Bücherwurmloch

Eva Reisinger: Männer töten

„Er streicht durch ihr offenes Haar. Sie will schreien“

Anna Maria lebt in der Großstadt, aber jetzt gerade ist sie auf dem Land. Und dort gar nicht unglücklich, auch wenn sie sich bei einem Fahrradunfall den Arm gebrochen hat. Im oberösterreichischen Dorf Engelhartskirchen wohnt sie bei Hannes auf dem Hof. Während er sich um die Kühe kümmert, schließt Anna Maria beim Saufen und Tanzen Freundschaft mit den Frauen. Und stellt sich so manche Frage – warum ist der Vater von Hannes weg? Und was ist mit den anderen Männern? Haben die Frauen in Engelhartskirchen eine ungekannte Furchtlosigkeit und woher kommt die? Die eine oder andere Frage wird Anna Maria durchaus offen beantwortet. Und als dann jemand aus ihrer Vergangenheit auftaucht, gibt es sowieso kein Zurück mehr.

Der Titel von „Männer töten“ ist großartig, er ist provokant, aufmerksamkeitsstark und ungewöhnlich. Bedeutet er Männer werden getötet oder es sind die Männer, die töten? Auf den ersten hundert Seiten geht es erst einmal um das österreichische Landleben. Da kann Eva Reisinger, die bereits mit „Was geht, Österreich?“ meine Heimat chirurgisch genau seziert hat, richtig punkten, die Beschreibungen sind nur allzu treffend. So lebt es sich mitten im Nirgendwo, zwischen Bier, Besamung und Kirchengeläut, und dann sagen die Leute immer „eh schön“. Als dann die Geheimnisse rund um die männlichen Leerstellen gelüftet werden, als dann Männer getötet werden, kommt natürlich ein „eh klar“. Das haben wir schon geahnt, außergewöhnlich ist es trotzdem, und lesenswert auch. Weil die Wut spürbar ist, weil die Wut der Motor hinter dem Roman ist, seine Kreativität sich jedoch ungehindert ergießen darf, und das ist gut so. Geschichten ausdenken, in denen es dem Patriarchat an den Kragen geht. Gegen das System anschreiben, mit aller Kraft. Männer erschießen, Männer erstechen, Männern den Hals aufschlitzen. Wie sie es, und das ist freilich der Clou, umgekehrt mit Frauen tun, jeden Tag, überall auf der Welt. Denn das eine ist Fiktion. Das andere nicht. Eva Reisingers neues Buch sagt: schaut her, hört her, so klingt das dann, so fühlt es sich an, findet ihr das witzig? Eben.

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