Für Gourmets: 5 Sterne

Eine Hommage an die Literatur – und an die Liebe
„Ausgerechnet im Buchladen fing er Feuer. Und so hatte er seine wundersamsten Erlebnisse an einem Ort, wo manche das Abenteuer gar nicht erst suchten, obwohl er doch voll davon war.“ Denn als Yannis eines Tages eine ihm bisher unbekannte alte Buchhandlung in Athen betritt, ist es um ihn geschehen: Er verliebt sich in den geheimnisvollen Ort, in die zahlreichen Bücher – und in die schöne Buchhändlerin Lio. In ihr scheint er eine Seelenverwandte gefunden zu haben, die die Literatur ebenso achtet wie er. Immer wieder kehrt Yannis in die Buchhandlung zurück, in der es außer ihm nie einen Kunden gibt, und wird bereits von Lio erwartet, die mit ihm über die großen Romane der Weltgeschichte spricht, über Dostojewski und Shakespeare, über Huckleberry Finn und Erich Maria Remarque und ihre Bedeutung für die Geschichte. Kaum ist Yannis der bezaubernden Lio begegnet, häufen sich in seinem Leben merkwürdige Ereignisse – und alles wird noch rätselhafter, als Lio plötzlich verschwindet. Yannis muss sie finden, um sie zu retten, und er muss dazu die Grenze zwischen Realität und Fiktion überschreiten, um ins Reich der Fantasie zu gelangen …

Zwitschernde Fische von Andreas Séché ist mein Sommerhighlight 2012. Einigermaßen ratlos habe ich nach einem Buch gesucht, das mir Spaß macht und mich berührt, das mich auf leichten Schwingen durch die von Sonnenstrahlen flirrende Luft trägt. Und dann hat Zwitschernde Fische mich gefunden, es kam zusammen mit einer schönen Karte und einem tollen Button, und es flüsterte mir zu, nicht ins Regal gestellt, sondern gleich gelesen werden zu wollen. Ich bin diesem Zwitschern gefolgt und war von der ersten Seite an so begeistert, dass ich den Roman weggelesen habe wie ein Durstiger, der ein Glas Wasser trinkt, ohne abzusetzen. Eine Geschichte über Bücher! Über einen bibliophilen Leser, der ein gutes Buch zum Leben braucht! Und ein Buch über – ach, herrlich, herrlich – die Liebe!

Andreas Séchés zweiter Roman ist wie eine Waldlichtung, auf die das goldene Licht genau im richtigen Winkel fällt, wie der Zuckerguss auf dem Karottenkuchen, wie ein ausgelassenes Lachen an einem verregneten Tag. Es ist heiter und wunderbar unernst, originell und mystisch, es schert sich nicht um die Konventionen der Wirklichkeit, es wartet mit einer recht vorhersehbaren, aber passenden Auflösung auf – und mit allerlei interessanten Informationen zu den weltbewegenden Romanen unserer Zeit. Zwitschernde Fische verwandelt sich außerdem in einen kleinen Krimi, in dem es nicht nur um die Liebe und das Schöne am Lesen geht, sondern auch um Moral und Mord, um Diebstahl und Gerechtigkeit. Andreas Séché hat zu Papier gebracht, was so bedeutsam am Lesen ist, und auch wenn diese Erkenntnisse oft banal sind, sind sie nicht weniger wahr. Ich mag es, dass das Buch mich mehr als einmal überrascht, und ich freue mich über die versteckte Hommage an Hans Christian Andersen. Ich finde in diesem Buch so viele Sätze, die mir ein zustimmendes Seufzen entlocken, dass ich mir daraus ein Haus bauen möchte. Und um nicht weiter zu versuchen, diesen Sätzen mit meinen eigenen Worten gerecht zu werden, lasse ich sie einfach selbst zu euch sprechen – vielleicht passen sie und dieses Buch auch so gut zu euch Buchliebhabern wie zu mir und diesem Sommer.

„Ein gutes Buch, dachte der Mann, hat es einfach verdient, dass man den Tag, an dem man es in seiner Büchersammlung willkommen hieß, mit einem üppigen Frühstück beginnt.“

„Die Macht der Anziehung trägt Sorge, dass die, die es verdienen, wieder zueinanderfinden, egal, unter welchen Umständen und Zufällen sie einander begegnet sind und wieder auseinandergerissen wurden.“

„Manche fanden erst durch das Lesen wirklich zu sich selbst.“

„Und wie bei der Liebe braucht man beim Lesen nichts weiter als die Fähigkeit, sich fallen zu lassen.“

„Man muss Anna Karenina nicht gelesen haben, aber es schadet nicht zu wissen, dass es sich bei Tolstoi nicht um den Namen eines schwedischen Möbelstücks handelt.“

„Auch ein Menschenleben ist eine Geschichte. Und wäre es nicht eine wunderschöne Möglichkeit, wenn man diese Geschichte jemandem widmen könnte?“

„Wenn diese schwer zu greifende Anziehung zwischen ihnen tatsächlich Liebe war, dann bestand die Zauberformel der Liebe vielleicht darin, dass man Gefühle laut aussprechen musste, damit sie ihre volle Wirkung entfalten konnten, so wie bei jeder guten Beschwörung.“

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
das Cover ist das Einzige, was mir an diesem Roman nicht gefällt. Die Aufmachung und der Titel entsprechen in meinen Augen der Märchenhaftigkeit des Buchs überhaupt nicht.
… fürs Hirn: der Reichtum, den die Literatur uns bietet, das Wunderbare am Leben als Leser.
… fürs Herz: dieses perfekte, verträumte Ende!
… fürs Gedächtnis: der Vorsatz, öfter bei ars vivendi und anderen kleinen Verlagen zu stöbern, um noch mehr solcher Buchschätze zu entdecken.

Zwitschernde Fische von Andreas Séché ist erschienen im ars vivendi Verlag (ISBN 978-3-86913-106-1, 192 Seiten, 16,90 Euro).

Für Gourmets: 5 Sterne

Vom Hass als Gegenspieler und Bruder der Liebe
Zara hat es richtig scheiße erwischt. Sie folgt dem Versprechen auf Arbeit und Geld nach Westen – und landet als Prostituierte ohne Fluchtmöglichkeit in einem heruntergekommenen Bordell in Berlin. Sie ist Paschas persönliche Sklavin und muss lange auf den Moment warten, in dem sie entkommen kann, als sie gerade in Estland ist. Hier lebt jemand, der Zara vielleicht retten kann: Aliide. Erst bei ihrem Weggang hat Zara erfahren, dass ihre Großmutter in Estland eine Schwester hat, von der niemals gesprochen wurde. Aliide ist misstrauisch und hält Zara für den Lockvogel einer Räuberbande, nimmt sie aber aus Mitleid bei sich auf. Sie erkennt in Zaras Verhalten einen Schmerz, den sie selbst seit Jahrzehnten in ihrem Inneren verborgen hält – seit jener Nacht, in der ihr Gewalt angetan wurde. Jung und zuversichtlich war Aliide einst, und verliebt, über die Maßen verliebt in einen Mann, den sie nicht bekommen konnte. Die Eifersucht hat Aliide zu hinterhältigen Taten und zu einem großen, endgültigen getrieben, der viele Leben für immer veränderte. Aliide ist so hart wie die Zeiten und die Kriege, die sie erlebt hat. Und Zara, die ihr ausgeliefert ist, hinter der die Mafia her ist, weiß nicht, dass Aliides Hass auf ihre Schwester immer noch brennt …

