Prost Mahlzeit: 1 Stern, Snacks für zwischendurch

BowmanSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?

Die mitwirkenden Personen:
Ein Teamleiter, der sich vor allem durch Naivität auszeichnet
Ein Bergführer, der sich ununterbrochen verirrt
Ein Arzt, der ständig krank ist
Ein Dolmetscher, der nur diskutiert und blutige Aufstände auslöst
3000 Yogistani Träger

Der Ort:
Rum Doodle, mit 40.000 ½ Fuß der höchste Berg der Welt

Die Mission:
Auf den Gipfel zu kommen

Hat’s gemundet?
Absolutely not! Bowmans Roman ist eine „Bergsteigersatire aus den 50er-Jahren“, die 2013 neu entdeckt und als „das lustigste Buch, das Sie je gelesen haben“ angepriesen wurde. Well. It’s not. Wir wissen ja alle, wie heikel das ist mit dem Humor – und Klamauk entspricht nicht meinem Stil. Ich finde alles, was in diesem Roman schiefgeht, einfach nur überzogen und dumm. Statt 3000 Trägern (die gebraucht werden, weil jeder für einen anderen etwas zu essen tragen muss) kommen wegen eines Kommunikationsfehlers des Dolmetschers 30.000, als ein Teammitglied in einer Gletscherspalte festsitzt, wird ein weiteres hinuntergeschickt – dann sitzen beide fest und verlangen nach Champagner, das geht so lange, bis mehrere sturzbetrunkene Männer unten singen. Ja. Witzig? Nein. Erinnert ihr euch an Filme wie „Die nackte Kanone“? Die fand ich immer schon sehr, sehr schlimm. Weil Dinge geschehen, die unrealistisch und clownesk sind. Damit ich lache, muss die Ironie mich beißen, und der Sarkasmus muss mir in den Hintern treten. Beides ist hier nicht der Fall. Viele Rezensenten schreiben, sie hätten sich totgelacht. Ich hab mich totgelangweilt.

Wer soll’s lesen?
Wer klamaukige Parodien mag.

Gut und sättigend: 3 Sterne

MüllerNobelpreisliteratur

Herta Müller, rumäniendeutsche Autorin aus dem Banat, hat 2009 den Nobelpreis für Literatur erhalten. Der Fuchs war damals schon der Jäger ist erstmals 1992 erschienen und handelt von der jungen Lehrerin Adina, die in den letzten Tagen des Ceauşescu-Regimes ins Visier des Geheimdienstes. Ihre beste Freundin Clara bandelt mit einem Geheimdienstler an und versucht, Adina zu schützen, setzt dadurch aber die Freundschaft aufs Spiel. Mit ihrem Exfreund, dem Musiker Paul, flüchtet Adina, die stets sehnsüchtig auf Briefe des Soldaten Ilja wartet, aufs Land, wo sie den Sturz des Diktators erleben.

Herta Müller verfügt über eine glänzende, starke, machtvolle Sprache, über die sie mit einer Leichtigkeit verfügt, die mich erstaunt. Sie lässt die Worte tanzen, springen und Drohgebärden machen, und die Worte fügen sich ihr folgsam. Ich dagegen hechte manchmal etwas atemlos hinterher, stolpere und muss Sätze zwei Mal lesen, während andere sich um meinen Hals schmiegen wie eine Kette aus Gold. Viele Metaphern reihen sich aneinander und schwingen unheilvoll, ein Fuchspelz etwa steht für die ständige Gefahr. Dieses Buch ist das Abbild einer Zeit, es bringt Bedrohung, Unsicherheit und Unfreiheit zum Ausdruck, es ist ein sprachlich faszinierendes Wunderwerk, das sich gegen das Lesen sperrt und sein ganz eigenes Lied singt. Wie sich das anhört? So:

„Das Licht der Taschenlampe reicht nicht zum Sehen, es reicht nur zur Gewißheit, daß die Nacht nicht den ganzen Rücken fressen kann, nur den halben.“

„Vor dem Eingang des Wohnblocks spinnen Rosen ein löchriges Dach, ein Sieb aus dreckigen Blättern und dreckigen Sternen.“

„Die Pelzmäntel sind aus weißem Lamm. Nur einer ist grün, als hätte sich, nachdem der Mantel genäht war, die Weide durchgebissen.“

„Denn das Unglück ist nackt, immer kahl, wie später und draußen das Winterholz sein wird. Muß das nackte Leben abhalten vom Auge. Muß das nackte Reden abhalten vom Mund, bevor ein Gedanke im Kopf ist. Muß schweigen und klagt nicht.“

