Wenn ich eine Figur in einem Roman wäre, würde ich nicht wollen, dass der Roman endet. Da sich das aber schwer vermeiden lässt, würde ich zumindest versuchen, mich in den Ausgang der Geschichte einzumischen, besonders dann, wenn die Autorin/der Autor vorhätte, mich sterben zu lassen. Ich würde hingehen, an ihre/seine Tür klopfen und sie/ihn dazu überreden, mich leben zu lassen und eine Fortsetzung zu schreiben. Mein Filmtip zum Thema: Stranger than Fiction.
Ich ordne meine Bücher? Haha. In meinen frühen Zwanzigern hatte ich mal eine Phase, in der ich die alten Suhrkamp-Taschenbücher nach Farben geordnet hatte, so mit Abstufungen nach dem Farbspektrum wie im Buntstiftkasten. Und viele Jahre später hat mich ein Freund einmal dazu gebracht, mit ihm gemeinsam meine Bücher nach alphabetischer Reihenfolge der Autoren zu ordnen, weil ich ihn darum beneidet hatte, dass er jedes Buch, das er suchte, innerhalb von 30 Sekunden fand. Beide Ordnungen hielten genau so lange, bis ich wieder so viele Bücher verborgt, zum Nachlesen herausgezogen und neben dem Bett, dem Sofa, dem Schreibtisch gestapelt, in panischen Aufräumaktionen kurz bevor Besuch kam irgendwo wieder hineingeschoben hatte, also ungefähr drei Monate. Seither steht (unabhängig von der Farbe des Covers) wieder Boyle gleich hinter Irving und Miller direkt vor Auster, was für mich durchaus Sinn macht, auch wenn ich oft lange suchen muss, bis ich ein bestimmtes Buch finde. Falls ich es nicht gerade verborgt habe.
Das Cover meines aktuellen Buchs ist eine leuchtend blaue, mediterrane Schönheit. Michael Hochleitner von den Typejockeys, die auch meine Webseite designt haben, hat es für mich entworfen und von Hand gezeichnet. Er hat sich von Adria-Plakaten aus den 50er-Jahren, aber auch von Buchcovers aus dem anglo-amerikanischen Raum inspirieren lassen und die Atmosphäre und die Stimmung des Buches wunderbar in Farben, Grafik und Typografie übersetzt. Es ist ein ungewöhnliches, mutiges Cover und ich liebe es!
Viel zu selten verwendet wird das Wort versonnen. Eigentlich kommt dieses Wort vom veralteten sich versinnen = sich in Gedanken verlieren. Ich bin für die Wiedereinführung dieses Ausdrucks – und dafür, sich öfter zu versinnen. Wer sich in Gedanken verliert, findet sich in den Sinnen wieder.
Das Buch meines Lebens werde ich hoffentlich noch schreiben. Von denen, die andere geschrieben haben, gibt es eigentlich zu viele, die mich schon fast mein Leben lang begleiten, als dass ich mich für eines entscheiden könnte. Weil das hier aber eine Art Spiel ist und ich kein Spielverderber bin, greife ich (wie viele bei solchen Fragen) auf meine Kindheit zurück … und das ist vielleicht auch gar nicht so falsch, denn die prägt ja bekanntlich das Erwachsenenleben. Und ich glaube tatsächlich, dass Winnie-the-Pooh meine Einstellung zum Leben, dem Universum und dem ganzen Rest nachhaltig beeinflusst hat. „You can’t stay in your corner of the Forest waiting for others to come to you. You have to go to them sometimes.”
Ruth Cerha, 1963 geboren, ist sehr musikalisch und unterrichtet Klavier. Seit 2004 schreibt sie. Ihre ersten Romane Kopf aus den Wolken (2010) und Zehntelbrüder (2012) erschienen bei Eichborn, das neueste Werk Bora. Eine Geschichte vom Wind in der Frankfurter Verlagsanstalt. Hier findet ihr eine Leseprobe. Foto von Stefanie Luger.