Gut und sättigend: 3 Sterne

HagenaEine kleine, leichte Geschichte
Die junge Iris erbt das Haus ihrer Großmutter, das für sie mit vielen Kindheitserinnerungen verbunden ist. Während ihre Mutter und ihre Tanten nach der Beerdigung wieder abreisen, bleibt Iris allein in dem alten Haus zurück. Sie weiß noch nicht, ob sie es behalten soll, und ist auch nicht für einen längeren Aufenthalt ausgerüstet. Sie zieht die alten Kleider vom Dachboden an, geht schwimmen und denkt nach. Dabei trifft sie immer öfter Max, Anwalt und Bruder von Mira, der ehemals besten Freundin von Iris – und ihrer Cousine Rosmarie. Dass Rosmarie nicht mehr am Leben ist, weiß man als Leser von Anfang an. Doch was damals, als die Mädchen in der Pubertät waren, genau passiert ist, erfährt man natürlich erst nach und nach.

Der Geschmack von Apfelkernen ist ein netter, leichter Roman über Erinnerungen an die Kindheit, über Familientragödien, Schmerz und das Wissen, dass es mit einer neuen Generation stets wieder weitergeht. Katharina Hagena schreibt in der Ich-Form und recht detailverliebt, man erfährt immer genau, was Iris tut, denkt, anzieht, isst und fühlt. Die Protagonistin selbst ist ungelenk, hölzern und schüchtern, nicht unbedingt immer sympathisch – und sie wirkt auf mich wie ein typisch deutsches Mädchen, teilweise zu kontrolliert und penibel, dann wieder überraschend patzig. Ein wenig erzähtechnische Freiheit hat sich die Autorin bei den Rückblenden erlaubt, in denen sie von Iris’ Großeltern und Tanten berichtet – Ereignisse, von denen die Ich-Erzählerin nichts bzw. nicht so viel wissen kann.

Schön ist, dass man selbst ein bisschen in seine Kindheit zurückkehrt, während man dieses Buch liest. Zwar hätte Katharina Hagena aus den Geschichten von Iris’ Vorfahren noch durchaus mehr herausholen können, der Roman ist aber immerhin ein gut lesbares, unterhaltsames Büchlein geworden, das man schnell in einem Rutsch durch hat – das aber auch nicht großartig zum Nachdenken anregt. Vielleicht hält es sich gerade deshalb beharrlich auf den Bestsellerlisten.

Gut und sättigend: 3 Sterne

SixsmithWitze aus der Sowjetunion
Wir befinden uns im tiefsten Russland, in Vitebsk, einem “dirty boring provincial hole”, wo Zhenya Gorevich zusammen mit seiner Mutter lebt. Der Kommunismus prägt sich tief in das Alltagsleben von Zhenya ein – und beeinflusst, was er in der Schule lernt, wie er Fußball spielen soll und was er malen darf. Aus einer kindlich-naiven Sichtweise und mit köstlichem Sprachhumor erzählt Martin Sixsmith die ersten Jahre von Zhenya, der mit dem Unterschied zwischen der sowjetischen Realität und der wahren Realität so seine Probleme hat. Die ganze Geschichte ist in fehlerhaftem und dadurch sehr amüsantem Englisch geschrieben, das natürlich durchzogen ist von Akzent-Klischees. Zhenya erzählt sowjetische Witze und erklärt bekannte Schlagwörter wie Kolkhoz (“big collective agro-kombinat farm where we all live and work happily together”) mit zynischem Humor.

Als Zhenya erfährt, dass er von einem englischen Lord abstammt und es eigentlich sein Schicksal ist, nach London zu gelangen und seinen Vater zu finden, setzt er alles daran, Russland zu verlassen. Doch das ist zu Zeiten des sowjetischen Regimes nicht die leichteste Übung. Was Zhenya sich alles einfallen lässt, um nach Moskau und von dort aus nach England zu kommen, ist durchaus erheiternd. Im letzten Drittel des Buchs gibt es jedoch einen enttäuschenden Bruch: Die Geschichte wird immer abstruser und ergibt kaum noch Sinn. Der Autor verliert das Ziel, von dem er dem Leser suggeriert hat, es am Ende zu erreichen – nämlich Zhenya aus Russland hinaus und zu seinem Vater zu bringen – immer mehr und schließlich komplett aus den Augen.