„Man müßte immer schlafen, dann spürt man nichts, sagt der Vater zum Kind.“

„So stehen die Tage, wie Gänse in Adinas Kopf, aneinandergedrängt ohne Dorf, versteckt wie ein Rückgrat und endlos lang.“

„Seine Flüche sind kalt, seine Flüche sind nicht zum Essen, nicht zum Schlafen. Zum Herumirren und Frieren sind sie, steigen zwischen Maisstengeln hinauf und würgen sich. Zum Wirbeln und flachen Hinlegen sind seine Flüche, zum kurzen Toben und langen Stillhalten. Wenn Flüche gebrochen sind, hat es sie nie gegeben.“

Für Gourmets: 5 Sterne

MichaelsDer Schrecken der Welt in einem Buch

Als das Vertreiben, Verscharren, Verheizen der Juden beginnt, kann einer, ein kleiner Junge namens Jakob, sich retten, indem er sich eingräbt in die Erde. Der Grieche Athos nimmt ihn mit nach Zakynthos, gibt ihm eine Heimat, rettet ihn, bietet ihm eine Zukunft. Jakob ist innerlich zerfetzt, er liegt in Scherben, und es wird ihm sein ganzes Leben lang nicht gelingen, sie zusammenzusetzen.

Dieses Buch hat mir körperliche Übelkeit bereitet. Es ist wie eine Rasierklinge, die man kaum berühren kann, ohne sich zu schneiden. Ich musste es manchmal sogar weglegen, weil mir all der Schmerz und all die Grausamkeit zu heftig waren. Dabei ist es nur ein Buch. Das ich weglegen kann. Das, was drinsteht, ist aber wirklich passiert. Anne Michaels findet eine sehr poetische, melodische und gleichzeitig unerträgliche Sprache für den Holocaust:

„Ich weiß, warum wir die Toten begraben, warum wir einen Stein an den Ort stellen, das schwerste, beständigste Ding, das wir kennen: weil die Toten überall sind, nur nicht in der Erde.“

„Wenn ich nicht aufsteigen kann, dann laß mich sinken, in den Boden des Waldes sinken wie ein Siegel in Wachs.“

„Die Schattenvergangenheit ist aus all dem gemacht, was nie geschehen ist. Unmerklich formt sie die Gegenwart wie Regen den Karst. Eine Biographie der Sehnsucht. Sie steuert uns wie ein Magnet, wie eine Antriebswelle des Geistes. Deshalb trifft einen ein Duft so schwer, ein Wort, ein Ort, das Foto eines Berges von Schuhen.“

„Wie alt ein Gesicht auch sein mag, im Augenblick des Todes machen es die unaufgebrauchten Gefühle eines ganzen Lebens wieder jung.“

„Wer nur für eine Minute Macht hat, begeht ein Verbrechen.“

„Sollte das Blut deine Erinnerung verfinstern, vergiß uns nicht.“

„Es ist die Sehnsucht, die das Meer bewegt.“

„In meinem Kopf hörte ich ihre Schreie und stellte mir in den Wellen ihre glänzende, beinahe menschliche Haut vor, ihre vom Salzwasser durchtränkten Haare.“

„Glück ist wild und willkürlich.“

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

EngDie Erinnerung als Schmerz

Richterin Yun Ling ist die einzige Überlebende eines Konzentrationslagers, das die Japaner in Malaysia errichtet haben. In jungen Jahren hat sie dort ihre Schwester verloren und ist nie darüber hinweggekommen. Nun ist sie alt, hat den Beruf an den Nagel gehängt und ist zurückgekehrt in ein Haus, in dem sie einmal kurz gelebt hat: das Haus des Japaners Aritomo, Gärtner des japanischen Kaisers. Sein Garten ist ein Meisterwerk, große Kunst, und Yun Ling hat mit ihm daran gearbeitet. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit, um zu tun, was sie noch tun muss – endlich Abschied nehmen. Und dafür sorgen, dass Aritomos Kunst der Nachwelt erhalten bleibt.

