„In a real adult smile, there is always something other than happiness“
Manchmal, wenn ich deutsche Bücher lese, wenn ich mir die deutsche Verlagswelt anschaue, denke ich: Wo ist sie, die Vielfalt? Wo sind sie, die weiblichen Stimmen, die weiblichen Themen und Protagonistinnen? Dann habe ich diesen Erzählband von Polly Rosenwaike in die Finger bekommen, und die Antwort ist: Sie sind hier. Und schon höre ich in meinem Kopf, wie die deutschen Verlage sagen: Wie, ein ganzes Buch nur mit Kurzgeschichten über Frauen und Mütter? Wer will so etwas lesen, wer soll das kaufen? Ich kenne die Verkaufzahlen von „Look how happy I’m making you“ nicht. Aber ich habe diese Short Storys geliebt. Eben weil sie so sind, wie sie sind: radikal auf das Weibliche konzentriert. Männer sind, wenn überhaupt, nur Nebenfiguren.
In allen 12 Geschichten geht es um das Thema Mutterschaft, und zwar auf völlig unterschiedliche Weise. Da gibt es Frauen, die sich nichts sehnlicher wünschen als ein Baby, da gibt es Frauen, die einen Termin in einer Abtreibungsklinik vereinbaren und Freundinnen, die ihre Mütter verloren haben und sich jedes Jahr am Muttertag treffen. Polly Rosenwaike schreibt über das Gefühl, ein Kind nicht als Erfüllung jeglicher Träume anzusehen, und über das Gefühl, ein Kind nach seiner Geburt nicht zu lieben. Am schönsten und ehrlichsten fand ich die Erzählung über eine Frau, die – längst anderweitig verheiratet und hochschwanger – ihre erste große unerwiderte Liebe wiedersieht, den Mann, der sie am College einfach nicht zurückgeliebt hat. Wie sie sich jetzt, mit Ring am Finger und Baby im Bauch, sichtbar geliebt, gewollt zeigen kann – und sich bewusst gegen eine erneute Zurückweisung entscheidet. Die weiblichen Figuren sind nicht alle stark oder tough oder selbstbewusst, sie sind auch nicht unbedingt emanzipiert, und das spielt keine Rolle, das müssen sie nicht sein. Vielmehr dürfen sie sich ohne Schutzpanzer zeigen, mit all ihren Schwächen und Sehnsüchten oder auch dem Fehlen gewisser Sehnsüchte. Nicht jede Frau möchte Mutter werden oder Mutter sein. Und das ist in Ordnung so. Damit diese Botschaft endlich in unsere Köpfe gelangt, braucht es mehr Bücher wie dieses. Das ist der Grund, warum ich mir auch in der deutschen Verlagswelt mehr Mut für solche Erzählungen wünschen würde, mehr Bekenntnis zu weiblichen Stimmen. Denn sie haben etwas zu sagen.