Fegefeuer von der finnischen Autorin Sofi Oksanen ist ein vielfach ausgezeichnetes, sprachgewaltiges und aufwühlendes Buch. „Wer Äußerstes erlebt hat, ist auch zu Äußerstem bereit“ – diese Ankündigung aus dem Klappentext trifft voll und ganz auf beide Protagonistinnen zu. Aliide und Zara sind wie Gefäße, bis zum Rand angefüllt mit Demütigung, körperlichem Schmerz und Sehnsucht. Während Zara eine Verzweiflungstat begeht, um ihrer Opferrolle zu entkommen, hat Aliide Jahrzehnte zuvor rücksichtslos und ohne Gewissensbisse nach ihren eigenen Wünschen gehandelt – auf dem Rücken derer, die sie eigentlich hätte beschützen sollen. Jetzt ist sie alt, einsam, allein, verspottet, aber immer noch nicht unterzukriegen: „Kommt nur, kommt alle, Mafiaknechte, Soldaten, Rote und Weiße, Russen, Deutsche oder Esten, sollten sie doch kommen, Aliide würde überleben. Sie hatte immer überlebt.“ Das Überleben ist eines der zentralen Themen in diesem schockierenden Roman: das nackte Am-Leben-Bleiben, ohne Tageslicht vielleicht, ohne Hoffnung, ohne Liebe, aber leben, leben. Mit Schärfe und Präzision hat die Autorin die endlose Brutalität der Menschen im Umgang miteinander herausgearbeitet, die Lust am Leid der anderen, die Unsicherheit des Krieges.

Der Großteil der Handlung spielt in dem kleinen Dorf in Estland, in dem Aliide lebt. Ihre Erinnerungen an die estnische Zeit, an die Russen und die Deutschen gibt mir Einblick in die Geschichte dieses Landes, mit der ich mich zuvor nie im Detail beschäftigt habe. Es ist eine Geschichte, die – wie könnte es anders sein – von Vertreibung und Krieg erzählt, von Vergewaltigung, Hunger und Opportunismus. Scharfkantig und perfide ist dieses Buch, auf manchen Seiten springt es mich mit spitzen Krallen an und zwingt mich, mir schreckliche Bilder von Verletzungen anzusehen, äußerlichen und inneren. Mehr als einmal bleibt mir fast die Luft weg. Ich schätze es sehr, dass Sofi Oksanen nicht einfach zwei bemitleidenswerte Frauen kreiert hat, die von den Männern benutzt und vom Zeitgeschehen gebeutelt werden, sondern dass sie beide – aus unterschiedlichen Beweggründen – zu Täterinnen macht und dem Roman damit Gewicht und Glaubwürdigkeit gibt. Mein Mitleid gilt deshalb einer ganz anderen Frau im Buch. Dies ist ein Roman, der mich regelrecht in einen Sumpf zieht, und ich habe das Gefühl, über splitternde Knochen zu gehen und durch Angst zu waten. Ein sehr extremes, stilistisch ausgefeiltes, interessantes und bewegendes Leseerlebnis, das sicher niemanden kalt lässt.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
tolles Lila! Die Fliege – naja, aber sie hat inhaltlichen Bezug.
… fürs Hirn: die Hintergründe des Romans liegen in der estnischen Geschichte, die so voller Gewalt ist wie die Vergangenheit jedes einzelnen Landes.
… fürs Herz: Zaras Zerbrochenheit.
… fürs Gedächtnis: mein Nach-Luft-Schnappen bei vielen Szenen.

Für Gourmets: 5 Sterne

“Ich habe dem Mann, den ich liebe, nichts als Zugeständnisse zu bieten. Für ihn habe ich kein einziges Nein”
Elsa stirbt. Als die Ärzte sich vor dem Tod ergeben, kommt Elsa nachhause zu Martti, ihrem Mann, mit dem sie ihr ganzes Leben geteilt hat. Elsa bleiben nur noch Tage, um Abschied zu nehmen von ihrer Familie, die sie nicht verlassen will. „Vom Tod wissen die Lebenden nichts, aber das Sterben, dieses allmähliche Vollziehen, drängt sich deutlich in ihre Tage. Die Zeit verlangsamt sich, und die Wirklichkeit bekommt Wände aus Trauer, innerhalb derer der Sterbende und die Seinen ihre inbrünstigen Rituale vollziehen.“ So ergeht es Elsas Tochter Eleonoora und ihren Enkelinnen Anna und Maria. Eleonoora, selbst Ärztin, stemmt sich der Trauer wütend entgegen, Ehemann Martti dagegen nimmt den Gedanken, Elsa zu verlieren, wie einen Becher bitterer Medizin und trinkt sie Schluck für Schluck. Anna verbringt viel Zeit mit ihrer Großmutter, die zerbrochene, stille Anna, die sich im Studienabschluss verrennt und sich einen Freund gesucht hat, der so weich ist, dass er sie nicht verletzen kann. Denn Anna hat geliebt und verloren. „Doch Annas Trost ist ungeschickt, sie hat nichts als ihre sperrigen Arme, die die Umarmung schon auf halbem Weg verweigern.“ Und trotzdem ist es sie, die selbst nichts erzählt, mit ihrem Gespür für das Ungesagte, die ein fremdes Kleid und damit ein Geheimnis entdeckt. Denn das Kleid gehörte einer Frau, die einst wichtig war für Martti: Eeva.

Ich habe mich nicht auf den ersten Blick in Wahr von Riikka Pulkkinen verliebt. Vielmehr habe ich nach der digitalen Leseprobe entschieden, das Buch nicht zu lesen. Dann aber hat es mir ein aufmerksamer Mensch geschenkt, und wir haben einander über das Regalbrett hinweg immer wieder angeschaut. Eines Tages habe ich ihm spontan doch eine Chance gegeben – und es war um mich geschehen. Plötzlich hat die junge finnische Autorin ihre sperrige, hölzerne und doch so klare Sprache um mich gelegt wie Arme und hat mich so festgehalten, dass ich nicht mehr gehen wollte. Die Geschichte ist denkbar klischeehaft: Eine Frau liegt im Sterben, sie hat eine Karriere gehabt und eine Familie, und ihr Mann hat sie einst betrogen, er war verliebt in eine andere. Aber es ist ebendiese ausgezeichnete, kluge Sprache, die mal hart werden und dann wieder weich sein kann, die dafür sorgt, dass ich mich trotzdem für diese Geschichte interessiere. Alle Sätze sind eingebettet in ein großes Gewebe, das in seiner Gesamtheit funktioniert und keine einzige Lücke aufweist.