The garden of evening mists ist ein undurchdringliches, melancholisches Buch, dessen Story ich nur undeutlich wie durch einen Nebelschleier sehe. Ich weiß nichts über die Geschichte Malaysias, die Gräueltaten der Japaner, die verschiedenen Kolonialherren, eine Bildungslücke tut sich auf. Die Fremdheit beherrscht für mich das ganze Leseerlebnis. Spannend fand ich den Konflikt der Protagonistin, die sich nach den schrecklichen Erfahrungen mit den japanischen Besatzern in einen Japaner verliebt – dessen Geheimnis sie nicht ergründen kann. Dieser Roman ist schön und merkwürdig zugleich, nicht spektakulär, sehr ruhig, wie ein seltsam unklarer Traum. Und damit ihr spüren könnt, was ich meine, soll er selbst sprechen:

„I weighed the envelope on my palm. ‘I thought it would be heavier.’
‘How much words do you need to tell your son you love him?’ he replied.”

“The garden has to reach inside you. It should change your heart, sadden it, uplift it. It has to make you appreciate the impermanence of everything in life. That point in time just as the last leaf is about to drop, as the remaining petal is about to fall, that moment captures everything beautiful and sorrowful about life. Mono no aware, the Japanese call it.”

“I borrow moonlight for this journey of a million miles.”

“A garden borrows from the earth, the sky, and everything around it, but you borrow from time.”

“’The goddess of Memory, I said. Who’s the other woman?’
‘Her twin sister, of course. The goddess of Forgetting.’
‘I don’t recall there’s a goddess for that.’
‘Ah, but doesn’t the fact of your not recalling prove her existence?’

“Everywhere I turn, I hear echoes of sounds made long ago.”

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne, Snacks für zwischendurch

TruebaSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um die 16-jährige Sylvia, die sich zum ersten Mal verliebt, und zwar in einen jungen Fußballstar aus Argentinien, der leider nicht lang in Madrid bleibt. Abschied nehmen muss auch Sylvias Großvater Leandro, denn seine Frau liegt im Sterben. Ablenkung findet er im Bordell, bei einer jungen, dunkelhäutigen Hure, die sich vor seinem Altmännerkörper ekelt, der er aber dennoch all seine Ersparnisse in den Rachen wirft. Sein Sohn Lorenzo, Sylvias Vater, bei dem sie nach dem Weggang der Mutter lebt, hat ebenfalls finanzielle Probleme: Nach der Pleite des Unternehmens, das er mit Geschäftspartner Pablo führte, bleiben ihm nur Gelegenheitsjobs. Also bringt er in seiner Verzweiflung Pablo einfach um.

Hat’s gemundet?
Jup. Ich hab wegen des Titels und des Covers zu dem Buch gegriffen, von dem ich nie zuvor gehört hatte, und hab den ersten Absatz gelesen – da war ich sofort angetan.
imageDas hat sich zum Glück bis zum Ende aufrechtgehalten. Der Klappentext verwendet die Adjektive „komisch, tieftraurig und anrührend“, was ich absolut bestätigen kann. Ein feines, unterhaltsames, nettes, aber niveauvolles Buch über kleine Fehler und große Geheimnisse. Bis auf die Ähnlichkeit der Namen Leandro und Lorenzo, die ich während der Lektüre dauernd verwechsle, habe ich nichts daran auszusetzen. Sehr gut gemacht, lesenswert!

Wer soll’s lesen?
Freunde von feinsinniger, nicht zu schwerer Unterhaltungsliteratur.

Gut und sättigend: 3 Sterne, Snacks für zwischendurch

sand-cover-180xVarSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um einen Mann, der 1972 mit eingeschlagenem Schädel in einer Schnapsbrennerei in der Sahara erwacht und fortan versucht, herauszufinden, wer er ist. Ein Spion? Hat er getötet? Sind seine Frau und sein Kind tatsächlich in der Hand von Verbrechern, die ihn erpressen wollen – hat er überhaupt Frau und Kind? Was hat das alles mit vier Toten in einer Hippie-Kommune zu tun, und verkauft die geheimnisvolle blonde Helen aus Amerika wirklich Schminke? Er ist ratlos und weiß nicht, wer Freund oder Feind ist, und am Ende erlebt er die grausamste Überraschung des Schicksals überhaupt – so radikal und ironisch, dass ich laut lachen musste.

