verankerung in der Vergangenheit und/oder Zukunft.

Munros Stil ist zudem nicht unbedingt altmodisch, aber doch etwas umständlich. Formulierungen wie “sie hatte nicht die Traute” oder “ihr Speiseplan war ausreichend nahrhaft” finde ich extrem gestelzt (hier könnte der Schwarze Peter aber auch bei der Übersetzerin liegen). Insgesamt finden sich einige interessante Aspekte und originelle Settings in diesen Kurzgeschichten, aber ich bin nicht überzeugt – ich könnte jetzt, nach nur zwei Wochen, nicht einmal eine einzige Geschichte nacherzählen. Sie sind mir nicht im Gedächtnis geblieben.

Netter Versuch: 2 Sterne

NothombWie ein Mensch seine Nachbarn bis aufs Blut reizen kann
Alles beginnt so idyllisch: Émile und Juliette sind beide 65 Jahre alt, seit ihrer Volksschulzeit zusammen und freuen sich, endlich in Pension gehen und in ein kleines Haus auf dem Land ziehen zu können. Doch dann taucht der griesgrämige Nachbar auf – und zwar jeden Tag um 16 Uhr. Was wie ein vermeintlich höflicher Besuch wirkt, wächst sich schnell zum Albtraum aus für das alte Ehepaar: mit keiner Methode ist dieser aufdringliche Mensch abzuschütteln.

Amélie Nothomb legt mit diesem Buch eine interessante und sehr amüsante Studie darüber vor, wie Menschen angesichts von verblüffender Unhöflichkeit reagieren – und beschreibt geradezu mit schelmischer Freude, wie für Émile und Juliette alles auseinanderbricht. Ihr Stil erinnert mich an Roald Dahl und seine zynischen Geschichten mit ihrem typischen grotesken Humor. Der Professor berichtet vom kleinen Grauen im Alltag – und davon, wie plötzlich alles komplett aus dem Ruder laufen kann. Dies ist ein kleines Büchlein zum Schmunzeln, das man in zwei bis drei Stunden ausgelesen hat, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Netter Versuch: 2 Sterne

ShakespeareStürmische, aber dennoch öde Zeiten in Tasmanien
Alex und Merridy lernen sich in Wellington Point kennen – einem Kaff an der Küste von Tasmanien. Sie sind jung, verlieben sich und heiraten. Merridy zieht zu Alex auf die Farm und sie beginnen ihr gemeinsames Leben. Doch schon bald merken sie, dass so einiges ausbleibt: das erwünschte Kind und das erhoffte Glück. Das Land ist ebenso karg wie ihre Ehe – bis ein gewaltiger Sturm alles (zumindest kurzzeitig) ändert, weil er einen Schiffbrüchigen anspült, der ein bisschen Leben in die Bude bringt.

Unter einem Sturm, den der Titel verspricht und den der Klappentext zum vermeintlichen Höhepunkt des Buchs macht, stelle ich mir etwas anderes vor als diesen Roman: mit unsympathischen Protagonisten, einer Landschaft wie aus einem Rosamunde-Pichler-Film (kein Tippfehler, ein Gag) und Ereignissen so zäh und langweilig wie der Schlamm am Ufer des Meeres reißt mich dieser Sturm nicht gerade vom Hocker. Hier weht eher ein laues Lüftchen. Denn auch der Schiffbrüchige, der laut U4-Text das fehlende Kind ersetzen soll, bringt nicht den erwarteten Aufschwung. Leider erinnert mich die eine oder andere Beschreibung des Liebes- und Farmerlebens gar zu sehr an niveaulose Frauenliteratur.

Zwar bin ich von der Sprache stellenweise recht überzeugt, vom Inhalt jedoch weniger. Während einige Metaphern geradezu auf der Zunge zergehen, sind andere Ausdrücke eher merkwürdig: zumindest verspüre ich sehr selten “ein Zucken in der Gebärmutter”. Alles in allem fehlen mir Leidenschaft und Relevanz der Geschichte, ohne die man gut leben kann.