Es ist nicht Elsa, die – wie der Klappentext behauptet – ihre Erinnerungen formuliert und ihre Geschichte erzählt. Vielmehr ist Eevas Geschichte einfach da, niemand erzählt sie, sie existiert, weil sie passiert ist. Eeva ist die Stimme aus dem Off. Und sie ist allwissend, sie kennt die Vergangenheit und die Zukunft, sie sagt „Er denkt, dass …“ und „Ich weiß noch nicht, dass …“, und das ist so fremdartig, bizarr und unrealistisch, dass ich es genial finde. Eevas Geschichte ist Annas Geschichte und die Geschichte jeder Frau, die einmal unverhältnismäßig geliebt hat: „Aber sie ist der Überzeugung, dass niemand es sich leisten kann, die Liebe vorbeiziehen zu lassen. So reich kann niemand sein. Und deshalb macht sie ihm die Tür auf“, sagt Eeva. Traurig ist dieser feinsinnige, emotionale Roman, sehr poetisch, wunderschön, süß und bitter. Es geht darin um eine starke Ehe, um zwei Lieben – eine davon aufbrausend wie ein Feuer, die andere wärmend wie eine stete Flamme – und um die wilden 1960er-Jahre, die im abgelegenen Finnland nicht so richtig in Gang gekommen sind, um die Künstlerszene und die Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

Wahr von Riikka Pulkkinen ist ein Buch, wie ich es brauche, wie ich es mir wünsche, und deshalb für mich das bisher beste Buch, das ich 2012 gelesen habe. Es ist kraftvoll und zynisch, elegant und melodisch, und viele Sätze darin möchte ich mir in geschwungener Handschrift an die Wand schreiben, um sie als Erstes zu sehen, wenn ich aufwache. Dies ist eine Sprache, in der ich schwimmen und unter Wasser atmen kann, sie ist eine Wolke, auf der ich gehen kann, ich möchte mich zudecken mit dieser Sprache und dann einschlafen, in dem Wissen, dass ich zuhause bin.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
die Farbe des Covers finde ich schön, den Rest mittelmäßig.
… fürs Hirn: das Wissen, dass es so ist, das Leben – dass einem passiert, womit man stets gerechnet hat und das man doch nie erleben wollte, und dass es schließlich viel zu schnell zu Ende geht.
… fürs Herz: jede einzelne der Figuren – Elsa, Martti, Ella, Anna und Eeva – und ganz besonders Eeva, deren Stimme so ätherisch durch das Buch schwebt wie ein kaum wahrnehmbares Geräusch, und deren Geschichte doch das Herz des Romans ist.
… fürs Gedächtnis: mein eigenes pures Leseglück bei jeder einzelnen Seite.

Für Gourmets: 5 Sterne

Von den Wundern einer Kindheit
“Unsere Eltern hatten uns nie von ihren Plänen, eine Frühstückspension zu eröffnen, erzählt, und nie hatten sie diesen unnatürlichen Wunsch zu erkennen gegeben, Menschen zu beherbergen, die sie normalerweise nicht ermuntern würden, unser Leben zu teilen.” Doch dann ist dieser Wunsch auf einmal da, und für Eleanor Maud Portman ändert sich alles. Sie muss nach Cornwall umziehen und ihre beste Freundin Jenny Penny zurücklassen, sie wird zum Außenseiter in der Schule und kann nur noch mit Gott, dem Kaninchen, reden. Zum Glück ist Gott ziemlich klug. Er ist für Elly fast so wichtig wie ihr großer Bruder Joe, der mit seinem Anderssein kämpft und Vorbildwirkung für seine kleine Schwester hat. Und dann wird es eigentlich ganz gut in Cornwall, denn der alte Arthur, der die ganze Welt bereist hat und täglich Yoga macht, zieht als Dauergast in die Pension ein und bringt Ginger mit, eine in die Jahre gekommene Sängerin, die Wildes erlebt und Probleme mit Gefühlsduseleien hat. Komplettiert wird die Familie von Ellys lesbischer Tante Nancy, die schon lange in Ellys Mutter verknallt ist. Als Ersten spült es Joe aus dem Haus, er beendet die Schule in London, und Elly vermisst ihn schmerzlich. Auch als die beiden erwachsen sind, bleibt ihre Bindung eng, doch Joe entgleitet Elly immer mehr: „Er war wie Ginger geworden. Man musste sein Tun interpretieren, denn es wurde selten von Worten begleitet, weil seine Welt eine stille Welt war; ein abgekoppelter, gebrochener Ort.“ All die Jahre hat Joe seine kleine Schwester unterstützt, und nun ist es an ihr, etwas zurückzugeben. Doch Elly hat keine Ahnung, wie schwer das sein wird …

Ich liebe Bücher, in denen der Protagonist ein merkwürdiges kleines Kind ist – aber nur, wenn zwei wichtige Bedingungen erfüllt sind. Erstens: Die Familie des Kindes muss verrückt sein, es muss umgeben sein von seltsamen, gerade noch glaubwürdigen Leuten, die eine Fülle an abstrusen Geschichten mitbringen. Denn einen Roman über eine ganz gewöhnliche Kindheit, in der das Aufregendste ein neuer blauer Pyjama zum zehnten Geburtstag ist, will ich nicht lesen. Umso wunderbarer, dass es in diesem Buch eine Freundin gibt, die bescheuerterweise Jenny Penny heißt, dass Gott ein Kaninchen ist und Tante Nancy in einer Soap mitspielt und sogar ein Mord geschieht. Zweitens wünsche ich mir, dass der Roman nicht schwächer wird, sobald das Protagonistenkind erwachsen wird, denn allzu oft gibt es dann einen Bruch im Erzählton, der alle Kraft verliert. Diese Schwierigkeit hat Sarah Winman in Als Gott ein Kaninchen war exzellent gemeistert. Ich mag die erwachsene Elly immer noch, auch wenn sie arg antriebs- und leblos ist, und ich mag das ganze Buch. Es ist einer jener Romane, von denen man sich verzaubern lassen kann – weil das Leben sonderbar, aber dennoch lebenswert wirkt, weil man an die eigene Kindheit erinnert wird, weil man viel schmunzeln und fast ein bisschen weinen muss und weil man letztlich das Gefühl hat, etwas über das Leben gelernt zu haben, was freilich nicht im Geringsten stimmt. Als Gott ein Kaninchen war ist wie ein Ausflug in den Vergnügungspark, wo Zuckerwatteduft und Achterbahnsausen positive Erinnerungen wecken, wo es geheimnisvolle Ecken mit magischen Tricks gibt und auch ein wenig Gefahr lauert. Es ist schön dort, ich will bei Elly bleiben, gebrannte Mandeln essen und nicht nachhause gehen. Zwar entsetzt mich eine Wendung kurz vor Schluss, doch das Ende ist genau so, wie ich es brauche, um glücklich zu sein. Es ist das vergängliche, oberflächliche Glück von Schokoladeneis und neuen Schuhen, aber Glück.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
schön gemacht, nichts daran auszusetzen.
… fürs Hirn: ach. Muss ja nicht immer.
… fürs Herz: alles, alles, alles!
… fürs Gedächtnis: mein Lieblingszitat (über Ellys Mutter): “So war sie immer: dankbar für das Leben an sich. Ihr Glas war nicht nur halbvoll, es war vergoldet, und man konnte sich immer nachschenken.”

