Bücherwurmloch

Jessamine Chan: Institut für gute Mütter

„Sie hatte immer geglaubt, Mutter zu werden bedeutete, einer Gemeinschaft beizutreten“

Ob das Vergehen von Frida schlimm oder nicht ganz so schlimm ist, darüber lässt sich streiten: Sie fährt alleine los, um Unterlagen von ihrem Arbeitsplatz zu holen, und nimmt ihre kleine kranke Tochter nicht mit. Harriet hat die ganze Nacht geweint, Frida ist übermüdet und muss Geld verdienen, ein, zwei Stunden, denkt sie, kann die Kleine zuhause bleiben, doch das Nächste, was passiert, ist, dass Frida verhaftet wird. Während sie noch denkt, dass sie eine Chance hat, dieses Vergehen auszubügeln, werden ihr sämtliche Rechte als Mutter entzogen und sie landet in einer Art Gefängnis, wo sie keinerlei Kontakt zur Außenwelt haben darf – für ein Jahr. In dieser Zeit muss Frida beweisen, dass sie eine gute Mutter sein kann.

„Die meisten gängigen Krankheiten lassen sich durch Mutterliebe heilen“

Was Frida und die anderen Mütter tun müssen, ist ebenso unglaublich wie logisch: Die amerikanische Autorin Jessamine Chan hat ungefähr alle Glaubenssätze über Mutterschaft versammelt und in Aktionen umgesetzt. Dieser Teil des Romans ist grausam, krass und extrem langatmig, weil sie wirklich im Detail jeden einzelnen Entwicklungsschritt durchdekliniert: spielen, wickeln, trösten, sprechen lernen und so weiter. Die Frauen zerbrechen nicht nur am eisigen Umgang mit ihnen und miteinander, sondern auch daran, dass sie ihre echten Kinder vermissen – Frida beispielsweise kann nichts dagegen tun, dass ihre Tochter bei ihrem Vater und dessen neuer Partnerin aufwächst. 

„Die Mütter stellen sich vor, was sie tun würden, wenn sie Zugang zu Messern, Scheren oder Chemikalien hätten“

Institut für gute Mütter ist ein heftiger, aufwühlender Roman über Mutterschaft, das Tabu der Mutterliebe und die Tatsache, dass wir Müttern immer die Schuld an allem geben. Sie können nichts richtig machen, weil es nicht möglich ist im Patriarchat. Zwischendrin fand ich das Buch zu lang und zu überladen, generell aber durchaus lesenswert.

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