Bücherwurmloch

19225838_10158890121235578_729124526951754862_n„Deine Mama, ich sag dir nur eines … merk dir das … deine Mama … da fehlen einem die Worte!“

Worum geht’s?
Um eine Handvoll Figuren, die das Leben zusammengebracht hat und die nun miteinander zu tun haben, ob sie wollen oder nicht: Vev und ihre Mutter Sonja, die von Vevs Vater Milan geschieden hat, dessen neue Partnerin Natalie und ihre beiden Töchter sowie um The Dude, Sonjas neuen Freund. Sie sind, was man heute eine Patchwork-Familie nennt, und im Buch werden die verschiedenen Probleme des Zusammenlebens in diesen neuen Konstellationen durchleuchtet. Sonja ist drogenabhängig und arbeitet nicht, die Leute, mit denen sie sich umgibt, sind Junkies und Obdachlose und demnach keine gute Gesellschaft für ein Kind. Am besten bringt es die Aussage des Verlags über das Buch auf den Punkt: „So möchte man nicht leben. Aber so wird gelebt.“

IMG_5442Wer ist Monika Helfer?
Eine österreichische Schriftstellerin, die bereits zahlreiche Romane, Erzählungen und Kinderbücher veröffentlicht hat, für die sie mit einigen Preisen ausgezeichnet wurde.

Ist Schau mich an, wenn ich mit dir rede massetauglich und gefällig?
Jein. Es ist kein schlechtes, aber auch kein sonderlich interessantes Buch. Als sperrig kann man es aber auch nicht bezeichnen, im Gegenteil. Es bildet den Alltag einer fiktiven Familie ab, erhebt sich nicht darüber hinaus, weder moralisch oder bewertend noch in sprachlicher Hinsicht. Es ist halt so wie das Leben, von dem es erzählt: simpel, mit kleinen Höhen und größeren Tiefen.

Ist es langweilig?
Nur ein bisschen. Die Geschichte beginnt mit einer Begegnung in der U-Bahn, eine Mutter herrscht ihr Kind an, versucht, es zu manipulieren, jemand – es könnte die Autorin sein – beobachtet die Szene und denkt sich dann, so scheint es, einen Hintergrund dazu aus. Wer könnte diese Mutter sein, wie könnte das Kind heißen? Das wirkt wie doppelte Fiktion und sorgt für eine seltsame Distanz, die bis zum Ende des Romans aufrecht bleibt.

Geht es darin um die DDR?
Nein, es spielt in Österreich.

Ist es ein „großer deutscher Roman“?
Ganz sicher nicht.

Ist es „tief bewegend“, „politisch akut“ oder „ein geniales Sprachkunstwerk“? (Jury-Zitate aus den Gewinnerbegründungen der letzten Jahre)
Nichts davon.

Wie hoch stehen die Chancen, den Buchpreis zu gewinnen?
Bei 20 Prozent.

Schau mich an, wenn ich mit dir rede von Monika Helfer ist erschienen bei Jung und Jung (ISBN 978-3-99027-094-3, 182 Seiten, 20 Euro).

Bücherwurmloch

19225838_10158890121235578_729124526951754862_n„Sie waren alle vier verzweifelt, jeder auf seine Weise“

Worum geht’s?
Um vier Menschen, die einander liebten und über Kreuz liebten: Inger, Floriane, Raimund und Moritz. Anfangs waren Floriane und Moritz ein Paar, dann hat Inger Moritz an sich gezogen, aber eigentlich war Raimund immer in Inger verliebt, und jetzt ist er verheiratet mit Floriane. Ein Schelm, wer dabei an die Wahlverwandtschaften denkt: Goethe im Jahr 2017 – das Motiv an sich hat natürlich nicht an Gültigkeit verloren und wird wieder und wieder erzählt werden. Liebschaften sind oft ein Karussell, jeder fasst jeden an den Händen und wird weitergereicht zum Nächsten. In der Gegenwart sind die vier längst erwachsen und Eltern, die Geheimnisse von damals brechen auf, und dann gerät alles auf eine sehr merkwürdige und nicht nachvollziehbare Weise außer Kontrolle.

Aus der Zeit, als er noch ein Junge gewesen war, kannte er ein Licht, das fand er später für sehr lange Zeit nur in der Bahnsteighalle seiner Stadt wieder, und auch nur an bestimmten Tagen.

Das ist der erste Satz aus Lichter als der Tag, und es ist einer der schönsten ersten Sätze, die ich je gelesen habe. Leider ist er aber auch das Beste am gesamten Buch.

FullSizeRender 3Wer ist Mirko Bonné?
In der deutschen Literaturszene kein Unbekannter: Er schreibt Romane, Gedichte, Aufsätze, arbeitet als Übersetzer und wurde vielfach ausgezeichnet. Nie mehr Nacht stand 2013 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis, er ist also ein Wiederholungstäter.

