Für Gourmets: 5 Sterne

Forrest Leo: Der Gentleman

Leo„Was für ein herrlicher Tag! Wir haben ein Abenteuer aufgetan!“

„Ich habe mich entschlossen, mich umzubringen, Simmons.“ Ich habe es bereits seit einigen Monaten erwogen, aber immer wieder vertagt, da das Wetter so schön war. Jetzt ist es schlecht, und ich kann immer noch nicht schreiben, es ist also Zeit, zu tun, was getan werden muss.

Der junge Mann, der sich das Leben nehmen will, ist Lionel Savage. 22 Jahre alt, seines Zeichens Dichter, jedoch: von der Muse ungeküsst, seit er verheiratet ist. Sechs Ehemonate haben dazu geführt, dass er keine Gedichte mehr schreiben kann. Er ist untröstlich, hält es nicht aus im Haus seiner zwar ansehnlichen, aber leider langweiligen Gattin, die er nicht liebt:

„Ich umwarb eine Göttin und heiratete nur eine Frau.“

Warum er es dann getan hat? Nun, ihm ging das Geld aus. Jetzt hat er angeheiratetes Geld, aber keine Inspiration mehr – und dadurch auch keinen Lebenswillen. Der anstehende Selbstmord wird allerdings von niemand Geringerem als dem Teufel verhindert. Mit ihm führt Savage ein nettes Gespräch, danach stellt sich heraus: Die lästige Ehefrau ist verschwunden. Hat der Teufel sie etwa mitgenommen? Eigentlich könnte Savage ja froh sein. Bloß ist er es nicht, denn jetzt, da sie verschwunden ist, vermisst er seine Frau gar fürchterlich. Er braucht sie zurück! Wie gut, dass er in seiner Schwester Lizzie und seinem Schwager Lancaster zwei Abenteurer findet, die ihm bei der Suche helfen wollen. Nur: Wie kommt man in die Hölle?

Der Gentleman von Forrest Leo ist ein herrlicher Spaß! Das amüsante, gewitzte, völlig verkorkste Buch bietet Unterhaltung auf hohem Niveau – und zeigt, wie schillernd die altertümliche Fabulierkunst sein konnte. Der 1990 in Alaska geborene Schriftsteller, der sich in New York zum Schauspieler ausbilden ließ, hat einen fantastischen, brillanten und originellen Roman geschrieben, in dem die Hauptrolle der Fantasie zuteil wird. Und das ist schön, weil: Viel zu selten ist das in der Literatur der Fall. Dass ein Roman verrückt sein darf, närrisch, lustig, eine Gaukelei, mit viel Schalk im Nacken. Man muss sich einlassen auf dieses Buch und seine Eigenheiten (nur die Fußnoten, die hätte ich nicht gebraucht), es ist schräg, absurd, bringt einen zum Kopfschütteln genauso wie zum Schmunzeln.

„Wir suchen alle Bücher zusammen, die Wissen über die Hölle, den Teufel, übernatürliche Entführungen und verschwundene Ehefrauen enthalten könnten. Wir legen sie auf drei Stapel und durchsuchen sie, bis wir etwas gefunden haben. Ich bin verliebt und habe die beste Privatbibliothek Großbritanniens. Ich habe noch nie erlebt, dass die Liebe oder die Bücher versagt hätten, und wüsste nicht, warum sie das jetzt sollten.“

Savages Vertrauen in die Macht des geschriebenen Worts in Ehren, aber: Keine Sorge, ein wenig actionreicher als das wird es auf jeden Fall! Euch erwarten Schießereien und erste, wacklige Flugzeugkonstruktionen, eine schlagfertige Frauenfigur, ein rauschendes Kostümfest, gute und schlechte Gedichte, verletzte Ehre und deshalb angetragene Duelle, ausgezeichnete Dialoge, ein bisschen Liebe und der Teufel himself. In diesem Buch mit dem farbenfrohsten Cover der Saison steckt genau das, was drauf ist: ein bunter Reigen, eine Collage an Absurditäten, die sich am Ende zu einem großen Lesevergnügen zusammenfügen.

Der Gentleman von Forrest Leo ist erschienen im Aufbau Verlag (ISBN 978-3-351-03673-7, 296 Seiten, 20 Euro).

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