Netter Versuch: 2 Sterne

DahlVon einem, der immer draußen steht
Vilgot ist 11 Jahre alt und allein. Seine Eltern schließen ihn aus und so muss er sich mit sich selbst beschäftigen. Er hat keinen Platz in der Familie – und deshalb ist es nur logisch, dass ihm etwas Schlimmes passiert. Viele Jahre später lebt er auf einem Bauernhof mit einem angeketteten Elefanten, der über die Umwege eines Zirkusses zu ihm gekommen ist. Der Elefant ist einsam, krank und traurig – genau wie Vilgot. Dieser Mann ist einer von jenen, die, wenn man sie sieht, so verloren und verrückt wirken, dass man ein bisschen Angst vor ihnen hat.

Auf dem Weg zu einem Freund ist die Geschichte über einen Jungen, der verloren geht und verletzt wird. Während einige Sätze wunderschön sind und ich an und für sich so verquere Geschichten mag, ist mir dieses Buch im Endeffekt leider doch zu verwirrend und unausgegoren. Während Vilgot als erwachsener Mann in der Ich-Form erzählt, wird über Vilgot als Kind in der dritten Person berichtet – die Zeit wechselt ebenfalls wild zwischen Vergangenheit und Gegenwart, teilweise mitten im Satz. Da verschiedene kurze Geschichten angerissen werden, fehlt der rote Faden. Ich komme deshalb nicht in die Handlung hinein, vielmehr stehe ich außen und wundere mich. Ich hätte mir mehr Einblicke in die Charaktere gewünscht, mehr Informationen über die Ereignisse.

Trotz all dieser Kritikpunkte beschäftigt mich dieses Buch und ich würde – obwohl ich es für mich persönlich eher schlecht bewerte – nicht sagen, dass man es nicht lesen sollte. Es ist mit Sicherheit ein sehr trauriger und abgedrehter Roman, der dem einen oder anderen vielleicht gefällt. Mit mir und Vilgot hat es leider nicht geklappt.

Netter Versuch: 2 Sterne

Hitze, Weiber, Bier: Philippe Dijans erogene Zonen
Philippe Dijan schreibt an einem Roman. Und er liebt Nina. Oder zumindest bumst er mit ihr am liebsten. Nun versucht er, beides unter einen Hut zu bringen. Und das ist scheinbar nicht so einfach. Denn ständig passieren ihm Dinge, die ihn von einem der beiden Vorhaben ablenken – andere Frauen kommen ihm dazwischen, Joints, Alkohol, ernsthafte Geldsorgen und eifersüchtige Männer. Deshalb hat Philippe Dijan jede Menge Schwierigkeiten in diesem verflucht heißen Sommer.

Eins wird schnell klar: Philippe Dijan ist ein Mann und er schreibt wie ein Mann. Was das für ein Urteil sein soll? Bisher ist es mir noch nie eingefallen, ein Buch geschlechtsspezifisch einzuordnen. Aber dies ist eindeutig ein sehr männliches Buch. Denn auch wenn ich Sympathie für den rasanten, abgefuckten Stil aufbringe, für die Einsichten in das Leben eines Autors, aus dem eine Geschichte mit aller Macht hervorbricht, so habe ich doch irgendwann die Nase voll vom Biersaufen und Weiberbumsen. Es stört mich nicht, dass so viel gebumst wird. Aber ich kann eben mit der männlichen Art, sich damit zu brüsten, nicht viel anfangen. Vermutlich muss man den Lebensstil, den Philippe Dijan hier beschreibt, selbst gut finden, um dieses Buch zu mögen. Denn in dieser Beschreibung des verrückten Alltags eines verrückten Schriftstellers vermisse ich ein bisschen den roten Faden, der Sinn hinter dem Ganzen. Doch vielleicht ist das ja auch die Botschaft: dass es keinen Sinn gibt.