Für Gourmets: 5 Sterne

Der Feind im eigenen Inneren
„Heute ist jedoch ein schöner Tag im Februar, halb drei Uhr nachmittags, und ich bin gerade geschieden worden.“ Das stimmt die junge Künstlerin Sofia fröhlich, denn ihr Ex-Ehemann Nicola leidet an Depressionen, und das Leben mit ihm war über die Maßen anstrengend. Sofia fühlt sich befreit, widmet sich wieder ihren Bildern und Fotografien, und lernt bald gleich zwei neue Männer kennen: den charmanten Arturo und den verheirateten Marcello. Mit beiden beginnt Sofia eine Affäre, und für eine Weile scheint es so, als könnte sie sich entspannt zurücklehnen und ihr Leben genießen. Doch dann wird die Dreiecksbeziehung immer mehr zur Belastung, denn sowohl Arturo als auch Marcello sind labil, wenn nicht gar depressiv, sie verlangen extrem viel Aufmerksamkeit. Von ihrem Vater kann Sofia kaum Unterstützung erwarten, er treibt auf dem offenen Meer, stets auf der Suche nach dem nächsten Hai, mit dem er tauchen kann. „Mein Vater ist ein fröhlicher Mensch. Man sieht es an seinen Falten, die ihm die Sonne und nicht der Kummer eingeritzt hat. Er hat den Dämon außerhalb seiner selbst gefunden.“ Regelmäßig schickt er Sofia ein Video von den Haien und erzählt ihr das Neueste. Das hilft ihr jedoch wenig, als es ihr wegen Arturo und Marcello, die beide an ihr herumzerren, immer schlechter geht: „Mit meiner spitzen Zunge halte ich alle in Schach und fühle mich trotzdem völlig ausgeliefert.“ Die Depression zieht sich wie ein roter Faden durch Sofias Leben: Auch ihre Mutter litt daran. Als Sofia nun anfängt, die Briefe ihrer Mutter zu lesen, verliert sie endgültig das Gleichgewicht …

Caterina Bonvicini thematisiert in ihrem Roman Das Gleichgewicht der Haie, für den sie mit Preisen bedacht wurde, die gespenstische Krankheit Depression. Ihre Ich-Erzählerin, die junge Sofia, ist umgeben von Menschen, die depressiv sind oder es zumindest glauben – und sie schafft es irgendwann nicht mehr, mit Mut und Lebensfreude dagegenzuhalten. In einer eindrucksvollen, sehr lebendigen und klaren Sprache erzählt die Autorin von den Formen und Auswirkungen der Depression. Sie schreckt vor direkten Aussagen und krassen Situationen nicht zurück, hat doch diese Krankheit etwas sehr Endgültiges, das alle, die mit ihr in Berührung kommen, hilflos macht. Ich habe bereits viele italienische Romane gelesen – vor allem beruflich – und bin immer wieder verblüfft, wie gern die vermeintlich so lebenslustigen und lässigen Italiener sich in der Literatur mit Traurigkeit und Selbstmord beschäftigen und welch melancholischen Erzählton sie dabei anschlagen. Immer schimmert aber eine sehr gefasste So-ist-das-Leben-eben-Einstellung durch. Das ist auch im vorliegenden Buch der Fall.

Mir ist der Roman fast ein bisschen zu angefüllt mit depressiven Menschen; die unbekümmerte Fröhlichkeit von Sofias durchgeknalltem Vater ist da zwischendurch eine Wohltat. Insgesamt hat mich Caterina Bonvicini mit ihrer gelungenen Mischung aus Sofias Perspektive, den Kommentaren des Vaters, der stets Parallelen zwischen Haien und Menschen aufzeigt, und den aufschlussreichen Briefen der Mutter sehr für dieses Buch eingenommen. Das Gleichgewicht der Haie ist vielseitig und komplex, sehr klug, trotz der übergroßen Menge an Kranken einigermaßen glaubwürdig und zudem richtig gut geschrieben. Es gefällt mir, dass Caterina Bonvicini durch Sofias Mund nicht lange um den heißen Brei herumredet, sondern jede Regung sehr deutlich zur Sprache bringt. Das geschieht auch in den – nach italienischer Art – hitzigen Dialogen, die sich auf diese Weise niemals zwischen zwei Menschen in unseren Breiten entspinnen könnten. Dieser Roman ist somit eine lesenswerte Auseinandersetzung mit einer übermächtigen Krankheit, das ausdrucksstarke Porträt einer jungen Frau – und ein Einblick in die italienische Seele.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
ein sehr schlichtes, logische, auch ein bisschen langweiliges Cover.
… fürs Hirn: der Versuch, Depression zu verstehen. Irgendwie. Wenigstens ansatzweise.
… fürs Herz: auf jeden Fall Sofia und ihr Kampf um das Gleichgewicht.
… fürs Gedächtnis: Sofias Vater und seine interessante Darstellung der Haie.

Für Gourmets: 5 Sterne

“Was, wenn Dämonen, wie Sprache oder Land, vererbbar sind?”
„Malerisch hatte ich mir Ostpolen vorgestellt, unverfälscht und verzaubert. In Wirklichkeit war es nass, dreckig und fremd.“ Nele ist auf der Suche nach den Spuren ihres Großvaters, die er vor so vielen Jahrzehnten in Ostpolen und über die Ukraine hinaus hinterlassen hat, dass sie vielleicht längst nicht mehr sichtbar sind, überlagert von den Spuren jener, die seither seinen enteigneten Hof bewirtschaftet haben. Als junger Mann musste er fortgehen, wurde vertrieben von den Ukrainern, und den Rest seines Lebens verbrachte er in Schlesien, im ehemaligen Haus eines Deutschen, der wiederum selbst davongejagt worden war. Und so lebte hier wie dort jeder in der Furcht, es könnte jemand kommen und Grund und Boden zurückverlangen. Nele hing sehr an ihrem Djadjo und besuchte ihn, so oft es ihr Leben in Berlin zuließ, wo sie in einer Redaktion arbeitet und mit dem gefühlskalten Carsten zusammenwohnt. Als ihr Großvater stirbt, stellt Nele fest, dass er ihr viele Geschichten erzählt hat, die eigentlichen Fragen aber stets offen geblieben sind. Warum ist er nie nach Galizien zurückgekehrt? Was ist wirklich geschehen zwischen ihm und dem opportunistischen Bruder? Nele entbindet sich kurzerhand selbst von ihren Verpflichtungen und wagt ganz allein die Reise an einen Ort, an den keine Verkehrsmittel mehr fahren, an dem niemand auf sie gewartet hat und sich doch alles zusammenfügt.