Hat’s gemundet?
Ehrlich gesagt – ich weiß es nicht. Viele Teile des Romans finde ich spannend, gut inszeniert, sehr lebendig, andere verlaufen im Sand, und ich langweile mich ein bisschen. Deshalb stehe ich diesem hochgelobten Werk des inzwischen verstorbenen Autors zwiespältig gegenüber. Ich verirre mich in den Beschreibungen der vielen Figuren und kann in manchen Dialogen keinen Antrieb erkennen, der den Roman weiterbringen würde. Ich laufe im Sand im Kreis – und genau das ist, ich verstehe es ja, Sinn der Sache. Mir zu zeigen, wie zermarternd, wie grausam und rücksichtslos das Leben ist. Diese Botschaft transportiert Wolfgang Herrndorf meisterhaft. Er beweist auf spielerische Art, wie sinnlos jegliche Anstrengung letztlich ist. Bamm! Ein Wahnsinn von einem Buch.

Wer soll’s lesen?
Wer gern Agententhriller mit Hirn liest oder wissen möchte, was hinter dem Hype steckt.

Gut und sättigend: 3 Sterne, Snacks für zwischendurch

LagunaSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um Heather, die wie eine Gefangene im Haus ihrer streng religiösen Eltern lebt. Sie hat noch nie ein anderes Kind gesehen, besitzt keine Spielsachen oder Bücher, ihre Eltern berühren sie nur, um sie zu bestrafen. Doch Kochlöffel, Stift und Türknauf sprechen zu Heather, flüstern ihr zu, nach draußen zu gehen, und für kurze Zeit darf Heather sogar die Schule besuchen. Dann gewinnt der Wahnsinn ihrer Eltern erneut die Oberhand, und um sich dagegen zu wehren, muss Heather erst wachsen, mutig werden, ihre Verzweiflung in Wut umwandeln.

Hat’s gemundet?
Nun ja. Dieses Buch zu lesen, ist, wie auf Holz zu kauen. Hart. Und voller Splitter. Heathers Leben ist ein Alptraum, so voller Einsamkeit, Verwirrung und Sehnsucht, dass meine ganze Haut vor Mitleid brennt. Eine Mutter, die das Kind ans Kreuz hängt, ein Vater, der sich nachts auf das Kind drauflegt, andere Kinder, die es ausgrenzen – all das ist schon allein in der Fantasie schwer zu ertragen. Das einzig „Schöne“ an diesem Buch sind die kraftvollen Sprachbilder, die die Geschichte noch intensiver machen. Mir ist es teilweise einfach zu irre und zu anstrengend, aber ich ziehe den Hut vor Sophie Lagunas schmerzhaftem Kraftakt.

Wer soll’s lesen?

Wer starke Nerven hat.

Entdeckt habe ich das Buch vor einiger Zeit bei Flattersatz.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne, Snacks für zwischendurch

WalkerSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
„There was no footage to show on television, no burning buildings or broken bridges, no twisted metal or scorched earth, no houses sliding off slabs. No one was wounded. No one was dead. It was, at the beginning, a quite invisible catastrophe.” Und diese unsichtbare Katastrophe besteht darin, dass die Erde sich langsamer um sich selbst dreht, sie verliert an Geschwindigkeit. Tage und Nächte werden länger, sehr viel länger, Pflanzen und Tiere sterben, die Menschen versuchen, mit dem neuen Rhythmus zurechtzukommen. Für die elfjährige Hanna hängt mit der globalen Krise eine tiefgehende Umwälzung in ihrem unmittelbaren Umfeld zusammen: Sie verliert ihre beste Freundin, ihr Vater hat eine Geliebte, und sie verliebt sich zum ersten Mal. Und die ganze Zeit über weiß niemand, was geschehen wird – mit dem Planeten und ihnen allen.

Hat’s gemundet?
Durchaus. Karen Thompson Walker hat sich ein sehr originelles und spannendes Szenario ausgedacht: eine Naturkatastrophe, so neu und unbeeinflussbar wie gefährlich. Welche Auswirkungen hätte es auf das uns bekannte Leben, würde die Drehgeschwindigkeit der Erde sich verlangsamen? Die Autorin gibt der elfjährigen Ich-Erzählerin eine solide, gar nicht naive Stimme, die älter wirkt und der ich gern lausche. Ihr ist eine ausgewogene Mischung aus weltweiter Endzeitstimmung und zerbrochenem Glück im Privaten gelungen. Etwas schade finde ich, dass der Roman am Ende ein wenig versickert. Insgesamt jedoch ein lohnendes Buch.

Wer soll’s lesen?
Freunde von klugen Ausgangsideen und kindlichen Protagonisten.

