„Sie denkt, dass nicht einmal die besten Mütter der Welt ihre Töchter immer retten können“
Jeanette und Gloria verbindet nichts, sie sind nur Nachbarinnen. Als Gloria eines Tages von der Einwanderungsbehörde abgeholt wird, steht ihre Tochter Ana verloren vor der Tür. Jeanette, die mit dem Drogenentzug und der Trennung von ihrem Mann kämpft, lässt sie herein, bereut diesen Samariter-Move jedoch sehr bald und verständigt die Polizei. Als Ana mitgenommen wird, versteckt Jeanette sich im Bad. Erzählt wird diese Geschichte abwechselnd von verschiedenen Frauen in unterschiedlichen Jahren, allerdings ist der Zeitsprung nur am Anfang groß: Als Erste berichtet Maria Isabel 1866 von ihrer Arbeit in der Zigarrenfabrik, vom Aufstand und der Geburt ihrer Tochter, die Geschichten der anderen Frauen, ihren Erbinnen, sind in den 2010er-Jahren angesiedelt. Es geht darin um Migration und Einsamkeit, um Familienverbände und die Last, die Mütter oft an ihre Töchter weitergeben.
„Eine Münze wird geworfen, und wir werden geboren.“
Mir hat die erste Erzählung von Maria Isabel so gut gefallen, dass ich gedacht habe: Wow, was für ein Buch! Und den Rest der Zeit habe ich darauf gewartet, dass die Autorin zu ihr zurückkehrt, aber das hat sie nicht getan – und ich war enttäuscht. Überhaupt war mir die Verknüpfung zur Ahnin, von der sie einfach nur abstammen, viel zu dünn nach diesen starken ersten 40 Seiten. Jeanette und Gloria haben es bei Weitem nicht geschafft, mich so zu fesseln wie ihre Vorfahrin aus Kuba, ich fand ihre Perspektiven gut geschrieben und ihre Gefühle legitim, wenn auch sehr auserzählt – das Mädchen, das aus Langeweile und wegen dem übergriffigen Stiefvater drogensüchtig wird, die Mutter, die ihr nicht glaubt und nicht hilft, die andere Mutter, die ein besseres Leben sucht … das ist alles wichtig und korrekt und genauso erzählt wie immer, und so hat der Roman mir ganz gut gefallen, mich aber nicht restlos überzeugt.