Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

ChristopherEin wundervolles Buch über Suchen und Finden
Eins der besten Weihnachtsgeschenke 2008: dieses Buch. Meine Erwartungen waren recht hoch, da eine Freundin – selbst bekennender Bücherwurm und mit einer feinen Nase ausgestattet – es mir geschickt hat. Und sie sind – zu ihrem Glück und meiner Zufriedenheit – nicht enttäuscht worden. Der Beginn ist ein guter Cliffhanger: Ein kleiner Junge wird entführt, seine Adoptivtante bleibt ratlos und verzweifelt zurück, seine Spur verliert sich im Nichts.

Nicholas Christopher beschreibt die Ereignisse der folgenden Jahre aus der Perspektive des Jungen – Loren alias Enzo – und der Adoptivtante – Alma alias Mala. Während Alma sich selbst in den Wirren des Vietnamkriegs verliert und darum kämpft, über die Verluste, die sie im Leben erleiden muss, hinwegzukommen, genießt Loren sein neues Leben in einem aufregenden und bunten Hotel, in dem die exzentrischsten Gäste ein- und ausgehen. Dass die beiden einander je wiederfinden werden, scheint völlig unmöglich.

Sehr schön und gut gelungen sind die feinen Verbindungen, die zwischen den Leben der beiden Protagonisten – die so unvermittelt voneinander getrennt wurden – entstehen. Zwar sind die Zufälle teilweise recht groß, aber noch glaubhaft. Die gute Allgemeinbildung des Autors wird in vielen interessanten Details sichtbar: vor allem, wenn es um die Sterne geht. Sie sind die treibenden Kräfte, sie sind der glitzernde, geheimnisvolle Hintergrund dieser wirklich lesenswerten Geschichte.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

ClevengerEin kleiner Gangster schwindelt sich durch
Dieses Buch erzählt von einem, der sich verändert: ständig und konsequent. John ist schon lange nicht mehr John – im Moment ist er Daniel und wacht nach einer Überdosis Schmerzmittel im Krankenhaus auf. Weil Verdacht auf versuchten Selbstmord besteht, muss Daniel erst einen Gutachter von seiner psychischen Gesundheit überzeugen, um die Klinik verlassen zu dürfen. Für ihn heißt es: Einweisung oder Freiheit. Während er dem Gutachter gegenübersitzt, ihn beobachtet, ihn auszutricksen versucht, erzählt er rückblickend seine Geschichte: Seit seiner Jugend ist er auf der Flucht, als genialer Fälscher schafft er sich ständig eine neue Identität, stellt Urkunden, Dokumente, Führerscheine, Geburtsurkunden aus. Und gerät in Kontakt mit den falschen Leuten.

Craig Clevenger hat einen sehr jungen, hastigen Erzählstil, der gut zum Inhalt passt. Ihm gelingt aber die Balance, nicht ins Trashige abzurutschen, mit einigen brillianten Sätzen reißt er sich heraus. Sein Protagonist ist ein schwieriger Charakter, ein Ausreißer, ein Täuscher – und im Innersten zutiefst verletzlich, gequält von unerträglichen Migräneattacken, der Gottespein. Sehr originell sind die Tipps, die er dem Leser direkt gibt und die ihm dabei helfen sollen, sich selbst den Arsch zu retten, sollte er sich einmal nach einer Überdosis vor einem Gutachter wiederfinden. Schön wäre es gewesen, wenn der Aufbau Verlag eine bessere Korrektorin hätte drüberlesen lassen. Ansonsten aber: eine überzeugende, rasante Geschichte mit einem sehr stimmigen Ende.

eses Buch erzählt von einem, der sich verändert: ständig und konsequent. John ist schon lange nicht mehr John – im Moment ist er Daniel und wacht nach einer Überdosis Schmerzmittel im Krankenhaus auf. Weil Verdacht auf versuchten Selbstmord besteht, muss Daniel erst einen Gutachter von seiner psychischen Gesundheit überzeugen, um die Klinik verlassen zu dürfen. Für ihn heißt es: Einweisung oder Freiheit. Während er dem Gutachter gegenübersitzt, ihn beobachtet, ihn auszutricksen versucht, erzählt er rückblickend seine Geschichte: Seit seiner Jugend ist er auf der Flucht, als genialer Fälscher schafft er sich ständig eine neue Identität, stellt Urkunden, Dokumente, Führerscheine, Geburtsurkunden aus. Und gerät in Kontakt mit den falschen Leuten.

