„Ein Jahr, seitdem ich dich gesehen habe, ein Jahr, das sich angefühlt hat wie die Vorhölle“
Im Polen des Jahres 1980 ist Ludwik als Erntehelfer im Einsatz und trifft auf Janusz. Er fühlt sich zu ihm hingezogen, ist erschrocken von den eigenen Gefühlen: Eine Liebe zwischen Männern ist in dem kommunistischen Land ein Ding der Unmöglichkeit – und gefährlich.
„Als Schwuchtel wirst du immer einsam sein. Und du wirst lernen, es auszuhalten.“
Doch als die beiden nach dem Ernteeinsatz Zeit zu zweit an einem See verbringen, kommen sie sich sehr nahe: Sie verlieben sich. Zurück in der Stadt, treffen sie sich heimlich. Und merken, wie sehr ihre Einstellung sich unterscheidet: Während Janusz nach Wegen sucht, die Mangelwirtschaft des Systems kreativ zu umgehen und sich mit der Situation zu arrangieren, begehrt Ludwik auf – und will weg.
„Du kannst Leute nicht dazu zwingen, dich so zu lieben, wie du es gerne hättest.“
Gefühlvoll und genau zeichnet Tomasz Jedrowski, der als Kind polnischer Eltern in Westdeutschland aufgewachsen ist, in Cambridge studiert hat und heute bei Paris lebt, eine Geschichte von Begehren und Verbot, von Widerstand und Flucht. Schon gleich zu Beginn schiebt er seinem Protagonisten Ludwik den Baldwin-Roman Giovannis Zimmer in die Tasche, der vielmehr ein Erkennungszeichen ist denn ein Buch, und damit ist die Sache klar: Hier geht es um die Liebe zwischen zwei Männern. Die gesellschaftlichen Umstände von Polen in den 1980er-Jahren legen den beiden so viele Steine in den Weg, dass sie nicht zueinanderfinden können. Das macht der Autor schon zu Beginn klar, denn er bettet die Nacherzählung in die Jetzt-Zeit ein, in der Ludwik sich in New York befindet. Es geht um Zensur und Emanzipation in diesem Roman, um Protest versus Anpassung, um das Unterdrücktwerden, das Beschnittenwerden der eigenen Rechte. Ein wenig schade fand ich, dass das Buch alle Punkte abhakt wie auf einer Checkliste, fast als wäre es am Reißbrett entworfen worden – Überraschung erwartet euch hier keine. Dafür viel Gefühl und ein Abriss einer Zeit, die vielleicht vierzig Jahre her sein mag, von der wir uns aber leider noch nicht allzu weit entfernt haben. Es bleibt zu wünschen, dass Romane wie dieser dazu beitragen, dass queere Menschen endlich unbehelligt leben können.
„Es war, als hätte uns jemand gepackt und auf das Podest der Welt gehoben.“
Im Wasser sind wir schwerelos von Tomasz Jedrowski ist erschienen bei Hoffmann und Campe.