Ist Lichter als der Tag massetauglich und gefällig?
Jein. Das Buch hat gefällige, sogar unterhaltsame Passagen, das muss man ihm lassen. Die Deutschen mögen auch das Mäandernde, Jammerige gern. Die Sprache ist stellenweise poetisch, melodisch, trägt sehr gut, flacht dann aber wieder ab, wird banal. Insgesamt ist das Buch zu schwerfällig, zu verwirrend, zu ausufernd, um den gemeinen Leser zu befriedigen. Und das Ende ist eine Enttäuschung für sich, in jeder Hinsicht. Es wirkt, als hätte der Autor gedacht: Ey, und jetzt lass ich ihn einfach was total Verrücktes machen, das gar keinen Sinn ergibt.

Ist es langweilig?
Anfangs nicht, später enttäuschenderweise doch. Protagonist Raimund verliert sich in seinem Gedankenmonolog, in seinem Gehedder mit den eigenen Gefühlen. Man sieht ihm dabei hundert Seiten lang geduldig zu, verliert die Geduld dann langsam und wird am Ende fast schon zornig, weil er so ein Jammerlappen ist, ein Suderant, wie wir in Österreich sagen, der stets den anderen die Schuld daran gibt, dass sein Leben nicht so ist, wie es idealerweise hätte sein können, in seiner Vorstellung. Das ist ermüdend.

Geht es darin um die DDR?
Nein.

Ist es ein „großer deutscher Roman“?
Nein.

Ist es „tief bewegend“, „politisch akut“ oder „ein geniales Sprachkunstwerk“? (Jury-Zitate aus den Gewinnerbegründungen der letzten Jahre)
Nein, nein und nein.

Wie hoch stehen die Chancen, den Buchpreis zu gewinnen?
Bei 40 Prozent.

Lichter als der Tag von Mirko Bonné ist erschienen bei Schöffling & Co. (ISBN  978-3-89561-408-8, 336 Seiten, 22 Euro).

Bücherwurmloch

19225838_10158890121235578_729124526951754862_n„Ein Mann muss trinken, damit er zur Besinnung kommt, nicht, um diese zu verlieren“

Worum geht’s?
Um einen vierzigjährigen Mann namens Matuschek, der noch bei der Mutter wohnt, bis sie ihm wegstirbt, und Tauben züchtet. Er hätte gern eine Frau, findet aber keine, und die einzige, die er kennenlernt, bleibt ihm nicht. So ergeht es ihm auch mit den Nachbarn, die man, wenn man ein sehr positiv denkender Mensch ist, Freunde nennen könnte: Sie bleiben nicht. Es ist ein kleines, beschauliches Leben, das Matuschek führt, die Arbeit bleibt ihm auch nicht, nur die Einsamkeit, die ist ihm treu.

FullSizeRender 2Wer ist Kerstin Preiwuß?
Absolventin des Leipziger Literaturinstituts und Lyrikerin, die mit Gedichten sowie dem Romandebüt Restwärme für Aufsehen gesorgt hat. Ein Buch, über das ich geschrieben habe: „Missbrauch, Traurigkeit und Schweigen sind vorherrschend. Das muss man aushalten können, und wenn man es kann, wird man mit einem feinen, klugen, ausgezeichnet geschriebenen Roman belohnt, der sich gut liest und eine erschütternde Wirkung hat. Er macht Gänsehaut im Kopf.“

Ist Nach Onkalo massetauglich und gefällig?
Nein. Das an sich gäbe dem Roman Chancen, buchpreistauglich zu sein. Ich halte diese Chance dennoch für gering. Er ist andererseits auch zu wenig sperrig, zu nichtssagend. Und bei Weitem nicht so gut und berührend wie Restwärme.

Ist es langweilig?
Ja. Das liegt daran, dass es nur um Matuschek geht, und Matuschek hat ein langweiliges Leben. Das Abbilden des Alltags, der Tristesse, der Fadesse ist etwas, das den Leipziger Absolventen sehr am Herzen zu liegen scheint. Das klingt dann so:

Die Tage ziehen dahin, das Wetter wird unbeständig. Gewitter kommen nicht mehr über den See, dafür Schauer. Die Luft ist frisch geworden, sie kühlt mehr, als dass sie wärmt. Das Schwalbennest klebt verlassen an der Dachecke.

Eh gut formuliert. Es ist das, was man gemeinhin lakonisch nennt. Und das ist ja manchmal nur ein anderes Wort für langweilig.

Geht es darin um die DDR?
Nein.

Ist es ein „großer deutscher Roman“?
Nein. Eher ganz bewusst ein kleiner deutscher Roman. Über das Leben im Kleinen, seine Vergänglichkeit, seine Bedeutungslosigkeit.

Ist es „tief bewegend“, „politisch akut“ oder „ein geniales Sprachkunstwerk“? (Jury-Zitate aus den Gewinnerbegründungen der letzten Jahre)
Nein, nein und nein.

Wie hoch stehen die Chancen, den Buchpreis zu gewinnen?
Bei 20 Prozent.

Nach Onkalo von Kerstin Preiwuß ist erschienen im Berlin Verlag (ISBN 978-3-8270-1314-9, 240 Seiten, 20 Euro).

