Der Wolkenatlas beginnt mit dem Tagebuch eines Reisenden im Jahr 1850, das unvermittelt abbricht und 1931 in den Briefen des jungen Frobisher, der als Assistent eines bekannten Komponisten arbeitet, erwähnt wird. Jahre später wird die Journalistin Luisa Rey in eine wirre und gefährliche Actiongeschichte verwickelt. Der alte Cavendish landet gegen seinen Willen im Altersheim, und in der Zukunft sitzt ein Klon im Gefängnis und soll hingerichtet werden. Wie all diese Geschichten zusammenhängen? Gute Frage. Sie sind durchaus, wie der Klappentext behauptet, miteinander verwoben, allerdings nur sehr locker. Man muss schon genau hinlesen, um die Verbindungen zu erkennen. Aufgebaut ist David Michells Wolkenatlas wie eine Pyramide: Zuerst kommen alle Geschichten hintereinander, nach jener in der Mitte treten alle Protagonisten in umgekehrter Reihenfolge wieder auf, sodass das Buch mit dem Reisetagebuch von 1850 beginnt und endet.
David Mitchell vereint in diesem gewöhnungsbedürftigen Roman nicht nur verschiedene Ideen und Charaktere, sondern auch unterschiedliche Schreibstile. Das alte Tagebuch ist ausufernd und dröge, die Briefe sind gehetzt und arrogant, Luisas Geschichte wirkt wie ein alter Detektiv-Schwarz-Weiß-Film und der Bericht des Klons aus der Zukunft ist zur Gänze in Interviewform gehalten. Das finde ich durchaus originell, aber – ich gebe es zu – auch recht anstrengend. Ich habe eine ganz subjektive Abneigung gegen dieses Abgehackte, Undurchgängige, das keinen angenehmen Lesefluss zulässt. Zudem langweilen mich manche Personen im Buch, wie etwa der alte Cavendish, unendlich. Am interessantesten ist für mich die verrückte und fantasievolle Geschichte des Klons in der Mitte. Ich habe diesen Roman auf Empfehlung von jemandem gelesen, dessen Lieblingsautor David Mitchell ist. Das kann ich nach der Lektüre nicht unbedingt nachvollziehen, denn obwohl er ein wandelbarer Schriftsteller zu sein scheint, kann ich kein herausragendes Merkmal an seiner Schreibe finden. Der Wolkenatlas ist ein bisschen wie jenes Spiel, bei dem man mit dem letzten Buchstaben eines Wortes ein neues Wort bilden muss. Das macht Spaß, ist aber auch nur eine Zeitlang lustig.