Gegen Ende hin besteht I heard Lenin laugh traurigerweise nur noch aus absurden Traumsequenzen, irrealen Begegnungen und unerklärlichen Fantasien. Der KGB und jede Menge Spione treten auf den Plan, ihre Motive und Handlungen bleiben undurchschaubar. Das ist wirklich schade, denn zu Beginn war dieser Roman äußerst witzig, originell und vielversprechend. So sehr, dass ich ihn trotz des unlesbaren Endes gut bewerte. Ich werde mich eben einfach nur an den Anfang erinnern.

Gut und sättigend: 3 Sterne

JergovicZwei Jugoslawier gehen nach Amerika – und der Krieg kommt mit
Der Muslim Hasan aus Bosnien lebt schon seit 15 Jahren in Amerika. Sein Auto, ein alter Buick Rivera, ist sein Ein und Alles. Er ist verheiratet und hat sich ein gemütliches Leben aufgebaut. Der Serbe Vuko dagegen versteckt sich in den USA vor der Verfolgung als Kriegsverbrecher – ein übler Zeitgenosse, wie man sagt. Als Hasan mit seinem geliebten Wagen im Graben landet, hilft ihm ausgerechnet Vuko – mit ungeahnten Konsequenzen …

Auf amüsante und authentische Weise beschreibt Miljenko Jergovic, in Sarajevo geboren, die alltäglichen kleinen Probleme und Unstimmigkeiten in einer Ehe, in der noch dazu zwei fremde Kulturen zusammenprallen. Hasans Frau Angelika wirkt dabei jedoch meist recht hysterisch. Sie ist es auch, die die Spannung – die von Anfang an zwischen Hasan und Vuko besteht – verstärkt und schließlich zum Explodieren bringt. Für das Umfeld ist völlig unverständlich, was sich zwischen dem Bosnier und dem Serben abspielt – und auch ich bin überrascht von der Heftigkeit der Entwicklungen. So bleiben am Ende die Fragen: Kommt die Feindseligkeit zwischen den beiden ex-jugoslawischen Männern automatisch? Liegt sie ihnen in den Genen? Warum ist sie auch tausende Meilen von Jugoslawien entfernt so stark?

Mit sarkastischem Humor zeichnet Miljenko Jergovic das Bild zweier sturer Männer, die – so scheint es – überall und wegen Nichtigkeiten einen Krieg anzetteln würden. Auch wenn ich einige Gedanken sehr interessant finde, scheint mir das Konzept insgesamt doch sehr überspitzt und unrealistisch. Die Situation gerät dermaßen außer Kontrolle, dass ich nicht mehr ganz folgen kann. Ich weiß auch am Ende noch nicht so ganz, worauf die Geschichte hinaus will – vermutlich soll sie einen kleinen Einblick bieten in das Seelenleben von Menschen, die von Vorurteilen und Intoleranz geprägt sind. Ein Buch mit Schwachstellen, aber durchaus lesenswert.

Gut und sättigend: 3 Sterne

EnquistAmor Omnia Vincit – die Liebe überwindet alles
Nach 16 Jahren in der Nervenheilanstalt wird die berühmte Hysterikerin Blanche Wittmann entlassen – und findet eine Anstellung bei Marie Curie. Gemeinsam arbeiten sie mit Pechblende und isolieren Radium. Beide bezahlen dafür mit ihrem Leben. Blanche schreibt in einem Buch aus drei Teilen über “Radium, Tod, Kunst und Liebe”. Sie will in ihren drei Notizbüchern “die wissenschaftliche und zugleich sinnliche Erklärung für das der Liebe innewohnende Wesen” finden.

Per Olov Enquist hat einen Roman – oder ist es eine Art Dokumentation? – geschrieben über zwei Frauen der Geschichte, eine davon merkwürdig entrückt, die andere nobelpreisgewürdigt, aber skandalgeschüttelt. Sein mehr als eigenwilliger Stil ist nicht übermäßig reizvoll, denn es gibt keinen roten Faden – die Reihenfolge der Ereignisse ist völlig willkürlich. Bereits auf den ersten Seiten erzählt er alles, was passieren wird – und dann wiederholt er es beständig. Somit weiß man bereits zu Beginn, wie es ausgehen wird – und hätte er nicht einige zauberhafte Sätze in seine wirren Beschreibungen gestreut, ich hätte nicht mehr weiterlesen mögen.