 

Bücherwurmloch

Zitat„Aber im Rückblick ist es billig, Vorboten zu sehen. In der Fülle dessen, was man miteinander macht, gibt es für alles, was später kommt, Vorboten – und auch für alles, was später nicht kommt.“
Lloyd Jones: Mister Pip

„Erinnerung ist ein tröstlicher Phantomschmerz des Lebens, eine Art höherer Nachgeburt. Erst wenn die Erinnerung ganz vertrocknet ist, tritt der Tod vollständig ein.“
Dimitri Verhulst: Die Beschissenheit der Dinge

„Noch zuckende Bücher, aus denen die Sätze schossen wie frisches Blut.“
Pierre Péju: Die kleine Kartäuserin

„Dann trat Stille ein, so durchsichtig, daß über dem Tumult der Vögel und den Silben des Wassers auf dem Stein der trostlose Atem des Meeres zu vernehmen war.“
Gabriel García Márquez: Die Liebe in den Zeiten der Cholera

„Die Lebensgeschichte eines Menschen ist gleich dem, was er erreicht hat, plus das, was er noch erreichen möchte, minus das, was er bereit ist, dafür zu opfern.“
Craig Clevenger: Der geniale Mister Fletcher

„Und die Sehnsucht ist eine traurige Sache, aber ein wenig Freude ist auch dabei.“
Milena Agus: Die Frau im Mond

„Als ob es auf der Welt einen Gott gäbe! Gott ist ein Wahn, geboren aus der Einsamkeit der Menschen.“
Hitonari Tsuji: Warten auf die Sonne

„For some, the most difficult thing in life is knowing what they are surviving for.“
Eliot Pattison: Prayer of the Dragon

„Zuletzt öffnete er die Wohnungstür und fand sein Wohnzimmer im proportionalen Verhältnis zu seiner Lebenslust zu klein.“
David Foenkinos: Nathalie küsst

„Konjunktiv ist die schönere Welt. Das weiß in Österreich jeder.“
Verena Roßbacher: Schwätzen und schlachten

Bücherwurmloch

  1. 19225838_10158890121235578_729124526951754862_n
    Endlich bin ich dabei! Natürlich hab ich jedes Jahr auf die Buchpreisblogger geschielt, ihre Beiträge gelesen und die Diskussionen verfolgt. Umso grandioser finde ich es, dass ich 2017 mit von der Partie sein darf. Und hoffe freilich, dass auch irgendjemand dann zu mir rüberschielt.
  2. Ich werde die Buchpreis-Bücher lesen! Alle Jahre wieder werden Longlist und Shortlist mit Spannung erwartet, die nominierten Titel wirbeln die Literaturbranche und den Buchhandel auf, und ich bin wahnsinnig gespannt, welche Romane das 2017 sein werden.
  3. Bisher hab ich den Buchpreis eher aus der Ferne betrachtet, als große Aktion, die im Spätsommer über die Literaturbühne geht, mich aber wenig betrifft. Dieses Mal werde ich mittendrin und live dabei sein. Das große Lesen beginnt am 15. August, verliehen wird der Preis am 9. Oktober.
  4. Diskussionen, die Sinn machen und gleichzeitig auch noch friedvoll ablaufen, sind ja im Internet nicht unbedingt häufig zu finden. Ich stelle mir vor, dass wir Buchpreisblogger das in diesem Fall hinbekommen. Ich bin neugierig auf die Meinung der anderen und freu mich auf die Möglichkeit, mich mit Gleichgesinnten über Bücher auszutauschen, denn in meinem Umfeld gibt es kaum Lesende, und somit hab ich zu sowas selten die Gelegenheit.
  5. Die, mit denen ich diskutieren werde, sind auch ein Grund zur Freude: meine werten Kollegen! Fünf sind es an der Zahl, und ich schätze sie alle sehr: Sandro Abbate novelero, Isabella Caldart novellieren, Sarah Reul Pinkfisch, Frank Rudkoffsky Frank O. Rudkoffsky, Ilke Sayan (Booktuberin) BuchGeschichten.
  6. Letztes Jahr hat mit Bodo Kirchhoff ein Autor der FVA den Buchpreis gewonnen, wo auch mein Roman im Frühjahr 2018 erscheinen wird. Das tut eigentlich nichts zur Sache, verstärkt meine Freude aber trotzdem noch zusätzlich.

Der Hashtag zum Buchpreisspaß lautet #dbp17, das ist der neue Blog des Deutschen Buchpreises, und hier findet ihr alles auf Facebook. Das Logo ist von Jochen Kienbaum.

Bücherwurmloch

Klass1Es ist nicht so, wie es aussieht. Das möchte ich nur mal sagen. Es sieht nämlich bisweilen so aus, als seien wir Blogger ausschließlich trivial unterwegs. Das Feuilleton stellt uns gern in die Chicklit-Vampire-Ecke, spricht uns jegliche Literaturkompetenz ab. Inwieweit das zutrifft und wo genau die Grenze verläuft zwischen Hobbyrezensenten und Literaturkritikern, vermag ich nicht zu entscheiden und soll auch nicht Inhalt dieses Beitrags sein. Darüber wurde schon viel geschrieben, darüber wird noch viel diskutiert werden, und ich bin es schon lange leid. Wir Menschen müssen einander immer kritisieren, statt friedlich zu koexistieren.

