Bücherwurmloch

Xaver Bayer: Geschichten mit Marianne

„Zuletzt fühle ich, wie zur Belohnung, ihre sanfte Hand auf meinem Haupt voller Blut und Wunden“
Vielleicht ist Marianne verrückt, vielleicht ist der Ich-Erzähler es auch: Auf jeden Fall tun sie ungewöhnliche Dinge, und oft genug sterben sie dabei. Oder zumindest einer von ihnen. Das Schöne jedoch ist, in der nächsten Geschichte sind sie, zack, wiederauferstanden. Von einem Besuch im Swingerclub ist die Rede, von Terroristen in der Fußgängerzone, von einem Versteckspiel im Fußballstadion und von einer Verfolgung durch Drohnen. Nichts ist erwartbar, nichts ist vorhersehbar, und die beiden scheinen mit ihren Verrücktheiten einen Haufen Spaß zu haben – das überträgt sich auch beim Lesen.

Sehr kurios sind sie, die Erzählungen in diesem Buch, bitterböse, irritierend und zutiefst ironisch: Sie enden im Extremen, im Ungeheuerlichen, im Verderben – wobei nicht immer greifbar ist, worin dieses Verderben besteht. Dann beginnt alles neu, als wäre nichts geschehen. Eine unheimliche, makaber geschwärzte Stimmung liegt über den kurzen Episoden, das Unglück wird oft genug absichtlich heraufbeschworen. Was so typisch österreichisch daran ist? Ein bisserl Vergnügen kann man dem größten Schrecken noch abgewinnen – den man selbst provoziert hat.

Selten habe ich derart schräge Storys gelesen, die so wenig Sinn ergeben und gleichzeitig sehr viel. Ich liebe es, wie Xaver Bayer – der übrigens von der Presse als „Meister seiner literarischen Hexenküche“ bezeichnet wurde – sich nicht schert um das Seelenheil der Lesenden, um Regeln und Erwartungen. Ich stelle ihn mir schelmisch lächelnd vor beim Schreiben, sich die Hände reibend, zufrieden nach jedem Schlag und Stich und Schuss, den er seinem Ich-Erzähler versetzt hat. Sehr lakonisch, einzigartig, originell und amüsant. Makaberer Humor in seinen funkelnden Facetten.

Geschichten mit Marianne von Xaver Bayer ist erschienen bei Jung und Jung.

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