Bücherwurmloch

Wolfram Fleischhauer: Das Meer

„Um wirklich etwas zu ändern, müsste man das Volk abwählen können, diese Abermillionen von Verbrauchern irgendwie zügeln“

„Wir ertrinken in Plastik. Unserer Dominanz fallen pro Jahr zwischen zehn- und fünfzigtausend andere Arten zum Opfer.“

Was klingt wie ein Bericht von Umweltschützern, ist in Wahrheit ein Thriller – doch das macht die Fakten nicht weniger real. Das Meer handelt von der jungen Fischereibeobachterin Teresa, die unter mysteriösen Umständen verschwindet, von ihrem Partner John, der in Brüssel arbeitet, sowie von Ragna, die einer Gruppe radikaler Umweltaktivisten angehört. Eine Rolle spielen zudem Ragnas Vater, ein skrupelloser Mann, der unter Druck gerät und seine Tochter finden muss. Dafür engagiert er den Dolmetscher Adrian, der zu Schulzeiten in Ragna verliebt war und keine Ahnung hat, worauf er sich einlässt. Denn unterdessen landen Tausende Menschen mit schweren Vergiftungen im Krankenhaus: Mehrere Chargen Fisch wurden mit einer toxischen Alge versetzt – absichtlich.

Ich bin über ein sehr interessantes Interview mit Wolfram Fleischhauer auf dieses Buch gestoßen. Darin hat er erzählt, wie sehr ihn sein Beruf als Dolmetscher in Brüssel oft an seine Grenzen bringt, weil er mitbekommt, was da verhandelt wird – und wie schlimm es um unseren Planeten wirklich steht. Was im EU-Parlament auf den Tisch kommt, bleibt der Öffentlichkeit verborgen. Und so hat er einen Roman geschrieben, in dem er die Probleme aufzeigt, mit denen die Meere zu kämpfen haben. Menschengemachte Probleme, von Gier getriebene Probleme. Es geht um Überfischung und Skrupellosigkeit, um Ökoterrorismus und die Verzweiflung derer, die die Erde retten wollen. Dies ist ein Buch, das sicher nicht – und das ist wohl dem Genre geschuldet – mit seiner Sprache und seinem Stil überzeugt, durchaus aber mit seiner Geschichte. Während viele Thriller mit einer Story aufwarten, die einfach nur an den Haaren herbeigezogen ist, kann ich mir in diesem Fall ohne Weiteres vorstellen, dass jedes Wort wahr ist. Und wundere mich sogar, dass das, was Wolfram Fleischhauer sich da ausgedacht hat, noch niemand gemacht hat. Andererseits: Wer weiß, was er in Brüssel alles gehört hat – wovon wir keine Ahnung haben. Ein Thriller, der nicht durch fantasievoll-grausige Details erschreckt, sondern durch seine Realitätsnähe.

Das Meer von Wolfram Fleischhauer ist erschienen bei Droemer.

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