„Die Rauchsäule stieg auf, biblisch, dunkel, lebendig und drohend“
Los Angeles 1991 und Los Angeles 2019: Nachdem Schwarze Menschen gewaltsam zu Tode gekommen sind, brechen Unruhen aus. Und zwei Familien sind auf komplexe Weise darin verwickelt. Grace, deren Eltern aus Korea eingewandert sind, erfährt, was ihre Mutter vor dreißig Jahren getan hat. Und Shawn, der in jungen Jahren seine Schwester verloren hat, versucht so sehr, ein straffreies, sicheres Leben zu führen, dass er in seiner Panik das Naheliegendste übersieht. Denn es ist klar, dass niemand, der Schwarz ist, in dieser Stadt, in diesem Land jemals sicher sein kann. Und dass es Wunden gibt, die nicht heilen, weil sie jeden Tag aufs Neue aufgerissen werden.
Steph Cha hat ein intensives, heftiges Buch geschrieben über Rassismus und Gewalt, über Othering und die Gefahr, in der sich Schwarze Menschen tagtäglich befinden. Sie werden erschossen mit einer Flasche Milch in der Hand, sie werden von der Polizei getötet im Hinterhof ihres eigenen Hauses, sie werden auf offener Straße und in ihren Betten ermordet, und niemand geht dafür ins Gefängnis. Die Autorin widmet sich den wahren Ereignissen von 1991 und 2019, nur kurze Zeit später ging mit #blacklivesmatter erneut derselbe Aufschrei um die Welt. Denn es ändert sich nichts, im Gegenteil: Der Graben zwischen Weiß und Schwarz in den USA scheint immer tiefer zu werden. Interessant ist, dass sie die Ebene der koreanischen Einwanderer einführt, die selbst nicht als „weiß“ gelten, und dadurch zeigt, wie vielschichtig Rassismus ist. In einem sehr leichten, gut lesbaren Stil geschrieben, erzählt Brandsätze von Mord, Schuld, Reue und der ständigen Verfügbarkeit von Waffen in einem völlig überhitzten Land, von Todesangst, Verlust und Ungerechtigkeit. Es ist ein authentisches, beschämendes Buch, eine literarische Anklage, von der man sich wünscht, sie hätte Wirkung. Ein Roman wie eine Brandbombe: wichtig, aktuell, zornig und traurig.
Brandsätze von Steph Cha ist erschienen bei Ars Vivendi.