Das Buch von Blanche und Marie nervt und fasziniert mich zugleich. Was Fiktion ist und was Realität, bleibt unklar. Enquist ist zu wunderbaren Formulierungen wie “Liebe kann entstehen, wenn jemand sein Dunkel mit dem anderen teilt” fähig, kann anscheinend aber keine logisch zusammenhängende Geschichte aufbauen (und auch keine Beistriche setzen – das kann aber auch die Schuld des Übersetzers sein). Was also bleibt am Ende? Jede Menge Verwirrung, aber schön formuliert.

Gut und sättigend: 3 Sterne

PratchettFantasievoll und überraschend witzig
Dieses Buch ist, um es mit Pratchetts eigenen Worten zu sagen “so voller Leben wie ein alter Käse an einem heißen Sommertag, so laut wie Flüche in einer Kirche, so sauber wie ein Schornstein, der seit mindestens einem Jahrhundert nicht mehr gereinigt wurde, so kunterbunt wie ein dicker Bluterguss und so voller quirliger, geschäftiger und nervöser Aktivität wie ein Hundekadaver auf einem Haufen fleischfressender Ameisen”. Es hat lange gedauert, bis mein kleiner Bruder – Pratchetts vielleicht größter Fan – es geschafft hat, mich zu dieser Lektüre zu überreden. Und siehe da – es war gar nicht so schlimm. Im Gegenteil: Pratchett schreibt sehr fantasievoll und witzig, mehr als einmal bringt er den Leser mit verrückten Einfällen, absurden Dialogen und unerwarteten Wendungen zum Schmunzeln.

In diesem Buch haben wir es mit dem Tod zu tun – der den Jungen Mort als Lehrling bei sich aufnimmt. Und wie es eben so ist, geraten die Dinge schnell außer Rand und Band, denn mit dem Tod ist nicht zu spaßen – und die Realität verliert ihren Bezug zu den Geschehnissen. Mort ist zwar nicht besonders dumm, er wirbelt die Ordnung der Scheibenwelt, in der die meisten von Pratchetts Romanen spielen, aber gehörig durcheinander. Natürlich darf auch eine Prinzessin nicht fehlen, ebenso wenig wie ein Zauberer. Der Autor dehnt Zeit und Raum nach Belieben, er springt in seiner Fantasiewelt durch die Gegend, wie es ihm beliebt – was in mir alte Erinnerungen an früher weckt, als ich mit 13 meine Fantasy-Phase hatte. Ich hab schon lange nicht mehr so etwas Fantasievolles gelesen.

Trotz der vielen Hinweise meines kleinen Bruders bin ich überrascht von Pratchetts feinsinnigem Humor. Noch weniger hätte ich aber damit gerechnet, dass er den Leser so stark fordert, dass er ihn mitdenken lässt und keine Fremdwörter scheut. Natürlich sind seine Romane keine reinen Jugendbücher und er hat viele erwachsene Fans – aber selbst die dürften “präraffaelitisch” vielleicht zum ersten Mal lesen. Sätze wie “Sie verstand es ausgezeichnet, in Kursiv zu sprechen” finde ich ebenso amüsant wie die Handlung an sich. Das wird mit Sicherheit mein einziger Pratchett bleiben, weil ich mich nicht mehr ganz einfinden kann in das Reich der wilden, ungezügelten, von jeder Logik befreiten Geschichten. Aber: Würden mehr junge Menschen Bücher wie dieses lesen, wir hätten garantiert bessere Ergebnisse bei den PISA-Tests! Hut ab!

Gut und sättigend: 3 Sterne

KloebleVier Individuen – oder doch eine Familie?
Christopher Kloeble ist ein sehr junger und schon mit Preisen ausgezeichneter Autor, Unter Einzelgängern ist sein erster Roman. Er untersucht darin die Beziehungen zwischen Angela und Erich sowie ihren Kindern Katrin und Simon. Angela ist schon gleich zu Beginn aus dem Rennen, die drei verbliebenen Familienmitglieder hängen nur sehr lose zusammen. Während Simon erste schriftstellerische Versuche unternimmt, klammert Katrin sich an einen Menschen und ein Objekt, damit sie etwas zum Lieben hat.