Craig Clevenger hat einen sehr jungen, hastigen Erzählstil, der gut zum Inhalt passt. Ihm gelingt aber die Balance, nicht ins Trashige abzurutschen, mit einigen brillianten Sätzen reißt er sich heraus. Sein Protagonist ist ein schwieriger Charakter, ein Ausreißer, ein Täuscher – und im Innersten zutiefst verletzlich, gequält von unerträglichen Migräneattacken, der Gottespein. Sehr originell sind die Tipps, die er dem Leser direkt gibt und die ihm dabei helfen sollen, sich selbst den Arsch zu retten, sollte er sich einmal nach einer Überdosis vor einem Gutachter wiederfinden. Schön wäre es gewesen, wenn der Aufbau Verlag eine bessere Korrektorin hätte drüberlesen lassen. Ansonsten aber: eine überzeugende, rasante Geschichte mit einem sehr stimmigen Ende.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

PinolMysteriöse Monster aus dem Meer
Das Buch stand schon länger auf meiner Amazon-Wunschliste, als ich es bei Jokers auf dem Remittenden-Tisch erwischt habe: Und der Kauf hat sich gelohnt. Ich bin kein Fan (mehr) von Fantasy, Abenteuer, Action, aber Pinol vereint zwei Faktoren auf ganz ungewöhnliche Weise: surreale Ereignisse und Sprachgewalt. Er ist ein guter Erzähler, er kann schreiben, er bietet schöne, klare Einblicke in das Innenleben des Protagonisten – während dieser praktisch einen Horrofilm durchlebt. Er findet sich auf einer winzigen, von der Welt komplett abgeschnittenen Insel, auf der er für ein Jahr im Leuchtturm wohnen und das Wetter beobachten soll. Doch schon in der ersten Nacht wird er von monsterartigen, menschenähnlichen Kreaturen angegriffen, die ihn fressen wollen.

Ich stürze mich hinein in dieses Buch, das so beklemmend gut geschrieben ist – und eine so aberwitzige Geschichte erzählt. Während mir manchmal vorkommt, dass einfach alles schon da war, ist diese Art von Schreibstil neu für mich – und ich finde sie daher umso besser. Gemeinsam mit dem vorherigen Leuchtturmwärter kämpft der Hauptdarsteller Nacht für Nacht gegen die Monster – und fragt sich dabei immer mehr, ob sie ihm nicht vielleicht ähnlicher sind, als er zu Beginn gedacht hat. Was also ist menschlich, was nicht? Und wer beurteilt das? Im Rausch der Stille ist ein wunderbar wildes, originelles, spannendes Buch, sehr gelungen.

Lieblingszitat: Ich hätte nie gedacht, dass die Hölle etwas so Einfaches wie eine Uhr ohne Zeiger sein könnte.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

JonesSehr empfehlenswert im Jahr 2008:

1. Gabriel García Márquez: Hundert Jahre Einsamkeit (einfach wunderbar, sehr schräg, sehr absurd)
2. Wolfgang Zdral: Tartufo (Schwein gehabt!)
3. Pascal Mercier: Lea (kann man durchaus lesen)
4. Morten Ramsland: Hundsköpfe (genial)
5. Sara Gruen: Water for elephants (sehr gut)
6. Lloyd Jones: Mister Pip (der Überraschungshit des Jahres!)
7. Keith Donohue: The stolen child (unheimlich, spannend)
8. Steven Carroll: Die Kunst des Lokomotivführens (trotz wenig Handlung interessant!)

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

AbsurdistanVier glorreiche Punkte gingen 2007 an:

1. Nadeem Aslam: Maps for lost lovers (tragisch, traurig, toll)
2. Matt Ruff: Ich und die anderen (wunderbar wild, originell, sehr lesenswert!)
3. Kim Edwards: The memory keeper’s daughter (sehr gut geschrieben, überraschend schöne Geschichte)
4. Diane Setterfield: The thirteenth tale (spannend, gut konstruiert, empfehlenswert)
5. Nick Hornby: A long way down (besser als seine anderen)
6. Lionel Shriver: We need to talk about Kevin (Dieses Buch hat mich sehr lang beschäftigt. Unglaublich fesselnd, brutal, schonungslos. Ein Buch wie ein Albtraum!)
7. Thomas Brussig: Wie es leuchtet (ein interessanter Einblick in DDR und Mauerfall)
8. Kiran Desai: The inheritance of loss (eine tragische kleine Geschichte in Indien)
9. Gary Shteyngart: Absurdistan (herrlich abartig!)
10. Andrea Levy: Small island (ein dicker Schinken, der die Mühe aber wert ist)
11. Salman Rushdie: Shalimar the Clown (mein erstes Rushdie-Buch, hat mir sehr gut gefallen!)