Klass2Ich möchte kein Literaturkritiker sein und würde mir nie anmaßen, so viel zu wissen wie die Experten. Ich halte mich auch nicht für derart belesen. Aber: Ich bin auch nicht, wie wir in Österreich sagen, auf der Nudelsuppe dahergeschwommen. Ich hab die großen Namen gelesen, die großen Titel, die großen Klassiker. Allein: Im Bücherwurmloch merkt man davon reichlich wenig. Warum? Es gibt diesen Blog zwar seit über acht Jahren, die Klassiker habe ich mir aber lange davor einverleibt, und geschrieben habe ich über sie nie.

Klass3Wie ich bereits erzählt habe, behalte ich kaum Bücher. In meinem Regenbogenregal stehen insgesamt nur 300. Und heute habe ich gezählt: 56 davon sind Klassiker oder das, was man im weitesten Sinne als solche bezeichnen könnte. Diejenigen unter euch, die von langen Buchreihen umgeben sind, bekommen bei dieser mickrigen Zahl bestimmt Schnappatmung. Und mir ist klar, dass nicht alle Titel, die ich dazugezählt habe, dieser Kategorisierung entsprechen, aber das ist ja das Schöne am Bloggen: Ich kann hier tun, was ich will.

Klass4Da sind sie also: Goethe und Schiller, Nestroy und Shakespeare, Jandl und Kundera, Horváth und Hemingway. Vielleicht denkt ihr euch beim Anblick der Bilder: Da fehlen aber viele. Ich konnte aus meiner Kindheit und Jugend leider nur wenige Bücher retten, denn während ich einst zu Ausbildungzwecken in München war, sind sie aus meinem Elternhaus … verschwunden, sagen wir es so. Hier seht ihr die, die ich noch besitze, und somit die klassischsten Bücher in meinem Regal. Eine riesige Bücherwand, wie sie viele meiner Bloggerkollegen haben, mit klingenden Namen und prächtigen Bänden, besitze ich nicht. Das stört mich nicht weiter, vielleicht bekomme ich eine solche noch, wenn die Kinder mal aus dem Haus sind, oder die Klassiker bleiben eben weiterhin da, wo sie jetzt sind: in meinem Kopf. Das ist nicht so wichtig. Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben!

Klass5Zu den Verbliebenen habe ich eine besondere Beziehung. Als ich etwa fünfzehn war, war ich vernarrt in die Gedichte von Heine und Jandl, so unterschiedlich sie auch sind. The old man and the sea ist eines der ersten Bücher, die ich auf Englisch gelesen habe, und weil ich es noch nicht so gut konnte, habe ich ständig in der deutschen Ausgabe nachgeschaut, was die Wörter bedeuten. Später an der Uni war ich stolz, Lampedusa und Calvino im Original lesen zu können. Imre Kertész und Peter Handke haben mich sehr berührt, Thomas Bernhard und Ingeborg Bachmann, Marlen Haushofer, Javier Marias und Bertold Brecht. Auf sie alle vergesse ich manchmal, wenn die Flut der Neuerscheinungen über mich hinwegrollt, das gebe ich zu. Aber sie sind immer da, behalten ihre Plätze in meinem schmalen Regal, gehören zu den wenigen Büchern, die ich niemals weggeben werde. Und dass diese Sammlung im Endeffekt für manche vielleicht genau das bestätigt, was das Feuilleton behauptet, weil sie so klein ist, ist mir ganz einfach wurscht. Vielleicht, wenn ich alt bin und reich, kaufe ich alle Klassiker nach. Vielleicht auch nicht. Die Dinge bekommen ihren Wert nicht dadurch, dass man sie besitzt.

Bücherwurmloch

FullSizeRenderAm Anfang war Arundhati
Als ich fünfzehn Jahre alt war, musste ich für den Schulunterricht zum ersten Mal ein komplettes Buch auf Englisch lesen und darüber ein Referat halten. Und zwar – wie meine Lehrerin immer sagte, wenn im Unterricht jemand Deutsch sprach: „In English, please!“ Meine Wahl fiel auf The God of Small Things von Arundhati Roy, und ich wusste nicht, was ich mit dieser Entscheidung auslöste. Denn das Buch hat mich aufgewühlt wie nichts zuvor. Es wurde eines der wichtigsten Bücher meines Lebens. Man muss bedenken: Bis dahin hatte ich vor allem VIEL gelesen und reichlich wahllos, Hanni und Nanni und Die fünf Freunde, Astrid Lindgren und Michael Ende, später alles von Wolfgang Hohlbein und Steven King, außerdem hatte ich mit dreizehn eine große Vorliebe für Biografien. Aber „echte“ Literatur? Das war mein erstes Mal. Ich habe mir seitenweise Sätze aus diesem Buch aufgeschrieben, ich hab mir sogar von meinem spärlichen Taschengeld die deutsche Ausgabe gekauft, um alles, wirklich alles zu verstehen. Und habe dabei gemerkt, wie Übersetzer arbeiten, wie sie einen Roman in einer anderen Sprache neu zusammensetzen, wie sie manche Dinge perfekt transportieren und andere verlieren. Damals hab ich mir geschworen: Wann ich immer ich kann, werde ich Bücher im englischen Original lesen.