Das klingt interessant. Ist es aber nur teilweise. Denn Christopher Kloeble hat versucht, vier Perspektiven und ein Buch im Buch, das genauso viel Platz einnimmt wie die Rahmenhandlung selbst, in nur 177 Seiten zu quetschen. Da ist es fast logisch, dass das meiste fragmentarisch bleiben muss und nicht ausgearbeitet werden kann – was sehr schade ist, denn Idee und Stil des Autors sind durchaus gut. Mir gefällt allerdings das Buch im Buch – eher eine Kurzgeschichte in der Geschichte -, das Simon schreibt, um einiges besser als die Außenhandlung. Das ist auch der Grund für die überraschenden drei Punkte: Obwohl ich vom Gesamteindruck enttäuscht bin, haben mich einige Ansätze und Formulierungen sehr fasziniert.

Unter Einzelgängern ist eine Studie über eine Familie – und dabei bleibt es auch, ein Roman wird nicht daraus. Dazu hätte Kloeble seine Figuren besser herausbilden und mehr ins Detail gehen müssen. Ich traue ihm das sehr wohl zu und glaube auch, dass er sich als Autor noch stark weiterentwickeln wird.

Gut und sättigend: 3 Sterne

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Modernes Sklaventum in Indien
Es ist die Dunkelheit, aus der er kommt und von der er berichtet: Denn als Dunkelheit bezeichnet der Ich-Erzähler, ein erfolgreicher Unternehmer in Bangalore, Indien selbst, das Hinterland, das Dorf, aus dem er stammt. In sieben Nächten erzählt er seine Lebensgeschichte: Er diktiert sie in Briefen an den Premier aus Beijing, der – so hat er in den Nachrichten gehört – nach Indien kommen und etwas über das indische Unternehmertum erfahren will. Und mit der Mentlität der Inder kennt sich nun mal niemand so gut aus wie unser schlafloser Briefeschreiber.

The White Tiger ist eine Geschichte voller Gewalt – ausgelebter und unterdrückter Gewalt -, Armut und Aussichtslosigkeit. Denn diese drei Aspekte beherrschen das Leben von Millionen Indern, die wie moderne Sklaven leben. Sie sind wie Vieh und haben keine Rechte. Aber sie brechen auch nicht aus. Sehr sarkastisch zeigt der Ich-Erzähler auf, warum sie sich so behandeln lassen, und schildert, dass es wiederum Gewalt braucht, dass ein ruchloses, skrupelloses Verbrechen nötig ist, um aus diesem Sklaventum zu entkommen. Dabei gibt er glaubwürdige und interessante Einblicke in die Seele der Inder, in politische Vorgänge, in Korruption, Machtmissbrauch und Familienbande.

Die Idee, die Geschichte in Briefe mit einem politisch brisanten Touch zu verpacken, finde ich gut und originell. Sie gibt dem Autor die Möglichkeit, einen zynischen Unterton einzuflechten. “In China haben Sie es ja nicht so mit Demokratie”, sagt der Erzähler, der Jahr für Jahr auf den Listen der Menschen steht, die gewählt haben, aber noch nie in einer Wahlkabine war. Und was am Beginn so klingt wie der Bericht eines Start-up-Unternehmers, der stolz auf sich sein kann, wandelt sich schnell zu einer Erzählung über Verzweiflung, Abhängigkeit und Tod. “I’m revealing the secret to a successful escape”, lacht der Erzähler, “the police searched for me in the darkness, but I hid myself in light.” Sehr ehrlich, sehr authentisch, sehr lesenswert.