Anscheinend war ich in diesem Jahr auf einem Englisch-Trip. So weit ich weiß, sind all diese Bücher aber auch auf Deutsch erhältlich!

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

ClaudelMan lese und staune:

1. Robert Wilson: A small death in Lissabon (sehr spannend, sehr lesenswert!)
2. David Guterson: Unsere liebe Frau vom Wald (schräg, beklemmend, erheiternd)
3. Ann Patchett: Bel Canto (wunderbar, wenn nur das beschissene Ende nicht wäre)
4. Fred Vargas: Fliehe weit und schnell (mein einziges Vargas-Buch, hat mir aber gut gefallen)
5. Mitch Albom: The five people you meet in heaven (klein, fein, nachdenklich)
6. Maggie O’Farrell: Seit du fort bist (traurig)
7. Malin Schwerdtfeger: Leichte Mädchen (lässt grinsen)
8. Jan Weiler: Antonio im Wunderland (die gelungene Fortsetzung von Maria, ihm schmeckt’s nicht)
9. Philippe Claudel: Die grauen Seelen (berührend, poetisch, grausam)
10. Karen Duve: Die entführte Prinzessin (sehr originell!)
11. Jonathan Lethem: The fortress of solitude (man muss sich durchwühlen, aber es zahlt sich aus)
12. Leon de Winter: Leo Kaplan (bissig, gut)
13. Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon (wunderschöne Sätze, aber an der Handlung hapert es ein bisschen)
14. A. J. Jacobs: Britannica & ich (lehrreich, abwechslungsreich, witzig)

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

MazzuccoTatatataaaa! 4 glamouröse Punkte gingen 2005 an:

1. Jan Weiler: Maria, ihm schmeckt’s nicht! (schöne Situationskomik, vor allem für so Italo-Freaks wie mich)
2. Maggie O’Farrell: My lover’s lover (melancholisch-traurig)
3. Lily Prior: La Cucina Siciliana oder Rosas Erwache (amüsant, originell)
4. Melania Mazzucco: Vita/Leben (sehr, sehr gelungen – berührend und lesenswert)
5. Andrew San Greer: The Confessions of Max Tivoli (wundervolle Geschichte, trotz Plagiat)
6. Carlo Lucarelli: L’isola dell’angelo caduto/Die Insel des gefallenen Engels (großartig!)
7. Umberto Eco: Baudolino (stellenweise zäh, aber trotzdem empfehlenswert)
8. Andrea Camilleri: La prima indagine di Montalbano (Mein erster Camilleri auf Italienisch! War ich stolz.)
9. Irina Denezka: Komm (Russenliteratur at its best)
10. Ugo Riccarelli: Il dolore perfetto/Der perfekte Schmerz (eine außergewöhnliche Familiengeschichte)
11. Dan Brown: Sakrileg (vielzitiert, vielbeschrieben, aber eins muss man ihm lassen: gut gemacht)
12. Sándor Márai: Wandlungen einer Ehe (sehr literarisch, sehr gut)
13. T. C. Boyle: Dr. Sex (ein interessanter Roman aus dem Umfeld der Kinsey-Reporte)

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

Orwell4 points gingen 2004 an:

1. Laura Joh Rowland: The Concubine’s Tattoo (Ha, damals hab ich mich noch für Japan interessiert … guter historischer Samurai-Krimi)
2. Jan Costin Wagner: Eismond (sehr traurig und melancholisch)
3. Nikola Hahn: Die Farbe von Kristall (daran kann ich mich leider beim besten Willen nicht erinnern)
4. Laura Joh Rowland: The Samurai’s Wife (äh … ja.)
5. Adeline Yen Mah: Fallende Blätter (Die Begeisterung für Asien war schon beinahe eine Obsession.)
6. Hermann Hesse: Siddharta (Es hilft nix, das muss man gelesen haben.)
7. Dennis Lehane: Mystic River (dunkel, grausam, gut)
8. George Orwell: 1984 (so herrlich beängstigend!)
9. Jeffrey Eugenides: The Virgin Suicides (nicht so gut wie Middlesex, aber auch lesenswert)
10. Laura Joh Rowland: Black Lotus (Alter Schwede, die hatte es mir offensichtlich angetan!)
11. Josie Lloyd & Emily Rees: Love Lives (ein netter Liebesschmöker für zwischendurch)
12. Minette Walters: The shape of snakes (recht spannend)
13. Alice Hoffman: Der Flusskönig (ein bisschen esoterisch-schräg, dafür originell)
14. Petra Oelker: Die englische Episode (das war, glaub ich, ein ganz guter Krimi)
15. Liza Marklund: Paradies (das auch)
16. Mark Haddon: The curious incident of the dog in the night-time (lesen!)
17. Margaret Mazzantini: Non ti muovere/Beweg dich nicht (eher verstörend, sehr eindringlich)
18. Laurie R. King: Die Farbe des Todes (schon wieder ein Krimi, auch ganz okee)

