Für Gourmets: 5 Sterne

Emanuel Bergmann: Der Trick

thumb_IMG_9177_1024.jpg„Wahre Zauberkunst ist das Spektakel, die Illusion, die Unterhaltung“
„Wir sind hier beim Zirkus. Wir sind alle gleich. Im Theater ist jeder ein Edelmann Wir sind Künstler, und es gibt nichts Edleres als die Kunst.“ Das kommt dem 15-jährigen Mosche Goldenhirsch sehr entgegen, denn er ist Jude, in einer Zeit, in der es nicht gut ist, Jude zu sein. Wir schreiben das Jahr 1934, und Mosche ist seinem Vater weggelaufen, um sich dem Zirkus des Halbmondmanns anzuschließen. Er verliebt sich unsterblich in Julia, die Assistentin des Halbmondmanns, und bei den beiden lernt er alles, was er über die Kunst der Illusion und der Täuschung zu wissen gibt. Doch die Schergen der Nazis lassen sich nicht für immer austricksen. Viele Jahrzehnte später, im Jahr 2007, hat in Los Angeles der zehnjährige Max Cohen ein Problem: Seine Eltern lassen sich scheiden, und er muss das verhindern. Deshalb klettert er aus dem Fenster, um den großen Zauberer Zabbatini zu finden, der seine Familie retten soll. Doch der alte Mann hat darauf überhaupt keinen Bock …

Ein Wunderwerk ist Der Trick von Emanuel Bergmann, ein Zauberding, ein Buch voll doppelter Böden und Überraschungen. Der deutsche Autor, der jahrelang für Filmproduktionen in LA sowie für deutsche Verlage tätig war, hat eine wunderbare Geschichte mit Tiefgang geschrieben, die sich trotzdem leicht liest. Zwei Handlungsstränge gibt es, einen vergangenen und einen gegenwärtigen, sowie zwei Buben, deren Leben verschiedener nicht sein könnte: Der eine ist ein Jude in höchster Gefahr, der andere ein verwöhntes Einzelkind. Als einer von beiden ein alter Mann ist, treffen sie aufeinander. Ein Kauz ist dieser alte Mann, kratzbürstig, egoistisch und versoffen. Schüchtern und ratlos ist dagegen der kleine Junge, der unbedingt einen Liebeszauber braucht, damit sein Vater wieder zurückkommt.

Nichts an diesem Buch ist banal, im Gegenteil: Es ist vielschichtig und originell, raffiniert und gewitzt. Gefühle aus der Vergangenheit wirbeln auf wie Ascheflocken, aber von sentimentalem Kitsch ist Emanuel Bergmann meilenweit entfernt. Das macht seinen Roman so großartig: Er gesteht seinen Figuren Grant, Missgunst und Angst zu, er lässt sie authentisch sein, überfordert, unfreundlich, menschlich. Es ist die Definition von Galgen- bzw. Schwarzem Humor, dem Tod ins Gesicht zu lachen. All das Grauen, all der Schrecken der Judenverfolgung im Deutschen Reich sind in diesem Buch enthalten – und trotzdem vermittelt es eine Art gelöste Heiterkeit. Das ist perfekt austariert, ausgezeichnet geschrieben, nie unsensibel, sondern stets unterhaltsam auf hohem Niveau. Ein Buch wie ein verblüffend guter Zaubertrick.

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Der Trick von Emanuel Bergmann ist erschienen im Diogenes Verlag (ISBN
978-3-257-06955-6, 400 Seiten, 22 Euro).

 

13 Comments to “Emanuel Bergmann: Der Trick”

        1. Mariki Author

          Meinst du damit 13? Ich hab ehrlich gesagt wenig Erfahrung mit Jugendbüchern bzw. Büchern für Jugendliche, aber ich denke schon… Sie könnte ja vielleicht reinlesen und schauen, wie es ihr gefällt?

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  1. Kathi

    Habe es soeben fertig gelesen. Es war wirklich unterhaltsam, eine gut geschriebene Geschichte.
    Mir ist es dennoch zu kitschig, auch wenn du schreibst : “.., aber von sentimentalem Kitsch ist Emanuel Bergmann meilenweit entfernt.” – es ist für meinen Geschmack einfach ein bisschen zu dick aufgetragen 😉

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