Gut und sättigend: 3 Sterne

PaasilinnaSchwarzer Humor aus Finnland
“Wenn ein Selbstmord missglückt, ist das nicht unbedingt die traurigste Sache der Welt. Dem Menschen gelingt nicht alles.” Mit herrlich zynischem Humor und absolut schrägen Einfällen erzählt der bekannte finnische Autor Arto Paasilinna von Onni Rellonen und Hermanni Kemppainen, die sich zufällig am selben Tag zur selben Zeit in derselben Scheune umbringen wollen. Sie beschließen, den Selbstmord noch ein Weilchen aufzuschieben – und kommen auf die glänzende Idee, sich zusammen mit vielen Gleichgesinnten das Leben zu nehmen. Also geben sie eine Annonce auf – und erhalten 600 Zuschriften von verzweifelten Finnen. Mit einem Bus brechen die Anonymen Streblichen auf zu ihrer letzten Reise …

Auf Arto Paasilinna bin ich durch eine Rezension in den Salzburger Nachrichten aufmerksam geworden, in der er als humorvoller und origineller Autor beschrieben wurde – zu Recht. Der wunderbare Massenselbstmord ist ein Buch, das köstlich amüsiert – mit makaberen Scherzen, düsteren Einsichten in die finnische Seele und abstrusen Wendungen. Überraschend dabei ist, dass die Geschichte einerseits extrem absurd, andererseits aber absolut glaubwürdig ist. Was die Selbstmörder tun und erleben, ist so verrückt, dass man einfach lachen muss. Sehr passend und gut gelungen ist zudem das Ende. Stilistisch gesehen bleibt der Autor für meinen Geschmack zu sehr auf Distanz – das ist aber bei amüsanten Büchern wohl vonnöten, um die humoristische Wirkung erzeugen zu können. Würde er sich einfinden in das Seelenleid der Lebensmüden, wäre es eben nicht mehr witzig. Und das ist es! Schwarzer Humor aus Finnland – lesen und schmunzeln.

Gut und sättigend: 3 Sterne

SJonesRasanter Roman über eine schicksalshafte Begegnung
Die junge Englischlehrerin Runa ist eine Frau, die sich nimmt, was sie will. Doch als jemand Wind von ihrer Affäre mit dem Schüler Jun bekommt und sie bedroht, beschließt Runa, aus Japan zu fliehen. Ralph dagegen, ein Englänger Mitte vierzig, sucht in Japan nach einer zweiten Frau, nachdem seine Ehe mit der Thailänderin Apple gescheitert ist. Er hat ein Faible für asiatische Frauen – sie sollen so schön gefügig sein. Das Schicksal zieht die Fäden und spielt Runa und Ralph einander in die Hände …

Was in der Inhaltsbeschreibung ein bisschen klingt wie ein vorhersehbarer Schinken mit Asien-Touch, entpuppt sich in Wahrheit als erstaunlich gut geschriebener Unterhaltungsroman mit einem so krassen Ende, dass es sogar mich überrascht. Susanna Jones kennt sich aus in Japan, das merkt man. Und es gelingt ihr auch verblüffend gut, sich in einen Mann hineinzufühlen, der von der abscheulichen Möglichkeit, eine Frau aus dem Katalog zu bestellen, Gebrauch macht oder zumindest machen will. Die Geschichte entwickelt sich nicht ganz so wie erwartet – und das ist auch gut so. Water Lily ist die spannende Erzählung einer unbekannten Autorin – das Buch ist, so weit ich weiß, nicht auf Deutsch erhältlich – mit interessanten Einblicken in japanische Gepflogenheiten und, wie man so schön sagt, menschliche Abgründe. Durchaus lesenswert!

Gut und sättigend: 3 Sterne

HeinViele Anfänge, wenige Enden
Es sind die verschiedensten Gestalten, die Jakob Hein in seinem Buch zusammenwürfelt: Da gibt es Boris, der die Agentur der verworfenen Ideen gegründet hat, Sophia, die Gedanken lesen kann und ins Koma fällt, und Heiner, der den Sinn des Lebens sucht. Ob sie überhaupt etwas miteinander zu tun haben und wenn ja, was, bleibt erst einmal unklar – wird aber zum Schluss auf angenehme Weise enträtselt. Die einzelnen Kapitel sind ineinander verschachtelt, bleiben aber jeweils recht fragmentarisch.

Dieses Buch wirkt auf mich wie eine etwas längere Kurzgeschichte – für einen Roman mit einer umfassenden Handlung, in die man sich richtig fallen lassen kann, ist mir das zu wenig. Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht ist aber ein nettes, kurzweiliges Drei-Stunden-Büchlein mit einem schönen Titel, das sich in einem Rutsch lesen lässt.