Sabrina Janesch ist eine talentierte junge Autorin, die für ihren ersten Roman Katzenberge zu Recht von der Kritik bejubelt wurde. Die Geschichte an sich ist nicht neu: Eine junge Frau sucht nach dem Tod ihres Großvaters nach dessen Wurzeln. Und weil sie nicht neu ist, muss sie gut geschrieben sein. Wie in diesem Fall. Schon nach wenigen Seiten nimmt mich der melancholische, erstaunlich ausgereifte, leicht spitzbübische Erzählton gefangen. Ich folge der Ich-Erzählerin Nele auf ihrer außergewöhnlichen Reise in eine, nein, gleich zwei Gegenden, die ich nicht kenne und mit denen mich nichts verbindet: Schlesien und Galizien. Mein Interesse an der Geschichte und an den Menschen dieser mir fremden Regionen ist groß, und anhand von Neles Reise sowie den Berichten ihres Großvaters erfahre ich viel Wissenswertes. Krieg und Vertreibung, die gekappte Verbindung zur eigenen Erde, nach der die Seele sich noch Jahrzehnte später sehnt – das sind die Stoffe, aus denen Katzenberge gewebt ist. Mit ihrer sprunghaften, eigenwilligen, liebenswerten Protagonistin Nele, die ankerlos zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her getrieben wird, hat Sabrina Janesch eine Figur geschaffen, die eine Auflösung bringen, die Frieden wecken kann. Denn sie ist die Antwort auf alte Feindschaften, sie vereint als Kind einer polnischen Mutter und eines deutschen Vaters die alte Verbitterung mit der längst fälligen Versöhnung. „In mir habe alles zusammengefunden: das galizische Blut meiner Großeltern, die kommen musste, und das deutsche Blut der väterlichen Familie, die gehen musste.“

Durch Neles Augen sehe ich ihren Großvater, einen resoluten, abergläubischen, starken Mann, der in den richtigen Momenten liebevoll sein konnte. Sehr eindrucksvoll hat die Autorin diesen Menschen und seine Beziehung zu anderen – wie der Enkelin – beschrieben. Ebenso plastisch schildert sie mir die Landschaft, die Orte, die Menschen, sodass ich den Duft aus der Küche wahrnehmen kann, in der Speisen gekocht werden, die ich nie gekostet habe, dass ich die Sprache hören kann, die ich nicht verstehe, dass ich die Schicksalsgläubigkeit erkennen kann, die mich befremdet. Bildreich, aber gleichzeitig schlicht ist Sabrina Janeschs Sprache, nicht zu verschnörkelt, dafür aufgeladen mit vielen Zwischentönen, die man erspüren muss. Sie hat ein meines Erachtens ausgelutschtes Thema gewählt, es aber so glanzvoll umgesetzt und in einer so interessanten geschichtlichen wie geografischen Umgebung platziert, dass daraus ein lesenswerter, überzeugender, stilvoller Roman geworden ist. Grandios!

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt:
… fürs Auge:
schön alt.
… fürs Hirn: viel zu lernen! Über Galizien, Schlesien, die Kriege, die Deutschen, die Polen …
… fürs Herz: Neles Liebe zu ihrem Großvater.
… fürs Gedächtnis: am meisten das Ende, das mich überrascht hat, das aber so gut passt und so klug ist, dass es mich zufrieden schmunzeln ließ.

Für Gourmets: 5 Sterne

Das Versprechen für ein wunderbares Buch
„An dem Tag, als Sara auszog, konnte man es spüren. Es war einer dieser Tage, an denen für alle die Luft vibriert, einer dieser Tage, an denen ein ansteckendes Fieber grassiert. Es fühlt sich an, wie wenn man einen Stromschlag abkriegt, irgendjemand kriegt als Erster einen gewischt, der greift nach irgendjemandem neben sich, und schon nimmt alles seinen Lauf.“ Was für Pietro ihren Lauf nimmt, ist die Geschichte eines Sommers, jenes Sommers, in dem Sara ihn verlässt und Mario stirbt. Lange haben Sara und Pietro versucht, aus eins und eins drei zu machen, aber weil kein Kind gekommen ist, ist erst das Eheglück aus der Wohnung ausgezogen und dann Sara. Pietro ist Lehrer und sieht vor sich einen leeren Sommer ohne seine Schüler und ohne seine Frau. Die Nachricht von Marios Tod weckt Erinnerungen in ihm, die verblasst sind und über die er nie gesprochen hat: Mario war sein Großvater, der Mann seiner Mutter, ein abgemagerter Knochenmann mit dem Wahnsinn in den Augen, der nie schlafen konnte, denn „was ihn wach halte, seien die Toten, sei der Krieg, der zwar draußen längst vorbei, aber in seinem Inneren wurde noch immer geschossen“. In Russland war Mario, und er kam lebend nachhause, aber besser wäre es vielleicht gewesen, er wäre dort gestorben. Durch Zufall lernt Pietro jemanden kennen, der eigene Erinnerungen an den Krieg in Russland hat und sie mit Pietro – und dessen Mutter, die viel aufzuarbeiten hat in dieser Hinsicht – teilt: „Olmo fing an, Erinnerungen beiseitezulegen, so wie man Sachen für einen Sohn beiseitelegt, der nur ab und zu mal vorbeikommt.“ So verwebt sich Pietros Geschichte mit der von Olmo, der von seiner Mutter und der von Mario – und auch die Geschichte mit Sara ist noch nicht zu Ende.

Andrea Bajani ist ein höchst erfolgreicher italienischer Autor, der sich seinen Erfolg mit zarten, bildreichen, klugen Worten erschrieben und verdient hat. Schon mit Lorenzos Reise hat er mir sein großes Talent bewiesen, und Liebe und andere Versprechen ist noch viel besser. Bajani hat einen fast klaren, fast schon ironischen, schnörkellosen Stil, den er in seinem dritten Roman perfektioniert hat. Dieser Stil lässt sich so beschreiben: Andrea Bajani braucht nicht viele Worte, um zu sagen, was er sagen muss, und dennoch lassen mich diese Worte verblüfft zurück, weil sie alle ins Schwarze treffen wie surrende Pfeile. Ich möchte die Worte neben mich auf die Couch setzen wie Stofftiere, möchte sie behalten und jederzeit betrachten können, angreifen, streicheln, weil sie so ehrlich sind und traurig, möchte immer von ihnen umgeben sein. Die Vergleiche, die dieser Autor zieht, sind lebendig, sie sind eigene Geschichten, die das Erzählte vor meinen Augen sichtbar machen: „Wenn Sara ein Schmerz unerträglich groß wurde, ging sie immer schlafen. Ich sah sie auf wackeligen Beinen durch den Flur gehen, dicht an der Wand entlang, manchmal hielt sie sich fest, setzte sich bei der erstbesten Gelegenheit. Sie schleppte sich durch die Wohnung, als sei der Schmerz ein Mann und sie trage ihn huckepack, seine Arme im Klammergriff um ihren Hals, seine Beine auf ihre Hüften gestemmt.“

