Snack für zwischendurch – Kurzrezension
Worum geht’s?
Um Ada, eine junge Künstlerin, die in Istanbul geboren und an einem österreichischen See aufgewachsen ist, die auf ihren großen Durchbruch hofft und ihre Jugendliebe Jonas wiedertrifft sowie dessen drei Kinder. Um Olli, Adas Zwillingsbruder, der homosexuell ist und eine Galerie führt. Um Martha, die Mutter der Zwillinge, die ihre große Liebe Robin in Istanbul unter mysteriösen Umständen verloren hat. Und um Lilofee, Marthas Tante, die ihnen das Seehaus vererbt hat und die ihr Leben lang um jenen Mann trauerte, den die grausigen Umstände des Krieges ihr geraubt haben. „Wir alle werden vom Schacht der Zeit verschluckt, unsere Lebensgeschichten, unsere Schicksale, unsere Erinnerungen zerfallen in Daten und in Vergessen, nur das wenigste wird zu Geschichte verarbeitet – und wenn, dann anonym – oder zu großen Erzählungen recycelt.“ Dies ist eine dieser großen Erzählungen.
Hat’s gemundet?
Sehr. Barbara Frischmuth hat einen hervorragenden, schlichten, sehr schönen Roman geschrieben über die Liebe und den Tod, das Älterwerden und Vergessen, über den Krieg und das Schweigen darüber und über all die Kleinigkeiten, die das Leben ausmachen. Drei Frauen stehen im Mittelpunkt, Lilofee, Martha und Ada, wobei Lilofee keine eigene Stimme bekommt und ihre Geschichte anhand der überaus authentischen und amüsanten Dorftratschereien erzählt wird. Ich fühle mich aufgehoben in der Romankulisse, die so sehr meiner eigenen Umgebung ähnelt, und in der österreichischen Sprache, die in ganz feinen Nuancen den Schrecken, die Giftigkeit und die Gehässigkeit transportiert, die mit den Erinnerungen an die Nazizeit einhergehen. Am meisten fiebere ich mit Ada mit, die so wunderbar hilflos ist in ihrer Verliebtheit, und auch die Erinnerungen von Martha an ihren Mann sind sehr detailliert und liebevoll geschrieben. Barbara Frischmuth ist eine erfahrene Schriftstellerin, die weiß, was sie tut – und mich damit absolut begeistert hat.
Wer soll’s lesen?
Alle, die gute Literatur schätzen.
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