Bücherwurmloch

Donna Leon: Flüchtiges Begehren

Commissario Brunettis dreißigster Fall
Es ist lange her, dass ich Krimis gelesen habe, es ist auch lange her, dass ich Italienisch an der Uni gelernt habe: Damals habe ich Donna Leon und Andrea Camilleri geliebt. Brunetti und Montalbano waren DIE italienischen Kommissare, immer nur am Essen und Trinken interessiert, immer halbgrantig und trotzdem auf Zack, immer typisch südländisch leicht überemotional. Irgendwann war ich übersättigt, von Krimis generell, und von meinen beiden italienischen Pantoffelhelden auch, es gab ja noch so viel anderes zu lesen.

Umso schöner war es jetzt, mit Brunettis dreißigstem Fall, doch mal wieder nach Venedig zurückzukehren: Was für ein Fest! Er ist älter geworden, die Kinder sind inzwischen fast erwachsen, die Ehe zu Paola nach wie vor stabil und sein Chef Patta immer noch unerträglich, und die kriminellen Fälle und Morde häufen sich wie eh und je in der Laguna. Donna Leon, die mittlerweile nicht mehr in Venedig lebt, hat meine Hochachtung: Seit so vielen Jahren liefert sie einen Bestseller nach dem anderen, mittlerweile ist sie beinahe 80 Jahre alt. Und sie gibt sich Mühe, sie versucht, ihren Brunetti auszubalancieren zwischen dem alten Chauvinismus, dem er ein wenig anhängt, und der Moderne, sie bringt queere Figuren in die Geschichte und behandelt den Menschen- bzw. Mädchenhandel, der auf den Gewässern vor Venedig stattfindet. Es war richtig nett, erneut kurz zu Brunetti ins Wohnzimmer und ins Büro zu schauen, und ihren Humor hat seine Schöpferin nicht verloren.

Flüchtiges Begehren von Donna Leon ist erschienen bei Diogenes.

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