Letzte Woche hab ich euch ja schon mein Leid geklagt: Insgesamt ELF (!) schlechte Bücher sind mir nacheinander vors Auge gelaufen, wobei ich eins davon schon nach wenigen Seiten abgebrochen und in die Ecke gepfeffert habe. Wer nun Part I dieses Rants gelesen hat und außerdem herausragend gut rechnen kann, der weiß: Da fehlt ja noch was. In der Tat. Und deswegen geht’s heute weiter mit Marikis Motzparade.
Claire Messud: The Woman Upstairs
Mit der titelgebenden Frau ist eine spinnerte, einsame Alte gemeint, die ein Dutzend Katzen hat und kannenweise Tee trinkt, die unverheiratet ist und allein, in deren Leben es keine große Liebe gab. Protagonistin Nora ist auf dem besten Weg, eine solche Frau zu werden. Sie unterreichtet Kinder, hat aber selbst keine. Sie wollte Künstlerin werden, bastelt aber nur in ihrer Wohnung an kleinen Boxen, die niemand je zu Gesicht bekommt. Und sie ist so, so wütend. Als sie die Shahids kennenlernt – Sirena und Skandar und Reza –, stürzt sie sich mit der Verzweiflung der Alleinstehenden in eine Beziehung zu jedem Einzelnen von ihnen. Die Story ist so originell, wie sie klingt – aber auch nicht mehr. Die Idee versandet komplett, das Buch hat null Drive und ist eine einzige Selbstbespiegelung der Hauptfigur. Lähmende Langeweile macht sich schnell in mir breit, und während Nora auf eine große Enttäuschung zusteuert, geht es mir genauso. Letztlich bleibt der Roman fad und bedeutungslos. Könnte man einer Woman Upstairs zum Lesen geben, deren Leben ist eh eintönig!
Claire Vaye Watkins: Geister, Cowboys
Kennt ihr das, wenn ihr bei der Lektüre eines Buchs denkt: Das loben jetzt auch nur alle, weil es keiner versteht? Unverständlichkeit ist jedoch – gemäß Reich-Ranicki – noch kein Beweis für tiefe Gedanken und auch kein Zeichen für literarische Qualität. Sie liegt mit Sicherheit auch im Auge des Lesers. Mein Auge sagte bei diesem Buch jedenfalls recht oft: Hä? Und dann: DAS NERVT. So viel hab ich mir erwartet von Claire Vaye Watkins, die als „eine der aufregendsten neuen Stimmen der US-Literatur“ bezeichnet wird, und nichts davon hab ich bekommen. Als Tochter eines der Mitverrückten von Charles Manson hätte sie die spektakulären Ereignisse um ihren Vater gar nicht langweiliger literarisch verarbeiten können. Die Geschichten sind nicht wirklich verknappt, eher künstlich beschnitten, als habe die Autorin sich überlegt, was sie alles wegnehmen könnte, um die Storys bestmöglich zu verunstalten und nur die sinnlosen Teile stehen zu lassen. Vielleicht hat sie gedacht, das wirke besonders intellektuell und klug. Und sie muss zu dem Schluss gekommen sein, dass es ein möglichst abruptes, unerklärliches Ende geben muss. Da hab ich mir gedacht: Das kann ich auch. Und hab abrupt aufgehört zu lesen.
Lauren Groff: Arcadia
Das hätte ein richtig gutes Buch sein können! Wie traurig, wenn man all die glänzenden Möglichkeiten sieht und nur ein Häufchen Asche in den Händen hält. Wie bei Claire Vaye Watkins gab’s auch hier viel Lob, Übersetzungen auf Deutsch, zweite Romane, die heuer erscheinen, und dann DAS. Gnaaah. Erneut klingt die Idee an sich interessant: Bit wächst in den 1970er-Jahren in einer Art Hippie-Kommune auf, in einem verfallenen Haus namens Arcadia, in dem sich bisweilen Hunderte Anhänger um Guru Handy scharen, er und seine Eltern gehören zur Stammgruppe. Eine unkonventionelle Kindheit, ein recht flüssiger Schreibstil – aber blasse Figuren, elendslanges Gelaber, klaffende Lücken in der Stringenz, alles in allem ein einziger Graus. Bit verliebt sich später in Handys Tochter Helle, eine tragische Figur, deren Tragik überhaupt nicht ausgearbeitet und dadurch auch nicht verständlich wird, und das Ende des Buchs ist – ohne zu spoilern – wohl mysteriös gemeint, im Endeffekt aber einfach nur unausgegoren und feige. Die großen Zeitsprünge machen das Ganze auch nicht besser. Trotz der wilden Aussteigerkulisse und der eigenartig bedrohlichen Atmosphäre ein flacher, verflucht blöder Roman.
Ich hatte da einen Lauf. Und zwar im negativen Sinne: In letzter Zeit hab ich sehr viele schlechte Bücher gelesen, viele davon direkt hintereinander, was noch schlimmer ist, denn da sinkt meine literarische Laune auf den Nullpunkt, und ich werde richtig grantig. Diesen Grant, meine Damen und Herren, merkt man auch meinen Bemerkungen über die folgenden Bücher an:
Wenn ich eine Figur aus einem Roman wäre, dann hoffentlich aus keinem meiner Lieblingsromane. Ich mag es, wenn Autoren ihre Figuren leiden, an sich selbst und ihren Lebensentwürfen scheitern lassen. Da stecke ich im Zweifelsfall lieber in einem Groschenroman mit Happy End und vielen freundlichen Adjektiven.
Frank O. Rudkoffsky, geboren 1980 in Nordenham, lebt in Stuttgart und ist Mitherausgeber der Literatur- und Kunstzeitschrift 
die Menschen an der Küste nicht so sehr wie die in Binnenland und Städten“
„Ich bin vielleicht alt, aber ein Arschloch erkenne ich, wenn ich einem begegne“
Vor einer Weile war ich im Vorsommerurlaub, und es war einfach herrlich: Strand, Sonne, Meer und Gelatooo. Gelesen hab ich auch, und zwar fünf Bücher, die in ihrer Taschenbuchausgabe schon lang auf meinem SuB darauf gewartet hatten, endlich ausgewählt zu werden. Einige kennt ihr vielleicht. Und ich warne euch gleich: Das wird jetzt eine ziemliche Motzerei, denn bis auf einen mochte ich eigentlich keinen der folgenden Romane.
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