Daran hab ich mich besonders in meinen Zwanzigern gehalten, oft habe ich nur auf Englisch und – weil ich das an der Uni studiert habe – Italienisch gelesen. Ich hatte zudem wenig Geld, und fast immer war das Taschenbuch des englischen Originals, das es zum Erscheinen eines deutschen Hardcovers bereits gab, günstiger. In letzter Zeit mehren sich die deutschen Bücher in meiner Umgebung, was vor allem am Bloggen und den Rezensionsexemplaren liegt, die ich bekomme. Nach wie vor liebe ich jedoch english books und lese sie heute vor allem deshalb, um die Sprache nicht gänzlich zu verlernen und nur noch als Denglisch zu gebrauchen. Also habe ich den Blick durch mein Regal schweifen lassen, um euch die coolsten englischen Bücher, die ich heute noch besitze, vorzustellen. Da ich im Gegensatz zu den meisten Bloggern nicht über eine gigantische Bibliothek verfüge, sondern nur 300 Bücher habe, war das gut möglich. The God of Small Things gehört zu den wenigen Romanen, die ich von damals behalten habe.

Ladies and Gentlemen: Here we go!

FullSizeRender 2
Mit Angela’s Ashes ging es sozusagen weiter: Als ich sechzehn war, verbrachten wir mit der Schule zehn Tage in Cambridge, wo ich mir das berühmte Buch von Frank McCourt gekauft hab. Ich hab aufgrund des irischen Einschlags sehr damit gekämpft, aber es hat mich auch wahnsinnig berührt. Ebenfalls unglaublich gut: The Book Thief von Markus Zusak. Und Micheal Cunningham? Sollte man gelesen haben.
Manche von euch kennen vielleicht den Film mit Brad Pitt als Benjamin Button. Er beruht auf einem Roman mit dem Titel The confessions of Max Tivoli von Andrew Sean Greer. Mit Sicherheit weniger bekannt: The language of flowers von Vanessa Diffenbaugh, das viel besser ist, als das Cover erahnen lässt, und The obscure logic of the heart von Priya Basil. Ausgezeichnet dagegen ist Olive Kitteridge von Elizabeth Strout, ein sagenhaft guter Roman, für den sie den Pulitzer Preis bekommen hat.

FullSizeRender 3

IMG_2492

 

 

 

 

 

Eine Weile war ich ein Riesenfan von Eliot Pattison und habe JEDEN seiner fantastischen Tibet-Thriller verschlungen. Ebenfalls absolut lesenswert: Ann Packer und Siri Hustvedt. Ein besonderes Vergnügen ist der bitterböse, herrlich sarkastische Roman Where’d you go, Bernadette von Maria Semple. A good read ist auch Water for elephants von Sara Gruen, das 2011 mit Reese Witherspoon, Robert Pattison und Christopher Waltz verfilmt wurde.

IMG_2493

Ein Must Read: Extremely loud and incredibly close von Jonathan Safran Foer, viel besser im Original. Ein wenig freaky ist The Age of Miracles von Karen Thompson Walker, in dessen Mittelpunkt ein Katastrophenszenario steht: Die Erde dreht sich immer langsamer. Ebenso ungewöhnlich ist A Lady Cyclist’s Guide to Kashgar von Suzanne Johnson.

Oh! Ein weiteres Lieblingsbuch: Life of Pi von Yann Martel. Ein RomIMG_2497an, von dem ich sagen kann: Ich war nicht mehr dieselbe, nachdem ich ihn gelesen hatte. Fast schon ein Klassiker: The Upright Piano Player von David Abbott. Sehr poetisch und wunderschön ist White Ghost Girls von Alice Greenway.

Jetzt komme ich ins Schwärmen, ich sag’s euch gleich. Lovely Bones von Alice Sebold, uralt, aber ein Hammer von einem Buch, Mister Pip von Lloyd Jones, so beeindruckend lebensklug, The White Tiger von Aravind Adiga, besser als jede Geschichtsstunde, Cleaver von Tim Parks, scharfzüngig und böse, The Long Song von Andrea Levy, so grausam und traurig, und Five Bells von Gail Jones, träumerisch und melodisch.

IMG_2498IMG_2499

 

 

 

 

 

 

Weiter geht’s mit der illustren Runde: Im Jahr 2010 war Little Bee von Chris Cleave das beste Buch, das ich gelesen habe. Und bei The Kite Runner von Khaleid Hosseini hab ich geweint. Schaurig und intensiv ist The Burial Rites von Hannah Kent, und mitten ins Herz schneidet We are all completely beside ourselves von Karen Thompson Walker.

IMG_2500

JOHN IRVING! Es geht nicht anders, ich muss seinen Namen groß schreiben. Ich hab ihn so geliebt, viele Jahre lang. Als ich etwa siebzehn war, hab ich seine Romane verschlungen und mit ihnen eine neue literarische Welt entdeckt, voller Feinsinn und Witz. A Prayer for Owen Meany gehört für mich zu seinen besten Büchern, aber da gibt es natürlich zahlreiche. The Gathering von Anne Enright ist rasend gut geschrieben, genau wie The History of Love von Nicole Krauss. Aufwühlend und brutal ist The Narrow Road to the Deep North von Richard Flanagan.

