Netter Versuch: 2 Sterne

Eine japanische Komödie in 5 Akten
“Dieser Typ war wirklich nicht reifer als ein fünfjähriges Kind.” Die Rede ist von Dr. Irabu, der als Psychiater arbeitet und seine Klienten mit ungewöhnlichen Ideen überrascht und – manchmal – von ihren Marotten heilt. Statt einem Trapezkünstler bei seinen Problemen zu helfen, schwingt er, der dicke, kleine Mann, sich selbst auf dem Trapez durchs Zirkuszelt, und mit einem verzweifelten Baseballer, der nicht mehr treffen kann, schlägt er Bälle im Garten und amüsiert sich königlich. Er hört nie zu, benimmt sich wie ein Kind, und hat eine seltsame Vorliebe für Spritzen – allerdings nur, wenn sie seinen Patienten in den Arm gejagt werden. Ab und zu sind seine Methoden erfolgreich, und dann wirken sie raffiniert, meistens scheinen sie jedoch so hilfreich zu sein wie ein Loch im Kopf.

Die seltsamen Methoden des Dr. Irabu ist ein heiteres kleines Buch mit einer verrückten und erfindungsreichen Hauptfigur, die sich nicht um Konventionen schert und ständig nur Spaß haben möchte. Mit einem seriösen Arzt hat Dr. Irabu nicht das Geringste gemeinsam. Trotzdem kommen seine Patienten wieder, sie können sich gar nicht wehren: “Dieses Sprechzimmer war wie ein Riesenrad: Wenn man einmal drinnen saß, war man ihm eine Umdrehung lang ausgeliefert.” Hideo Okuda bietet mit diesem Roman, der aus fünf Geschichten mit jeweils einem neuen Klienten besteht, intelligente Unterhaltung, angereichert mit viel Humor, originellen Einfällen und typisch japanischer Zurückhaltung. Wer sich ein paar unbeschwerte Lesestunden wünscht, ist mit Dr. Irabu bestens bedient, zu viel Gehalt oder Tiefgang darf man sich jedoch nicht erwarten. Die Lektüre hinterlässt zarte Schmunzelfalten und den Gedanken, sich doch öfter mal wieder zu verhalten wie ein Lausbub – dann ist das Leben einfach lustiger.

Netter Versuch: 2 Sterne

“Ich glaube, ich bin eine Biene, die durch den Supermarktgarten fliegt”
Ein Mann geht einkaufen im Supermarkt. Und da ereignet sich etwas, das man vielleicht bemerkenswert nennen könnte: Er wählt vier Äpfel aus, die zusammen genau 1000 Gramm wiegen. Deshalb erwacht in ihm die Hoffnung, dieser Tag möge ein besonderer sein. Das täte ihm gut, geschieht doch sonst herzlich wenig in seinem Leben, seit L. ihn verlassen hat. Und wie er so durch den Supermarkt spaziert, sich seine Gedanken macht über die Farbe von Strumpfhosen, über Werbung und bunte Verpackungen und über die Möglichkeit, selbst verwurstet zu werden, wird er ganz philosophisch, verliert sich in Überlegungen: “Und der Tod, so kommt’s mir vor, schiebt seinen Einkaufswagen neben mir. Und legt die Leben, die er nimmt, hinein. Und an der Kasse muß er nicht bezahlen.”

Vier Äpfel ist ein Roman auf Sparflamme: Nicht nur wegen der gerade mal 158 luftig gesetzten Seiten, sondern vor allem inhaltlich. Ein Mann geht einkaufen und – na ja, und nichts. Viel braucht er nicht, lebt er doch allein, seit L. weg ist, an die er noch voll Wehmut denkt: “Nur L. war perfekt, an ihr hat mich gar nichts gestört, aber das ist eine Lüge der Erinnerung.” Leider erzählt er dem Leser aber viel zu wenig von L., als dass man einen Einblick in diese zu Ende gegangene Beziehung gewinnen könnte. L. bleibt eine Schattenfigur, der keine tragende Rolle mehr zukommt. Worüber also kann man sich während des Einkaufens den Kopf zerbrechen? Über die guten alten Zeiten, in denen Oma noch selbst ihr Obst erntete und einkochte, über Single-Shopping mit Flirtmöglichkeit, über Preisaktionen. In Fußnoten bringt David Wagner durchaus interessantes Allgemeinwissen unter die Leser, beispielsweise über den Erfinder der Fischstäbchen oder des Drehkreuzes. Mir persönlich ist das aber alles zu wenig für ein lesenswertes Buch, Vier Äpfel ist mehr eine Momentaufnahme, das Festhalten eines Einkaufs zur heutigen Zeit. Das ist recht nett, aber nicht mehr, hat keine Tiefe und – so viel nehme ich vorweg – erfüllt die Hoffnung nicht: Die Frage, ob das Gewicht der vier Äpfel etwas Besonderes auslöst, lautet leider Nein.