Bobo fürn Popo
Ich lese regelmäßig donnerstags die Kolumne von Frau Dusl in den Salzburger Nachrichten – im Kartoffeldruckblatt, wie sie es nennt – Korrektur, und da hat es mich ja doch interessiert, was sie denn so schreibt in ihrem Buch. Ich dachte nämlich, es handle sich um einen Roman. Ist aber nicht so. Vielmehr besteht Boboville aus aneinandergereihten Geschichten, Gedankenfetzen, vielen langen Komposita und manchen Einsichten in die Herzen der Bobovillains. Es ist ein bisschen wie ein Buch mit Kurzgeschichten. Und ich mag keine Kurzgeschichten.
Am Anfang bin ich ganz dabei, mir gefällt die originelle, metaphernumrankte Beschreibung Wiens, der Gassen, des Bonbongeschäfts, des Dusl’schen Kindergemüts. Vor allem, als ich das Wort Stollwerck lese, bin ich begeistert, auch mir hat das klebrigsüßbraune Karamellzuckerlstück 20 Jahre später die Pappn zusammengeklebt im Kindergarten bei den Nonnen. Leider aber bleibt Frau Dusl nicht bei ihren schönen, bemerkens- und lesenswerten Kindheitserinnerungen, sondern marschiert drauflos, hinein in die Intelligenzelite Wiens, wo Glavinic, Kehlmann und Maurer einander die Klinke in die Hand geben, Namedropping vielleicht, interessante Geschichten leider nicht. Es gibt keinen roten Faden, keine zusammenhängende Handlung – und ich bin in solchen Fällen ein sehr heikler Leser, ich will nicht hin und her springen und verwirrt sein, ich will an nachvollziehbaren Ereignissen zu einem halbwegs befriedigenden Schluss geführt werden. Und dann passiert es: Ich bin gelangweilt. Ich will nicht wissen, was Frau Dusl im Fernsehen sieht und auch nicht, was sie darüber denkt. Auch dass sie eine Gitarrenleidenschaft hat, mit einer Frau schläft, auf einer Dachterrasse koshere Würstchen grillt und keine Handys mag – es interessiert mich alles nicht.
Eine Wohltat für meine durch die Koppelungs-Wut der Menschen und Redakteure geschundene Korrektorenseele sind die vielen elendslangen Komposita, dafür und für das Stollwerck gibt es je einen Punkt. Der Rest ist in meinen Augen kaum lesenswert, Frau Dusl hat sich viele Urteile gebildet über Bobovillains und Nichtbobovillains, ich dagegen lebte gern urteilsfrei, vor allem frei vom Urteil anderer. Für nichtösterreichische Leser dürfte einiges noch dazu nicht so leicht zu verstehen sein.