Das traurigste Buch
Luca ist zehn Jahre alt und kennt seinen Vater nicht. Er lebt in einer Wohnung mit seiner Mutter, die manchmal verliebt ist und manchmal niedergeschlagen, er geht in die Schule und hat einen Freund. Und eines Morgens hat er auf einmal auch ein großes Problem: Seine Mama liegt tot im Bett. Was soll er tun? Wenn er die Polizei ruft, muss er ins Waisenhaus, und da will Luca auf keinen Fall hin. Also lässt er seine Mama vorerst einfach mal, wo sie ist, und versucht, seinen Alltag weiterzuführen. Er wäscht und kämmt sich, geht allein zur Schule und sogar mit Freunden ins Kino, kümmert sich um Kater Blue und bereitet sich einfache Mahlzeiten zu. „Mama sagt, dass dicke Kinder als Erwachsene eine Menge Probleme bekommen, ich bin nicht dick und habe schon jetzt eine Menge Probleme.“ Nachts ist die Angst am schlimmsten, und am Wochenende flippt er fast aus, aber er hält tapfer durch. Allerdings wird sein Problem immer größer statt kleiner: Der Kühlschrank ist bald leer, die sauberen Unterhosen gehen ihm aus, und zu allem Übel fängt die Mama auch noch an zu stinken …
Meine erste Lüge der italienischen Autorin Marina Mander ist ein unfassbar trauriges Buch. Es ist, als hätte die Schriftstellerin die Traurigkeit selbst zwischen Buchdeckel gepresst und in Worte gegossen. Das liegt weniger an ihrem eher gewöhnlichen Stil als vielmehr an der Situation, in die sie ihren zehnjährigen Protagonisten schubst: Nicht nur, dass ihm die Mutter wegstirbt, nein, sie verwest auch noch im Schlafzimmer, während er verzweifelt versucht, so normal weiterzumachen wie möglich. Er kämpft mit schier unmenschlicher Tapferkeit und bleibt dabei seltsam stoisch und cool: „Man kann keine Hausaufgaben machen, wenn einem die Mama gestorben ist.“ Ich gehe fast ein vor Mitleid. In dieser Hinsicht ist Meine erste Lüge sehr emotional und aufwühlend. Recht viel mehr hat der Roman jedoch nicht zu bieten, denn das Beschriebene ist ganz einfach alles, was geschieht. Ich habe das ganze Buch über auf eine Lösung des Problems gewartet und war am Ende recht enttäuscht. Was will Marina Mander uns wohl sagen? Dass das Leben ein Kübel Scheiße ist, der manchmal über einem Zehnjährigen ausgeschüttet wird.
Meine erste Lüge von Marina Mander ist erschienen im Piper Verlag (ISBN 978-3-492-05543-7, 192 Seiten, 16,99 Euro).
Das ist ja ernüchtern. Die Ausgangsidee finde ich im wahrsten Sinne gnadenlos gut. Umso bedauerlicher, wenn dann da der Autorin kein befriedigendes und wie auch immer plausibles Ende gelingt.
Plausibel vielleicht schon, aber sehr unzufriedenstellend in meinen Augen. Ich war ziemlich verstört nach der Lektüre.
danke für die warnung. das kann ich ja sowas von überhaupt nicht leiden: auf die tränendrüse drücken um des aufdietränendrüsedrückens willen. nee, das ist auch nicht meine party. und verstört bin ich schon, wenn ich in den spiegel schaue, dafür brauche ich kein buch.
Hihi. Das Buch hatte aber auch sehr gute Bewertungen, muss ich der Fairness halber sagen…
wollen wir bücher besprechen oder den friedensnobelpreis bekommen? ich lese deinen blog unter anderem deshalb so gern, weil du eine meinung hast und worte, um die zu äußern. wollte ich fairness, würde ich mir die reden des bundesgaucks reinziehen… im übrigen finde ich nix unfaires daran, ein buch nicht so lieb zu haben wie beispielsweise sein schmusekissen o. ä.
Schmusekissen?! Wer braucht denn sowas.