Bücherwurmloch

Lana Lux: Jägerin und Sammlerin

„Die perfekte Frau lacht, während sie Salat isst, weil Salat ein perfektes Frauenessen ist“

Alisa ist eine große, schöne junge Frau, die sich jedoch nicht als schön empfindet, sondern als fett, als massig, hässlich. Um Freunde zu finden, um am Leben teilzunehmen, um zu studieren. Wenn sie dünn wäre, ja, dann. Dann würde alles beginnen, nur erreicht sie diesen Idealzustand nie. Jeden Tag nimmt sie sich vor, es besser zu machen, in die Schule zu gehen, ihre drei Jobs zu behalten, sich gesund zu ernähren und vor allem nicht zu kotzen. Jeden Tag scheitert sie daran. Als ihre Freundin und Mitbewohnerin Mascha mit nur dreißig Kilo in der Klinik landet, weint Alisa. Aber nicht aus Sorge oder Mitgefühl, sondern weil sie weiß, dass sie diese Zahl nie auf ihrer Waage lesen wird. Schwierig ist ihr Verhältnis zu ihrer Mutter Tanya, die einst die Ukraine Richtung Deutschland verlassen hat, damit Alisa ein besseres Leben führen kann. Nur kommt dieses bessere Leben nicht zustande, denn auch Alisa landet schließlich in der Klinik.

Als ich dieses Buch in meiner Insta-Story gezeigt habe, haben mir viele geschrieben, dass sie es großartig fanden. Nachdem ich es gelesen habe, bin ich nicht sicher, wieso. Einerseits ist dieser Roman sehr wichtig, weil er das Thema Essstörungen detailgenau behandelt, andererseits ist er geradezu überladen mit Klischees. Da ist natürlich der Migrationshintergrund, der Druck, der auf den Kindern von Einwanderern lastet, da ist die konfliktbeladene Mutter-Tochter-Beziehung, der obligatorische Ballettunterricht, das Fatshaming der Gesellschaft, da ist auch der fast wie eine Karikatur wirkende Masseur, der an die falschen Stellen greift (und die Mutter glaubt selbstverständlich nichts davon). All das findet statt, ich möchte es nicht schmälern. Für einen Roman genügt es in meinen Augen aber nicht unbedingt, diese Zustände so simpel abzubilden. Wo ist die eigentliche Geschichte? Was soll dieses Buch mir sagen, was ich nicht schon weiß? Fast pflichtschuldig zählt Lana Lux, die Ernährungswissenschaften studiert hat, sämtliche bekannten möglichen Ursachen für Anorexie und Bulimie auf, dadurch wirkt der Roman arg schablonenhaft. Eine Auseinandersetzung mit dem System dahinter, das Schönheitsideale prägt, um Frauen kleinzuhalten, findet nicht statt. Auch sprachlich ist er einigermaßen unaufregend. Nichtsdestotrotz ist er natürlich aufgrund der Thematik und des Leidensweges, den viele junge Frauen beschreiten, sehr eindrücklich.

Jägerin und Sammlerin von Lana Lux ist erschienen bei Aufbau.

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.