Bücherwurmloch

Dirk Brauns: Die Unscheinbaren

„Kann man jemanden vermissen, der einem fünfzig Jahre lang entfallen war?“

„Vielleicht ist das eine meiner hervorstechendsten Eigenschaften, sagt er sich auf dem Weg zur Garage und muss grinsen: übersehen zu werden.“

Martin Schmidt ist Tierarzt in Bayern, seine Frau ist verstorben, seine Tochter lebt in den USA. Er hat es gut, eigentlich, er hat sich etabliert und eingerichtet, alles ist fein. Und darüber kann er froh sein, bedenkt man seine Geschichte: Als er achtzehn war und noch in der DDR lebte, wurden seine Eltern von der Stasi verhaftet. Sie hatten für den BND spioniert und waren verraten worden. Der Vater ist mittlerweile verstorben, die Mutter ist alt, Martin hat immer noch Kontakt zu ihr – doch ihrem Geheimnis ist er nie so ganz auf die Schliche gekommen. Bis jetzt. Denn als Angelika, in die er damals mit achtzehn verliebt war, wieder in sein Leben tritt, beschließt Martin, dass es Zeit ist, herauszufinden, was damals tatsächlich geschehen ist.

Klingt spannend? Ist es aber nicht. Denn Die Unscheinbaren ist leider so, wie Titel, Cover und das Eingangszitat mit dem „übersehen zu werden“ vermuten lassen: lahm. Ich könnte nicht einmal sagen, dass wenig passiert, das wäre nicht wahr, die Ereignisse überschlagen sich aber auch nicht gerade. Martin als Protagonist ist weder sympathisch noch unsympathisch, das Wiedersehen mit der alten Jugendliebe verläuft erstaunlich unspektakulär, die Mutter ist eine unzugängliche, grauenhafte Person. Diese Spurensuche, auf die Dirk Brauns seinen Leser schickt, ist aufgebaut, wie sie es sein sollte: Man bekommt Hinweise, am Ende gibt es eine Auflösung. Trotzdem ist das nicht im Geringsten interessant. Dabei hat der Autor die wahre Lebensgeschichte seines eigenen Vaters verarbeitet, dessen Eltern tatsächlich verhaftet wurden wie im Buch. Ich rätsle, warum das nicht für mehr Grip und mehr Emotion gesorgt hat, dass es eine persönliche Parallele gibt. Was mich am meisten gestört hat? Das Pathos! Denn wenn jemand immer Rufzeichen setzt, hat man das Gefühl, ständig angeschrien zu werden! Ganz normale Sätze, die ständig so enden! Das verstehe ich nicht! Das macht mich ganz verrückt! Ich möchte das nicht dauernd lesen müssen! Und mehr Drive gibt es dem Roman auch nicht! Tut mir leid, netter Versuch, hat aber nicht geholfen!

Die Unscheinbaren von Dirk Brauns ist erschienen bei Galiani (ISBN 978-3-86971-188-1, 336 Seiten, 20 Euro).

2 Comments to “Dirk Brauns: Die Unscheinbaren”

  1. 😅 Oooh wie ich es hasse, wenn alle Sätze so überbetont werden. Dann ist alles, was ich lese, plötzlich so dringend wichtig, dass mir der Kopf schwirrt. Ich kann deine Abneigung da also bestens nachvollziehen! 😄

    Liebe Grüße,
    Gabriela

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