Zum Schluss die Klassiker oder das, wasIMG_2501 ihnen am nächsten kommt. Die kennt ihr mit Sicherheit alle: The old man and the seaBrideshead RevisitedDead Poets Society, Forrest Gump, 1984, Brave New World und The Great Gatsby. Es gäbe natürlich noch Tausende mehr (und einige davon hab ich auch gelesen), aber nun ja: There’s no room for all of them. In diesem Sinne: Vielleicht ist ja bei meinem Best of was dabei, das euer Interesse geweckt habt (und vermutlich gibt es davon auch eine deutsche Übersetzung, falls euch die lieber ist). Have fun and keep on reading!

 

Bücherwurmloch

IMG_2928Die Blogbuster-Shortlist steht fest …
… und meine Favoritin Heike Duken ist mit Rabenkinder leider nicht drauf. Das find ich unheimlich schade (um nicht zu sagen: inakzeptabel!), aber ich bin noch lange nicht gewillt, zu glauben, dass dieser Roman nicht erscheinen wird. Deshalb werde ich mich weiterhin dafür einsetzen und ihn an jene Stellen manövrieren, zu denen ich Zugang habe. Wer weiß: Vielleicht könnt ihr schon bald unabhängig vom Blogbuster die Rabenkinder kennenlernen, und zwar, indem euer Buchhändler sie euch vorstellt. Ich hoffe zumindest darauf!

IMG_2930Ich hab über die Blogbuster-Sache auch jemanden kennengelernt: Heike Duken persönlich. Sie war letzte Woche unterwegs zu einer Fortbildung und hat einen dreistündigen Zwischenstopp in meiner Heimatstadt gemacht. Nach vielen Mails und regem Austausch über ihr Manuskript war es, als würden wir uns nicht zum ersten Mal gegenüberstehen, sondern als hätten wir uns schon oft getroffen. Sie hatte ein wenig Angst, wegen meiner Angewohnheit, einfach über die Straße zu rennen, überfahren zu werden, ist mir aber trotzdem gefolgt. Zuerst durch die Linzergasse und zu jenem Friedhof, auf dem Constanze IMG_2931sowie Leopold Mozart begraben sind, danach auf einen Burger ins Ludwig. Anschließend hab ich sie einmal quer durch die Stadt geschleift, zum Rosenhügel im Mirabellgarten mit Postkarten-Kitsch-Blick auf Salzburg, wo sie geübt hat, wie eine Japanerin zu posen, und ich mich dem Posen verweigert hab, vorbei an Mozarts Wohn- und Geburtshaus inklusive Mozartkugelverzehr (wenn schon, denn schon), durch die Getreidegasse und am Ende zurück zum Ausgangspunkt mit einem Melange-Abstecher über das Café Fingerlos, das die dekadentesten kleinen Törtchen Salzburgs macht. Mehr Touri geht nicht in drei Stunden! Schön war’s, wie wir dabei geplaudert haben über unsere Manuskripte und unsere Kinder.IMG_2932

Der Blogbuster hat mich tatsächlich bereichert. Ich habe viel mehr und viel bessere Manuskripte bekommen als erwartet, ich hatte Spaß am Lesen und Auswählen, die ganze Besserwisserkritik am Preis an sich hab ich, wie auch sonst alles, das mich nicht interessiert, gekonnt ignoriert, und ich bin stolz, Teil dieser ersten Runde gewesen zu sein. Es war ein Experiment, das von uns allen Zeit und Mut gefordert hat. Wir haben gezeigt, was wir zeigen wollten: dass es dort draußen viele interessante Manuskripte gibt, die von den üblichen Auswahlkanälen der Verlage gefiltert werden. Und dass wir Blogger, die man gern als unwissende Laienrezensenten hinstellt, sehr wohl einen guten Riecher haben. Ich wünsche den drei verbliebenen Kandidaten Chrizzi Heinen, Torsten Seifert und Kai Wieland viel Erfolg und freu mich auf Blogbuster Runde zwei!

Bücherwurmloch

170305_heike (124 von 243)

Interview mit Heike Duken

Dein Roman „Rabenkinder“ lässt viele unterschiedliche Figuren zu Wort kommen. Warum sind es so viele, und wer ist eigentlich der Protagonist?
Ja, es gibt nicht diesen einen Helden, der seine Reise macht und sich mit einem Antagonisten herumschlägt. Der wahre Protagonist der Geschichte ist wohl diese Familie. Der Schwarm. Ein Ameisenvolk, doch jedes einzelne Tier hat das Recht auf eine eigene Stimme. Es wird immer nur ein Fragment erzählt, ein Ausschnitt, eine Szene, die so viel zeigt wie nötig und wirklich kein bisschen mehr. Nötig, um etwas von dem zu zeigen, was Gewalt anrichtet, was Sprachlosigkeit bedeutet und was Menschen in der Not helfen kann: Mitgefühl, offene Worte und keine Feigheit vor dem Freund.

