„Ich kann nicht mehr ich kann nicht mehr“
Anfangs ist das eigentlich eine recht ungewöhnliche Kindheit und Jugend, doch dann gerät etwas aus dem Lot, dann verschiebt sich das Innen, und das Außen kommt nicht hinterher: Die Ich-Erzählerin in diesem langen, satzzeichenlosen Stream of consciousness kämpft mit Depressionen und Drogensucht, mit Selbstzweifeln, Selbstmordgedanken und einem großen Brocken Hass. Auf sich selbst, auf die Welt, die Eltern, die Freunde und Ärzte, alles und jeden. Sie kann keinen Job behalten und keine Beziehung führen, rutscht immer wieder in toxisches Verhalten ab und zieht natürlich Menschen an, denen es ebenso geht. Also folgen wir ihr durch diese Abwärtsspirale aus Klinikaufenthalten und Panikattacken, aus Düsternis und Elend.
Gine Cornelia Pedersen, die in Oslo Schauspiel studiert hat, wurde für diesen Roman in Norwegen gefeiert. Ein fröhliches Leichtgewicht ist er freilich nicht, aber das soll und muss er auch nicht sein: Wichtig an „Null“ ist das Thematisieren von psychischen Krankheiten und seelischem Ungleichgewicht. Beim Lesen dachte ich mehrmals, dass die Autorin schreibt wie eine Baby Sibylle Berg, und das ist auch ein bisschen das, was mich abgestoßen hat: Sibylle Berg ist die unangefochtene Meisterin der Ich-will-mir-die-Pulsadern-aufschneiden-Literatur, diesem Vergleich kann Pedersen nicht standhalten. Nichtsdestotrotz hat sie mit dieser Befindlichkeitsprosa, die sich im lyrischen Kleid versteckt, einen Nerv getroffen und es ist ihr vielleicht gelungen, begreiflich zu machen, wie es sich anfühlt, wenn man derart orientierungslos und verzweifelt durchs Leben gehen muss. Es bleibt nur zu hoffen, dass nichts davon autobiografisch ist und die Autorin einfach nur ein sehr gutes Einfühlungsvermögen besitzt – aber das wünsche ich mir ehrlich gesagt auch für Sibylle Berg.
Null von Gine Cornelia Pedersen ist erschienen bei Luftschacht.