Ich merke gerade, dass ich damals noch keine so große Krimi-Wut hatte wie heute. Dass ich damals so viele Krimis gelesen habe, hat aber sehr direkt dazu beigetragen, dass ich heute kaum noch welche mag. Sobald man einmal das Schema durchschaut hat, ist es kaum noch spannend.

Gut und sättigend: 3 Sterne

PaasilinnaSchwarzer Humor aus Finnland
“Wenn ein Selbstmord missglückt, ist das nicht unbedingt die traurigste Sache der Welt. Dem Menschen gelingt nicht alles.” Mit herrlich zynischem Humor und absolut schrägen Einfällen erzählt der bekannte finnische Autor Arto Paasilinna von Onni Rellonen und Hermanni Kemppainen, die sich zufällig am selben Tag zur selben Zeit in derselben Scheune umbringen wollen. Sie beschließen, den Selbstmord noch ein Weilchen aufzuschieben – und kommen auf die glänzende Idee, sich zusammen mit vielen Gleichgesinnten das Leben zu nehmen. Also geben sie eine Annonce auf – und erhalten 600 Zuschriften von verzweifelten Finnen. Mit einem Bus brechen die Anonymen Streblichen auf zu ihrer letzten Reise …

Auf Arto Paasilinna bin ich durch eine Rezension in den Salzburger Nachrichten aufmerksam geworden, in der er als humorvoller und origineller Autor beschrieben wurde – zu Recht. Der wunderbare Massenselbstmord ist ein Buch, das köstlich amüsiert – mit makaberen Scherzen, düsteren Einsichten in die finnische Seele und abstrusen Wendungen. Überraschend dabei ist, dass die Geschichte einerseits extrem absurd, andererseits aber absolut glaubwürdig ist. Was die Selbstmörder tun und erleben, ist so verrückt, dass man einfach lachen muss. Sehr passend und gut gelungen ist zudem das Ende. Stilistisch gesehen bleibt der Autor für meinen Geschmack zu sehr auf Distanz – das ist aber bei amüsanten Büchern wohl vonnöten, um die humoristische Wirkung erzeugen zu können. Würde er sich einfinden in das Seelenleid der Lebensmüden, wäre es eben nicht mehr witzig. Und das ist es! Schwarzer Humor aus Finnland – lesen und schmunzeln.

Gut und sättigend: 3 Sterne

SJonesRasanter Roman über eine schicksalshafte Begegnung
Die junge Englischlehrerin Runa ist eine Frau, die sich nimmt, was sie will. Doch als jemand Wind von ihrer Affäre mit dem Schüler Jun bekommt und sie bedroht, beschließt Runa, aus Japan zu fliehen. Ralph dagegen, ein Englänger Mitte vierzig, sucht in Japan nach einer zweiten Frau, nachdem seine Ehe mit der Thailänderin Apple gescheitert ist. Er hat ein Faible für asiatische Frauen – sie sollen so schön gefügig sein. Das Schicksal zieht die Fäden und spielt Runa und Ralph einander in die Hände …

Was in der Inhaltsbeschreibung ein bisschen klingt wie ein vorhersehbarer Schinken mit Asien-Touch, entpuppt sich in Wahrheit als erstaunlich gut geschriebener Unterhaltungsroman mit einem so krassen Ende, dass es sogar mich überrascht. Susanna Jones kennt sich aus in Japan, das merkt man. Und es gelingt ihr auch verblüffend gut, sich in einen Mann hineinzufühlen, der von der abscheulichen Möglichkeit, eine Frau aus dem Katalog zu bestellen, Gebrauch macht oder zumindest machen will. Die Geschichte entwickelt sich nicht ganz so wie erwartet – und das ist auch gut so. Water Lily ist die spannende Erzählung einer unbekannten Autorin – das Buch ist, so weit ich weiß, nicht auf Deutsch erhältlich – mit interessanten Einblicken in japanische Gepflogenheiten und, wie man so schön sagt, menschliche Abgründe. Durchaus lesenswert!