Du hast die Fragmente und einzelnen Ausschnitte angesprochen. Wie kam es zu dieser Zersplitterung?
Erst einmal habe ich einfach nur Kurzgeschichten geschrieben. Ich mag eben die Reduktion. Das Aus- und Abschweifende liegt mir nicht. Und dann habe ich gemerkt, all die Geschichten haben eine Verbindung. Diese Menschen kennen sich und agieren bezogen aufeinander. Das Ende der einen Geschichte ist der Beginn einer anderen. Die Gegenwart der einen Figur ist zugleich Vergangenheit einer anderen und so weiter. Ein Kosmos tat sich auf. Es war faszinierend. Mein Unbewusstes hatte ganze Arbeit geleistet. Später dachte ich mir, ist das nicht die moderne Welt, sind das nicht moderne Lebensläufe und Familien, ist das nicht der moderne Mensch sogar: zersplittert?

Gibt es trotz allem einen Kern, eine Hauptgeschichte?
Absolut. Letztendlich geht es um drei Geschwister, die Geschichte ihrer Eltern und ihrer Kinder. Also ein klassischer Familienroman! Naja …

Dein Roman ist wahnsinnig intensiv. Es geht um die Beziehung zwischenKindern und ihren Eltern, um unterdrückte Gefühle, um Gewalt — auchsexueller Natur. War das für dich schwer zu schreiben?
Ich finde ich es viel schwieriger, über Glück zu schreiben. Über Liebe und Versöhnung. Schon die Worte gehen mir schwer von der Hand. Sie sind seltsam. Oder nicht? Ich habe versucht, mich den Figuren so weit wie möglich anzunähern. Mit ihnen wahrzunehmen, zu denken, zu fühlen. Manchmal war das schwer, weil ich wirklich traurig wurde. Sehr traurig. Geholfen hat mir die Kürze der einzelnen Szenen. Nach einem Abend intensiven Schreibens konnte ich gut wieder auftauchen und am nächsten Tag recht kühl überarbeiten. Die Szene war ja fertig geschrieben, abgeschlossen. Ich konnte an ganz anderer Stelle neu beginnen. Ich habe den Roman nicht chronologisch verfasst, sondern einzelne Kapitel geschrieben und diese immer wieder neu sortiert. Mein Arbeitszimmer lag voll mit gelben Karten, auf denen die Überschriften, das Jahr und die jeweilige Perspektive standen.

Hast du zu einer Figur eine besondere Verbindung?
Ja, zu Nele, dem kleinen Mädchen. Kinder haben eine eigene Welt in ihren Köpfen, und sie teilen nur einen Bruchteil davon mit, glaube ich. Mit Nele habe ich versucht, in diese Welt hineinzublicken, natürlich kam ich dabei in Kontakt mit dem Kind, das ich einmal war. Und dann Max. Dieser komische, schwierige Junge. Wie er sich entwickelt. Wie er nachdenkt und beobachtet. Oft mit einer gewissen Kälte. Seine Perspektive ist mir enorm wichtig geworden während des Schreibens. Aber eigentlich mag ich sie alle. Ich war an meinem Schreibtisch lange mit diesen Menschen zusammen, und ihr Kampf, ihr Streben, auch ihr Unvermögen und ihre Fehler, teils ihre Schuld, das nimmt mich alles sehr für sie ein.

Denkst du, das alles kann man den Lesern zumuten?
Ja! Leserinnen und auch Leser werden oft unterschätzt. Die „Rabenkinder“ sollen berühren, ja schmerzen. Es kann tröstlich sein, etwas vom eigenen Schmerz in der Literatur wiederzufinden. Zumindest habe ich das selbst schon oft so erlebt. Doch ich hoffe, auch die zarten Momente der Hoffnung, die ich geschaffen habe, tun ihre Wirkung, und man klappt das Buch am Ende mit einem guten Gefühl zu.

Wie bist du auf den Titel gekommen?
Jeder kennt den Begriff der Rabenmutter (vor allem Frauen, die selbst Mütter sind, kommen um den Begriff ja gar nicht herum und müssen jeden Tag beweisen, dass er nicht auf sie zutrifft). Und tatsächlich, schlechte Mütter und Väter, es gibt sie zuhauf. Wir lesen über sie in der Zeitung oder auch in der Literatur, mir wird in den Therapien von ihnen erzählt. Schrecklich. Leid wird über Generationen weitertransportiert, weil Eltern es nicht hinbekommen. Sogar gute Eltern können gar nicht anders, als hin und wieder Rabeneltern zu sein. Aber was ist mit den Kindern? Sind sie wirklich kleine Engel, ein einziger Quell der Freude, ein immerwährendes Geschenk, „der größte Reichtum“, wie ich neulich in der Anzeige einer Kinderwunschklinik gelesen habe? Wird da den Eltern nicht etwas vorgegaukelt? Kinder geben häufig Anlass zur Sorge. Man kann sie nicht vor jedem Kummer bewahren. Sie machen Eltern durch ihr eigenes Unglück mit unglücklich. Das verstehe ich unter „Rabenkindern“. Und das soll keine Anklage sein, um Himmels willen. Niemand kommt in meinem Roman auf die Anklagebank. Alle dürfen einfach so sein wie sie sind, mit ihrem Bemühen, ihrem Scheitern und mit ihrer Stärke, Unglück auch zu überwinden.

