Bücherwurmloch

Tamar Tandaschwili: Als Medea Rache übte und die Liebe fand

„Sexuelle Gewalt an Frauen – ein georgischer Nationalsport“
Fangen wir mit der Autorin an: Tamar Tandaschwili setzt sich in Georgien als Aktivistin für Frauen und die Rechte von Minderheiten ein. Mit diesem Buch, für das sie einen renommierten Literaturpreis erhalten hat, hat sie heftige Diskussionen ausgelöst. In einem Land, in dem sich Menschen, die gender delightful sind und sich außerhalb der heteronormativen Fesseln bewegen, in Gefahr befinden, ist das kein Wunder, denn der schmale Roman hat es in sich. Ich habe nicht mit einer solchen Wucht gerechnet. Aber erst einmal von vorne: Am Anfang habe ich ehrlich gesagt gedacht, es handelt sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, so wenig schienen die einzelnen Kapitel miteinander zu tun zu haben. Irgendwann habe ich aber die feinen Verbindungen entdeckt und wie alles mit allem zusammenhängt. Diese Erkenntnis macht den erzählten Inhalt noch heftiger. Aber worum geht es überhaupt? Schwer zu erklären.

Einerseits ist da Salome, die als junges Mädchen sechs Jahre lang von mehreren Gleichaltrigen als Sexsklavin behandelt wurde. Dann ist da die Ermittlerin Medea, die sich ihres Falls annimmt. Außerdem gibt es noch eine Oberin im Kloster, die einem Mann die Eier abschneidet, und ein Mädchen mit Behinderung, das nicht aufhören kann zu masturbieren, sowie eine trans Frau, die von ihren Eltern verstoßen wurde. Was die alle miteinander zu tun haben und wer da sonst noch mitspielt, erfahrt ihr natürlich, wenn ihr es lest. Und das solltet ihr tun, denn für mich gehört dieser ungewöhnliche Roman zu den Überraschungen in diesem Leseherbst: Er ist hart und direkt, verrückt und wild, zutiefst feministisch und in seinem Kern eine ungeschönte Anklage. Eines dieser Bücher, die wir – nicht nur in Georgien – brauchen. Chapeau!

Als Medea Rache übte und die Liebe fand von Tamar Tandaschwili ist erschienen im Residenz Verlag.

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