Liebe und andere Versprechen ist ein Buch über Geheimes und Unausgesprochenes und die Kraft, die es über die Menschen hat, über Liebe, Vertrauen und den Krieg, dessen Schrecken noch jene spüren, die lange schon in Frieden leben. Ganz nah bleibt Andrea Bajani bei seiner Hauptfigur Pietro, der eine so enge Beziehung zu seiner Mutter hat und so oft bei ihr isst, wie es wohl nur ein Italiener kann, und der nach jenen Spuren sucht, die 1943 unter dem russischen Schnee verschwunden sind. Ab und zu verlässt Bajani seinen Protagonisten auch kurz, um durch Pietros Augen von der Mutter und Mario zu berichten, ein erzählerischer Kunstgriff, der mir nie sehr behagt, weil ich stets denke: Pietro kann das alles über seine Mutter gar nicht wissen. Aber als Nicht-Literaturwissenschaftlerin analysiere ich dieses Unbehagen über den Erzählkniff nicht weiter, sondern freue mich einfach darüber, eine so lebensechte, wunderliche, schmerzhafte und elegante Geschichte lesen zu dürfen. Lorenzos Reise hat mir gefallen, aber Liebe und andere Versprechen hat mich begeistert. Und als mein Blick beim Schließen des Buchs noch einmal auf Bajanis Bild auf dem Umschlag fällt, kommt mir der kindisch-naive Gedanke daran, wie ungleich die Schöpfung ihre Gaben verteilt hat, wenn ein so schöner Mann auch noch so gut schreiben kann.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
die Farbgebung ist schön, mit der Laterne kann ich allerdings nichts anfangen.
… fürs Hirn: Russland und der Krieg, die Menschen und ihre Angst, einander zu verlieren, die zerbrechlichen Gefüge, die sie errichten, um sich zu schützen.
… fürs Herz: alles! Jede Zeile, jeder Satz, jeder Gedanke, jedes Gefühl.
… fürs Gedächtnis: die erhellenden, faszinierenden Sprachbilder. Und meine eigene Zufriedenheit beim Lesen.

Liebe und andere Versprechen von Andrea Bajani ist erschienen bei dtv (ISBN 978-3-423-24918-8, 340 Seiten, 14,90 Euro)

Für Gourmets: 5 Sterne

Fünfecksbeziehung
Peter ist wieder da. Doch seine Rückkehr nachhause ist weder für Peters Eltern – Hajo und Carla Rau – noch für die Nachbarn – Emil und Veronika Bub – , die so eng mit dem jungen Mann verbunden sind wie mit einem leiblichen Sohn, eine gute Nachricht. Denn Peter liegt an einem Abgrund, sein Kopf hängt schon darüber, er isst, trinkt und spricht nicht, er ist apathisch, meidet die Dusche und hat seinen Job als Logopäde verloren. Seine Frau Mia ist mit den beiden Söhnen Ivo und Jörn auf und davon, ihr Aufenthaltsort ist unbekannt. Emil und Veronika vergehen fast vor Sorge um den Jungen, der ihr kinderloses Leben seit seinem Einzug nebenan im Alter von neun Jahren bereichert hat. Und sie erinnern sich. Veronika war damals überfordert vom Auftauchen des Kindes: „Damals erwog Veronika ernsthaft, sich von ihrem Mann zu trennen, weil sie die Anwesenheit des kleinen Jungen, der auf einmal immer öfter an ihrem Küchentisch saß, nicht ertrug.” Stattdessen eroberte Peter ihr Mutterherz, und sie baute eine Beziehung zu ihm auf, genau wie Emil, der Geschichts- und Deutschlehrer, der Peter mit sagenhaften Geschichten und der Suche nach Eduard Mörikes verschollenem Dichterschatz zu sich lockte, was bei Hajo und Carla für Eifersüchteleien und bissige Kommentare sorgte. Auch später blieb Emil dem Umweltaktivisten Peter, dem Träumer, dem leidenschaftlichen Vater ein Vertrauter, auch wenn die Bindung weniger eng ist: „Von dem Kind Peter hatte er vieles gewußt. Der Erwachsene war nicht mehr so offen. Emil vermißte die selbstverständliche Nähe und suchte sich andere Wege. Er brauchte das Gefühl, mit ein paar Tauen an diesem weit draußen herumschlingernden Schiff verankert zu sein.” Trotzdem hat er nichts gemerkt, hat Peters drohenden Absturz nicht kommen sehen. Und er ist angesichts von Peters Lethargie genauso hilflos wie die anderen drei, die Peter lieben und ihm nichts zu geben haben außer diese Liebe, und die Frage dabei ist: Reicht das?

Am Schwarzen Berg von Anna Katharina Hahn ist ein Buch wie warme Melasse: dickflüssig, zäh, golden, duftend. Dieses Buch kann vieles, und vor allem kann es erzählen: von Gerüchen und Erinnerungen, von Blumen und Fischen, von menschlichen Beziehungen und dem Schmerz, den sie mit sich bringen – immer. Vier Menschen, vier Erwachsene sozusagen, gruppieren sich um einen fünften, den Jungen Peter, der sich sorglos all der Zuneigung bedient, die ihm geschenkt wird, der überhaupt sorglos durchs Leben spaziert, später vor allem, der sogar glücklich ist – bis das Leben ihm eine Stopptafel mit aller Wucht ins Gesicht schlägt. Er wird aufgefangen in seinem Zuhause, wird versorgt von jenen vier Menschen, die ihn großgezogen haben – und löst bei ihnen mit seiner Traurigkeit eine tiefe Angst aus. Woher diese Angst rührt und was sie umfasst, erfahre ich von Emil und Veronika. Lange schon sind die beiden verheiratet, haben Gutes wie Schlechtes erlebt, Seitensprünge verziehen und sich eingerichtet Seite an Seite, beide klammern sich an Flaschen alkoholischen Inhalts, wenn sie Halt brauchen. Fünf Menschen stehen in Beziehung zueinander, und was wirkt wie ein sicheres, stabiles Gebilde, ist in Wahrheit bröckelig wie eine Kirchenruine. Denn es stehen zu viele Gefühle auf dem Spiel, und wie immer geht mit ihrer Liebe Besitzdenken einher. Sehr dicht, klug und mit elaborierten, fein ausbalancierten Sätzen gibt Anna Katharina Hahn den Blick frei auf Menschen, die eben das sind: Menschen, sie sind verzweifelt, egoistisch, unvorbereitet, neidisch, aber auch hilfsbereit, treu, zuverlässig. Hochinteressant sind die Exkurse zum Dichter Eduard Mörike, auf dessen Spuren Emil wandelt und der in Bezug zum Wohnort der Protagonisten steht, sehr aktuell – wenn auch schon abklingend – sind die Proteste gegen den neuen Stuttgarter Bahnhof, die im Buch vorkommen. Für mich ist dieser Roman wie ein Lehrer, der mich am der Hand nimmt, um mir allerlei Wunderliches zu zeigen: Pflanzen am Wegesrand, ein altes Buch, ein wundes Herz, und wenn ich nicht aufmerksam genug bin, packt er mich ermahnend am Arm, zwingt mich, genauer hinzusehen und zu verstehen. Erwachsen ist deshalb ein Adjektiv, das ich mit diesem Roman in Verbindung bringe, genauso wie: fantastisch, grandios, herausragend.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
ein schlichtes Cover, schwarz wie die Trauer, die Fische finden ihre Berechtigung durch den Inhalt.
… fürs Hirn: viel Wissenswertes über Stuttgart und seine Geschichte, seine berühmten Söhne.
… fürs Herz: die scheiternden Versuche der vier “Eltern”, an Peter heranzukommen, in herauszureißen aus seiner Leblosigkeit, und gleichzeitig das Erinnern, das sie überwältigt.
… fürs Gedächtnis: das Ende, das ich nahen sah und gleichzeitig fürchtete.