Warum hast du genau dieses Buch geschrieben und kein anderes?
Diese Geschichten mussten raus. Meine Gefühle dazu. RAUS. Ich bin eher ein lebensfroher, fröhlicher Mensch, aber das kann ich wahrscheinlich nur sein, weil das Traurige, das Grauenhafte und Hoffnungslose diesen Weg nach draußen findet. Sonst würde es irgendwie drinbleiben und mich verzweifeln lassen. Es gäbe genug Grund dazu, manchmal in mir selbst, oder wenn ich nur meine Arbeit mache, mir die Nachrichten anschaue oder mich in der U-Bahn umsehe. Gestern war ich Zeugin in einem Vergewaltigungsprozess. Gegen solche Eindrücke muss ich meine Lebensfreude verteidigen. Das Schreiben hilft mir dabei, gerade auch das Erzählen ausgedachter Geschichten, das mir die Macht über die Welt zurückgibt (ähm, hatte ich sie denn je?). Wer weiß, was als Nächstes raus muss, ich habe ein paar Ideen im Kopf, ein paar Kurzgeschichten geschrieben …

Wie viel von deiner persönlichen Erfahrung durch deine Arbeit alsPsychotherapeutin ist in das Buch geflossen?
Psychotherapie, so wie ich sie betreibe, ist vor allem das Bemühen darum, etwas zu verstehen. Manchmal gelingt mir das. Und das hilft mir beim Hineinfühlen in meine Figuren ungemein. Natürlich verwende ich keine Geschichten meiner Patienten, die sind bei mir sicher und gut aufgehoben.

Was wünschst du dir für die Rabenkinder?
Ich bin dabei, sie auszuwildern, und sie sollen in dem Dschungel da draußen eine Bleibe finden. Einen Verlag. Sie sollen in Buchhandlungen liegen, gekauft und gelesen werden. Eigentlich ganz einfach! Als Autorin wünsche ich mir noch etwas mehr: ein literarisches Zuhause.

Du hast viele Schreibwerkstätten besucht und bist ganz gut vernetzt als Autorin. Was bringt dir der Austausch mit anderen Schreibenden?
Ich habe so lange einsam vor mich hingeschrieben und nie ein Feedback bekommen, weder Kritik noch Ermutigung. Dann habe ich es gewagt, ein Schreibseminar bei Georg Klein zu besuchen. Ich bin fast gestorben, wirklich. Ich war fast als Letzte dran. Und ich werde nie vergessen, wie er gesagt hat: „Ich möchte eine Lanze für diesen Text brechen.“ Er hat das dann sehr ausführlich begründet, das war ein wunderbarer Moment. Ich habe mein Schreiben in den Werkstätten tatsächlich verbessern und professionalisieren können. Diese Textbesprechungen schärfen den Blick auf das eigene Werk und legen den Finger genau in die Wunde, für die man selbst blind ist. Ich war bei Josef Haslinger und Thomas Hettche, großartige Schriftsteller. Ein Privileg, von ihnen und all den anderen Schreibenden zu lernen. Dann habe ich mich den 42erAutoren angeschlossen, auch dort nutze ich die Möglichkeit, Feedback zu Texten zu bekommen. Die 42er kennen so einige Kapitel aus den Rabenkindern und haben daran herumkritisiert. Es gibt auch einen regen Informationsaustausch zu allen Themen, die mit dem Schreiben zu tun haben. Ganz aktuell bin ich zu den BücherFrauen gestoßen, das hat mit dieser Rolle rückwärts zu tun, die ich in der Welt im Umgang mit Frauen und Mädchen wahrnehme. Da habe ich mich auf die gute feministische Tugend besonnen, sich zusammenzurotten, um sich etwas stärker zu fühlen und nicht zu verzweifeln.

170305_heike (166 von 243)

Hier findet ihr eine Leseprobe aus Heike Dukens Roman, und hier könnt ihr zusehen, wie sie daraus liest, und ihren schönen Hut bewundern.

Bücherwurmloch

„Es fühlte sich an wie für die Ewigkeit“
Menschen, Orte, Gefühle: Rabenkinder ist ein Mosaik, es besteht aus vielen Splittern und verschiedenen Perspektiven. Gemeinsam ist ihnen der Kampf mit alten Verletzungen, die Hoffnung auf etwas Besseres und der Mut, danach zu suchen. (Hier findet ihr übrigens eine Leseprobe.) Einen dieser Splitter stellt euch die Autorin Heike Duken persönlich vor, und zwar das Kapitel „Pablomas“. Sie liest für euch in einer tollen Location, mit professioneller Unterstützung und mit einem grandiosen Hut. Vorhang auf für Rabenkinder, Longlist-Kandidat für den Blogbuster 2017:

Pablomas from Hartmut Knipp on Vimeo.