Prost Mahlzeit: 1 Stern, Snacks für zwischendurch

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Worum geht’s?
Hiro Tanaka aus Japan wagt den Sprung nach Amerika – und zwar von einem Schiff aus ins eisige Meer. Er schwimmt um sein Leben und kann sich schließlich auf Tupelo Island an Land retten. Dumm nur, dass er von dieser Insel nicht mehr runterkommt. Außerdem wirder von der aufstrebenden Schriftstellerin Ruth Dershowitz, die in der dort ansässigen Künstlerkolonie wohnt, und ihrem Freund Saxby gesehen, woraufhin eine wahre Hetzjagd auf den fast verhungerten Japaner beginnt. Ruth, die an einer Schreibblockade leidet und krank ist vor Eifersucht auf ihre weitaus bessere Autorenkollegin, rettet Hiro, indem sie ihm Unterschlupf gewährt und ihn mit Essen versorgt. Damit handelt sie sich selbst jedoch eine Menge Probleme ein.

Hat’s gemundet?
Nein! Überhaupt nicht. Ich habe das Buch von einer Freundin bekommen, deren Lieblingsautor T. C. Boyle ist. Und ich verstehe nicht, warum. Ich war gespannt auf mein erstes Buch von diesem ja doch sehr gerühmten Autor, wollte es aber schon nach einer Weile entrüstet an die Wand knallen: als die Rede war von einer „Epiphanie der Magensäfte“ statt von ordinärem Hunger. T. C. Boyle hat einen für mich unerträglich überkandidelten, dramatischen, theatralischen Stil, und all das Gerede von „Negern“ und den eitlen Künstlern ging mir extrem auf den Sack. Jede Figur im Buch nimmt sich über die Maßen wichtig, alle beweihräuchern sich selbst, die Dialoge sind inhaltsleer und überzogen. Was das Buch mir sagen will, bleibt mir auch ein Rätsel. Dass die Menschen in den Südstaaten primitiv sind? Dass sie Jagd auf Andersartige machen? Dass man es geschafft hat, wenn man in Künstlerkreisen verkehrt und zur Cocktailstunde geladen wird? Ich sage nur: laaangweilig.

Wer soll’s lesen?
Wenn’s nach mir ginge, niemand.

Netter Versuch: 2 Sterne, Snacks für zwischendurch

LewyckaSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Georgie Sinclair hat zwei (fast) erwachsene Kinder und eine halbwegs glückliche Ehe, die jedoch über einem Streit beim Frühstück zerbricht: Ihr Mann Rip zieht aus. Fortan vertreibt Georgie sich die Zeit neben ihrer Arbeit an einem Journal über Klebstoff mit halbherzigen Versuchen, einen Liebesroman zu schreiben, und sie lernt die schillernde Mrs. Shapiro kennen, die in einer verfallenen Villa mit einem Haufen Katzen lebt. Sie ist alt und ziemlich verwahrlost, aber Georgie interessiert sich für die abstruse Geschichte, die Mrs. Shapiro ihr erzählt – von ihrer großen Liebe, einem jüdischen Musiker, und einer glanzvollen Vergangenheit, von der nichts übrig ist. Georgie dämmert allerdings allmählich, dass an Mrs. Shapiros Erzählungen einiges nicht stimmt. Dennoch hilft sie ihr, als die alte Frau nach einem Sturz in soziale Obhut kommen soll – und versucht, den windigen Immobilienmaklern, die sich um die Villa reißen, das Handwerk zu legen, das Haus mithilfe diverser Chaoten zu renovieren, hinter das Geheimnis ihres Sohnes zu kommen und nebenbei noch ihren Mann zurückzugewinnen.

Hat’s gemundet?
Oooch. Passt schon. Marina Lewycka ist vor vielen Jahren berühmt geworden mit ihrer Geschichte des Traktors auf Ukrainisch, das ich damals ganz amüsant fand. Das Leben kleben habe ich gratis aus einer Bücherkiste gefischt, hätte es aber ohne mein Projekt, den gesamten alten SuB zu vernichten, wohl nie gelesen. Was es kann? Ein bisschen Spaß machen. Die Story ist nett und einfach und einigermaßen lustig, wobei die Witze manchmal doch ein wenig an Niveau zu wünschen übrig lassen. Mit dem Versuch, den Konflikt im Nahen Osten einzubauen, hat sich die Autorin in meinen Augen keinen Gefallen getan, solche Themen sind sehr heikel in einem Buch, das nur unterhalten will. Generell war mir der Roman ein wenig zu überladen mit Figuren und Klamauk, aber er lässt sich ratzfatz weglesen, wenn man Lust auf was Seichtes hat.

Wer soll’s lesen?
Fans von typischen Frauenbüchern.