Am Schwarzen Berg von Anna Katharina Hahn ist erschienen im Suhrkamp Verlag (ISBN 978-3-518-42282-3, 236 Seiten, 19,95 Euro).

Für Gourmets: 5 Sterne

Ein unmenschliches Experiment als genetische Zeitreise
Sie war Anthropologin, und sie würde über die dunklen Anfänge der Menschheit, ihre Geschichte vor jeder Geschichte, mehr erfahren, als irgendjemand vor ihr jemals gewusst hatte.” Doch was Maria dann erfährt, ist eigentlich zu viel Wissen, zu viel davon am eigenen Leib: Sie ist schwanger mit einem Neandertaler. Professor Tim Nagel, ihr Liebhaber, hat ihr die DNA eines Menschen einpflanzen lassen, dessen Zeit seit 30.000 Jahren zu Ende ist: „Die Nabelschnur, an der er sich vertrauensvoll festhielt, verband nicht nur ihn und sie, sondern einen Zeitraum von fast dreißigtausend Jahren, die seit dem Ende seiner Art vergangen waren.” Der Mutterinstinkt bringt Maria dazu, am Tag der geplanten Abtreibung zu fliehen, mit einem Wohnmobil, das Baby bringt sie in Rumänien auf der Welt. Dann ist es da, ein unfassbar hässliches Kind, dessen Geruch sie kaum ertragen kann und für das sie sich doch verantwortlich fühlt. Gelb-rötliche Augen hat es und eine vorspringende Stirn, einen gedrungenen Körper und viel Kraft. Sie nennt es Jo und versteckt sich mit ihm an einem sehr ursprünglichen Ort in den kroatischen Bergen, der der Welt, wie er sie kannte, vielleicht noch ein bisschen ähnlich ist. Doch die moderne Gesellschaft mischt sich in Form von besserwisserischem Jugendamt und strengen Nonnen ein – und Jo verschwindet. Doch seine Geschichte ist damit nicht zu Ende, viel zu wertvoll ist er für die ruhmsüchtigen Wissenschaftler: Sie machen Jagd auf ihn …

Wie waren sie wirklich, die von jener Art, die unserer voranging? Zu wenig wissen wir, nur Skelette und Fragen sind uns geblieben, die wir ihnen niemals stellen können. Bestsellerautorin Sibylle Knauss, die mit Preisen bedacht und deren Roman Evas Cousine 2002 von der NYT unter die “Books of the Year” gewählt wurde, erweckt in Fremdling einen von ihnen zum Leben: Sie versetzt einen Neandertaler in unsere Welt. Seine Fremdheit ist anders als jene von Migranten, sie ist vollständiger, endgültiger, denn auf dem ganzen Planeten gibt es niemanden, der ist wie er. Sibylle Knauss’ Fremdling ist stark und erfüllt von einem alten Jagdinstinkt, aber gutmütig und ausgestattet mit einem tiefen Verständnis für die Natur. Er kommuniziert mit den Anderen, den Verstorbenen, und mit Tieren – sogar eine Tigerin schenkt ihm ihre Seele: „Jede Katze beherrscht diese Sprache und drückt sich in ihr aus, indem sie einen Platz belegt, ihren Körper ausrichtet, ihren Blick fokussiert oder verschleiert oder ganz hinter die Lider nimmt. Sie spricht mit ihrer Muskulatur, dem Grad ihrer Anspannung oder Entspannung. Sie drückt darin alles aus, jede Abstufung von Verachtung, Aufmerksamkeit, Missfallen oder Wohlwollen. Er antwortete ihr auf dieselbe Art.” Unter großer Anstrengung erlernt Jo unsere heutige menschliche Sprache, aber sein Mundraum ist nicht gemacht für die Laute, niemand versteht ihn, man hält ihn für einen Behinderten von extrem abstoßendem Äußeren. Er ist das Ergebnis eines illegalen, unethischen Experiments, die Antwort auf die Frage, wie weit Forschung gehen darf.

Sybille Knauss moralisiert nicht lange herum, sie erzählt eine packende, mystische, sehr traurige und sehr kluge Geschichte, die nichts mit Fantasy zu tun hat, wie der Inhalt vielleicht vermuten lassen könnte. Dazu ist die Sprache zu gut, zu niveauvoll und elegant, ein Wunderwerk ist diese Sprache, eine Perle jeder Satz: „Einer dieser törichten Sätze zwischen Liebenden in Momenten, die unwiederholbar sind. Sätze, die sich wie von selbst sprechen, ohne Absicht und Gedanken, die vorausgehen, und die nichts anderes als die Höhe des Seils angeben, auf dem man gerade tanzt.” Sehr hoch ist das Seil, auf dem der Stil dieser talentierten Schriftstellerin tanzt, höher, als viele andere Romane reichen. Ich bin berauscht von ihrer flirrenden, dichten Sprache, von der geheimnisvollen Back-to-the-roots-Atmosphäre, und folge Jos Schicksal atemlos. Denn ich kann nicht anders, als ihn ins Herz zu schließen, ihn beschützen zu wollen in einer grausamen Welt, die nicht die seine ist. So geht es auch Maria, und es verleiht der Geschichte Glaubwürdigkeit, dass sie als Mutter Gefühle hat, aber keine verkitschte Liebe empfindet. Sensationell sind die vielen Wendungen, die mich bis zum Ende des Buchs – einem ganz unerwarteten und halbtraurigen Ende – anspringen. Dieser Roman ist eine Reise ins Außergewöhnliche, eine Reise in eine Welt aus Schnee und Eis, in die Steinzeit. Souverän zeigt Sibylle Knauss, für wie intelligent wir uns halten und wie dumm wir eigentlich sind. Im Sinn der Evolution ist es logisch, dass unsere Spezies überlebt hat, doch für den Planeten Erde war es eine Katastrophe. Geschickt umschifft sie dabei die glitschigen Steine der Klischees und einer allzu verhaspelten Ethik und präsentiert informatives Wissen über die Neandertaler auf die lebendigstmögliche Art. „Gab es jetzt und hier vielleicht die Chance auf Wiedergutmachung?”, fragt sie. „Seine Existenz in der Gegenwart, war das der Anfang der Wende, auf die die Welt seit mehr als einem halben Jahrhundert hoffte, die Abkehr von der Zerstörung der Lebensgrundlagen, die unser Überleben als Spezies in Frage stellt?” Nein, muss die Antwort natürlich lauten. Ein grandioses Buch!

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
ein sprichwörtlicher eyecatcher.
… fürs Hirn: da gibt es viel nachzudenken! Wozu berechtigt uns die Neugier? Wo liegen die Grenzen im Umgang mit genetischem Material? Sie sind längst dehnbar geworden, diese Grenzen, und haben Löcher. Herrlich ist, wie Sibylle Knauss die Wissenschaftler porträtiert, die geil sind auf Berühmtheit, eigentlich aber nur mit Knochen hantieren können und nicht mit echten Menschen.
… fürs Herz: Jo und seine Verzweiflung, seine Andersartigkeit, sein Fehl-am-Platz-Sein.
… fürs Gedächtnis: da ich mich nicht entscheiden kann, gibt es dieses Mal gleich zwei Lieblingszitate: „Ist nicht mehr modern rauchen, sagte der alte Mann. Wollen Menschen lange leben. Aber kann Leben so traurig sein.”
„Wissen Sie, wenn man ein Kind in die Welt gesetzt hat, dann hält man es nicht gut aus, dass das so ein Scheißort zum Leben ist.”

