Bücherwurmloch

Kristof Magnusson: Ein Mann der Kunst

„Der Welt ist auch nicht geholfen, dass Sie sich allen moralisch überlegen fühlen“

„KD Pratz tat mir leid. Es war eine Gemeinheit von uns, ihn mit der Aussicht auf sein eigenes Museum aus seiner Isolation zu locken. Seinen Ruhm, seine Produktivität, seine besten Bilder verdankte er dieser Isolation, nun sollte er sie aufgeben, uns nett empfangen und gleichzeitig weiterhin den entrückten, genialischen Einsiedler geben. Dann hatte er diesen Spagat sogar versucht und fand sich dir nichts, mir nichts mitten in diesem Flohzirkus von Förderverein wieder, umringt von anspruchsvollen Kunstfreaks, wo man mit allem, mit dem man es der einen recht machte, einen anderen vergrätzte.“

Wegen seiner kunstbegeisterten Mutter Ingeborg ist Ich-Erzähler Constantin Mitglied im Förderverein eines Museums, das einen Anbau errichten und ihn einem einzigen Künstler widmen will: KD Pratz. Der polaristiert jedoch, nicht alle wollen nur seine Werke in dem neuen Anbau sehen. Um sie zu überzeugen, wird eine Busfahrt zur Burg von KD Pratz organisiert, der sich tatsächlich bereiterklärt, sie zu empfangen, obwohl er sich seit Jahrzehnten von der Öffentlichkeit abschottet. Der Förderverein trifft also dort ein, und dann läuft gar nichts rund und vor allem nicht wie geplant.

Kristof Magnusson hat einen Roman geschrieben über Eitelkeit und Geld, über den Kunstbetrieb und seine Mechanismen. Dazu hat er sich einen Reigen an Figuren erdacht, die man regelrecht vor sich sieht in aller stereotypischen Deutlichkeit: der reiche Kunstförderer mit Einstecktuch, das interessierte Ehepaar in Rente, der diplomatische Sohn, die Psychologenmutter, die mit jeder Frage, die sie stellt, auf etwas Tiefergehendes abzielt. Von KD Pratz als Charakter war ich überrascht, er ist erstaunlich weit in Richtung alter weißer Mann gelehnt, gibt sexistische Dinge von sich, die man mit „wir sind eben alte Schule“ rechtfertigen muss, hat für einen künstlerisch begabten Menschen verblüffend wenig Selbsteinsicht und ist insgesamt überaus unsympathisch. Na gut, das sind sie eigentlich alle, und sehr deutsch sind sie auch: korrekt, bieder, vermuschelt und schnell beleidigt, selbst in Auseinandersetzungen noch höflich. Als Österreicherin erkenne ich den Humor in diesem Buch durchaus und habe auch ab und zu geschmunzelt, aber der Biss hat mir gefehlt: Wann immer ich bei einer guten Gesprächseröffnung dachte „uh, jetzt geht’s los!“, war die Diskussion wieder zu Ende. Trotzdem macht dieser Roman Spaß, weil er entlarvend ist und schelmisch, weil er einen großartigen Schluss hat und die Doppelbödigkeit aufzeigt, die den Kunstbetrieb (wie wohl jeden anderen Betrieb) beherrscht.

Ein Mann der Kunst von Kristof Magnusson ist erschienen bei Kunstmann.

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