Gut und sättigend: 3 Sterne

Dinaw Mengestu: Unsere Namen

Mengestu„Isaac und ich wurden Freunde wie zwei streunende Hunde“
„Was Isaac und ich nie hatten, war ein richtig guter Anfang für unsere Beziehung. Uns entgingen die traditionellen Rituale des Liebeswerbens und die angespannten gemeinsamen Restaurantbesuche, anhand derer die meisten Paare rückblickend die Distanz abmessen, die sie vom ersten Kennenlernen zum Schlafzimmer zurückgelegt haben.“ Den ersten Kuss drückt Isaac Helen auf die Lippen, da ist er kaum zwei Wochen in der amerikanischen Stadt im Mittleren Westen. Sie ist Sozialarbeiterin und soll sich um den jungen Afrikaner kümmern. Seine Akte gibt nichts über ihn preis, und obwohl er uns Helen sich bald täglich sehen, erzählt er ihr nichts von seiner Vergangenheit. Warum ist er aus Uganda geflüchtet? Welche Rolle hat er bei den Aufständen an der Universität von Kampala gespielt? Wer ist dieser Mann? Helen, die sehr zurückgezogen bei ihrer Mutter lebt, geht mit Isaac ins Bett, zieht sogar vorübergehend in seine Wohnung – und kommt ihm doch kein Stück näher. Bis er ihr am Ende die Wahrheit sagt.

Dinaw Mengestu wurde in Addis Abeba geboren und wuchs in den USA auf. Dies ist sein dritter Roman, für die beiden Vorgänger wurde er mit Preisen bedacht. Er schreibt stets über die Schwierigkeiten seines Geburtslandes, über Menschen, die versuchen, Afrika zu verändern, und über Menschen, die aus Afrika fliehen. Auch in Unsere Namen geht es um die Rücksichtslosigkeit einer Diktatur, um Polizeiwillkür und Tod. Zwei Ich-Erzähler hat das Buch: die amerikanische Sozialarbeiterin Helen, die sich in den geflohenen Afrikaner Isaac verknallt, und einen Isaac, der noch in Afrika ist, eine Zeitebene früher – der aber nicht mit dem zuvor genannten Isaac übereinstimmt. Klingt verwirrend? Das ist es auch, und ich finde es eine Zeitlang sehr anstrengend, nicht zu verstehen, wer wer ist und was da vor sich geht. Letztlich ist das Identitätsspiel – als es am Ende aufgelöst wird – gar nicht so kompliziert und schwer zu durchschauen. Doch an den Kapiteln, in denen der Ich-Erzähler ständig einen anderen Mann mit Isaac anspricht, verzweifle ich regelmäßig.

Unsere Namen hat ebenso kraftvolle wie nichtssagende Stellen. Es handelt von dem Zustand der Ratlosigkeit zweier Liebender, die sich voneinander angezogen fühlen, sich aber nicht kennen, und vom Mut eines Afrikaners, der etwas bewegen und verbessern will – auch wenn er dafür sein Leben lassen muss. Beide Ich-Erzähler sind reichlich lethargische Figuren, die nie aus eigenem Antrieb handeln, was dem Roman jeglichen Drive nimmt. Allerdings muss man sagen, dass ohnehin wenig Handlung vorhanden ist: Dies ist ein Buch der Begegnungen und der Möglichkeiten, die es vielleicht hätte geben können. Ich habe vor einigen Jahren bereits Die Melodie der Luft von Dinaw Mengestu gelesen, und das mochte ich so halb – ein bisschen schon, ein bisschen nicht. Mit seinem dritten Buch geht es mir ganz genauso: Während es viele schöne Sätze, kluge Gedanken und gehaltvolle Passagen hat, fadisiere ich mich zwischendurch wegen der Belanglosigkeiten so sehr, dass ich Seiten überspringe. Ich mag euch nicht von diesem Buch abraten, es euch aber auch nicht ans Herz legen. Mengestu und ich finden einfach nicht zueinander – aber vielleicht gelingt es euch ja.

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Unsere Namen von Dinaw Mengestu ist erschienen bei Kein & Aber (ISBN 978-3-0369-5702-9, 336 Seiten, 23,50 Euro).

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