Fremdling von Sibylle Knauss ist erschienen bei Hoffmann & Campe (ISBN 978-3-455-40358-9, 384 Seiten, 22,99 Euro).

Für Gourmets: 5 Sterne

Manege frei für ein grandioses Buch!
“Im Zirkus verhüllt man die Hässlichkeit mit Masken, die Sorgen verbergen sich unter grellen Farben.” Sie können davon ein Lied singen: Max und Isaak. Als siamesische Zwillinge im Jahr 1899 in Hamburg geboren, wachsen sie fernab ihrer Eltern bei einer Tante auf dem Land auf, die sie 1911 an einen Zirkus verkauft. Allen Vorhersagen zum Trotz überleben Max und Isaak nicht nur, sie verwandeln ihre Besonderheit in Kapital: Weltweit treten sie mit ihrer Tanzshow auf. Sie sind notgedrungen eng miteinander verbunden, sie erleben alles gemeinsam, Schmerz genauso wie Trauer und Liebe. Max ist körperlich stärker, er ist ein Flirtmeister und lockt die Frauen reihenweise ins Bett der Zwillinge, wo Isaak sich bemüht, dem Bruder Privatsphäre zu gewähren. Isaak ist zarter besaitet, er liest gern, und so sind die Zwillinge zwei unterschiedliche Menschen und doch einer: “Schnelle Bewegungen mit zwei Körpern erfordern Antizipation. Max und ich hatten gelernt, die Gedanken des anderen zu lesen. Ich ahnte jeden Schritt, den Max machen würde, jede Handbewegung und jeden Seufzer. Ich spürte Max in meinem Körper, aber auch außerhalb.” Es überrascht wohl beide, dass es ausgerechnet Isaak ist, der sich 1928 in Helsinki in die grazile Russin Iris verliebt, die durch das Leben der Zwillinge trampelt. Sie ist schön und zutiefst egoistisch, grausam in ihrer berechnenden Verteilung von Zuneigung, eigentlich verheiratet, aber der Liebling aller Männer: “Iris wollte Sicherheit, sie wollte alles, was sie bekommen konnte: Süßigkeiten, Zigarettenetuis, rosa Chiffonkleider, Liebe und all das, wovon sie in den Illustrierten gelesen hatte. Sie war ein hungriges Kind und eine zu schnell gewachsene Frau zugleich.” Von Beginn an ist klar, dass Iris die beiden ausnutzen wird – doch das sind sie gewöhnt, denn Ehrlichkeit ist ihnen in ihrem Leben selten begegnet. Im beginnenden 20. Jahrhundert sind sie eine Art zweiköpfiges Monster, das gegen Geld begafft werden kann, Freunde finden sie nur unter ihresgleichen, oder, wie Isaak es ausdrückt: “Darin bin ich begabt: Menschen zu betrachten, die sich aus meinem und Max’ Leben entfernen. Das ist mein Spezialtalent.” 1931 ist die Zeit der Monstrositätenzirkusse jedoch vorbei – und wer kann es Max und Isaak verdenken, dass sie müde sind.

Ich-Erzähler Isaak ist eigentlich ein Wir-Erzähler: Durch seine Augen bekomme ich ein Gespür dafür, wie es sein muss, nie, wirklich niemals allein zu sein. Es hat viel Gutes, aber auch Schlechtes, immer von einem siamesischen Zwilling begleitet zu werden, es ist stets jemand zum Reden da, aber einsam kann man auch zu zweit sein. Auf außerordentlich einfühlsame Weise erzählt die finnische Autorin Leena Parkkinen, die mit diesem Roman 2009 einen Preis für den besten finnischen Debütroman erhielt, von Menschen, die anders sind: von Sabrina, der Seejungfrau, vom Aligatormenschen Alpha und der Prostituierten Lucia mit dem wogenden Busen. Als Missgeburten werden sie bezeichnet, und doch lernen Max und Isaak keine herzlicheren Menschen kennen auf ihren Reisen als die versehrten. Leena Parkkinen lädt mich ein, Platz zu nehmen im Zirkus und mir ein Schauspiel anzusehen, das von der Suche nach einem Tropfen Glück handelt, von Champagner, der in Strömen fließt, von Schaulust und Traurigkeit. Ich sehe in lachende Gesichter, ich rieche Pferdemist und Schweiß, und wenn die Lichter am Ende der Vorstellung ausgehen, offenbart sich die wahre Tragik im Leben der Darsteller: dass sie sich immer betrachten lassen müssen in ihrer Andersartigkeit, dass sie nicht leben können wie alle. Sehr fantasievoll und mit einem Stil wie flüssige Milchschokolade richtet Leena Parkkinen das Spotlight auf kuriose und mutige, schillernde und verzweifelte Gestalten, jede für sich interessant und liebenswert. Nie wird bewertet oder vorgeführt, die Moral muss nicht mit erhobenem Zeigefinger angemerkt werden, sie verbirgt sich in den Ereignissen. Mutig und in jeder Hinsicht besonders sind die Protagonisten Max und Isaak, die stets ein Doppelleben führen müssen, die an einem bestimmten Punkt abgeklärt sind und viel gesehen haben – ohne je ihren Charme zu verlieren. Das ist die große Kunst eines Schriftstellers: mir etwas, das ich mir nicht einmal vorstellen kann – an einem anderen Menschen untrennbar festgewachsen zu sein – , erlebbar zu machen, mit allen Sinnen. Wunderbar ist auch, wie sie das Porträt einer schönen, getriebenen, selbstsüchtigen Frau entwirft, bei der man gleich weiß, dass sie nur Ärger bringen wird, und die doch authentisch wirkt. Leena Parkkinen zeigt mir, wie es gewesen sein muss im Zirkus und in der gehobenen finnischen Gesellschaft der 1920er-Jahre. Alles hat sie erfunden – und ich glaube ihr jedes Wort. Dieses Buch hat mich mit vielen Gefühlen erfüllt, mit Mitleid und Ekel, mit Freude und Bewunderung, und es hat mich restlos begeistert – mit jeder einzelnen Seite.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
ein Cover, das zum Inhalt passt und zugleich ein Hingucker ist.
… fürs Hirn: das Gefühl, ein zweigeteilter Mensch zu sein, vier Beine, vier Arme zu haben, eine Seele vielleicht oder zwei, sich das alles nicht ausmalen zu können und es doch zu fürchten.
… fürs Herz: kein Herzschmerz, kein Liebeskitsch, sondern viele anrührende Figuren, Geschichten und Szenen, die ans Herz gehen, weil sie zutiefst menschlich sind.
… fürs Gedächtnis: das große Lesevergnügen, das mir dieses Buch bereitet hat, und der Respekt für das Talent der Autorin.

Nach dir, Max von Leena Parkkinen ist erschienen im Osburg Verlag (ISBN 978-3-940731-76-0, 416 Seiten, 21, 90 Euro)