Gut und sättigend: 3 Sterne

DonoghueEine Liebe zwischen zwei Frauen
Jude Turner, Anfang zwanzig, lebt in einem verschlafenen Nest in Kanada und leitet ein Heimatmuseum, dessen einzige Mitarbeiterin sie ist. Sie verlässt ihr Städtchen nie und reist ungern mit dem Flugzeug. Als sie es ihrer Mutter zuliebe doch einmal tut, begegnet sie der Stewardess Síle O’Shaughnessy. Die Irin lebt in Dublin, ist Ende dreißig und seit fünf Jahren mit ihrer Freundin zusammen. Per E-Mail und Telefon entspinnt sich zwischen Jude und Síle eine Liebesgeschichte, mit der keine der beiden gerechnet hätte. Bei den gegenseitigen Besuchen merken sie, wie unterschiedlich ihre Lebenswelten sind, und schon bald taucht die Frage auf: Können wir zusammen leben? Und wenn ja – wie und wo?

Emma Donoghue ist lesbisch. Zarte Landung ist lesbisch. Da ich mich bisher absolut gar nicht mit lesbischer Literatur beschäftigt habe, bin ich erst einmal sehr überrascht. Und zwar einfach darüber, dass sie so lesbisch ist. Damit meine ich nicht die Intimitäten zwischen Jude und Síle, sondern die Tatsache, dass das Lesbischsein an sich immer und überall Thema ist. In Hetero-Büchern ist das Hetero-Sein ja meistens überhaupt kein Thema. Warum? Weil wir es als „normal“ und gegeben erachten? Weil man es nicht erklären und betonen muss? Jude und Síle bringen das Lesbischsein permanent zur Sprache: vor sich selbst, vor einander, vor den Freunden. Wie hat alles begonnen, wann haben sie sich geoutet? Wie stehen die Eltern dazu? Mit wie vielen Frauen und Männern haben sie geschlafen und was war besser? Bis zu diesem Buch, das im lesbischen Indie-Verlag Krug & Schadenberg erschienen ist, war mir in meiner offenbar grenzenlosen Ignoranz nur am Rande bewusst, dass es überhaupt lesbische Literatur gibt. Das hat sich nun geändert.

Emma Donoghue dagegen war mir sehr wohl ein Begriff – und zwar wegen ihres erschütternden Romans Room, den ich so gut fand, dass ich in 2011 zu meinem Buch des Jahres ernannt habe. Wenn ich nicht wüsste, dass Room und Zarte Landung von derselben Autorin stammen, ich würde es niemals glauben. Sie unterscheiden sich so stark in Inhalt und Stil voneinander, dass ich mir sicher wäre, sie wurden von zwei verschiedenen Menschen geschrieben. Ein Blick auf Emma Donoghues bisherige Veröffentlichungsliste zeigt, dass sie eine sehr vielseitige Autorin ist. Wo Room brutal, spitz und krass war, zeigt sich Zarte Landung liebevoll, sanft und harmonisch. Das ist allerdings insofern ein Vorteil, als dass mir gar nicht in den Sinn kommt, die beiden Romane zu vergleichen – und meine Nicht-mehr-als-ein-Buch-vom-selben-Autor-Phobie beruhigt wird.

Nun sind Emma Donoghues sorgfältig gezeichnete Figuren Jude und Síle natürlich nicht nur Lesben. Sie sind in erster Linie Menschen. Und so handelt der Roman von einer Liebesgeschichte – einer ganz normalen. Wenn zwei Verliebte zum Paar werden, kollidieren zwei Welten. In Zarte Landung geht es um Gefühle und Erwartungen, um Lebensentwürfe und Verlustängste. Dazwischen wird außerordentlich viel geredet und geschrieben – und zwar über die abstrusesten Themen. Die beiden Frauen spielen in ihren E-Mails mit bekanntem und unbekanntem Wissen, um sich gegenseitig zu beeindrucken. Das ist stellenweise interessant, witzig, flirty, stellenweise langatmig, und ich habe am Ende das Gefühl, dass der Roman nicht so viele Seiten gebraucht hätte, um zu sagen, was er sagen wollte. Zarte Landung ist ein Buch, das im Kopf beim Lesen zugleich wie ein Film abläuft, weil es viele sehr szenisch geschriebene Abschnitte enthält. Alles in allem war dieser Roman für mich schön, sentimental, lustig, dank der Figuren zum Gernhaben ein hitzig-verliebtes Abenteuer und wegen des lesbischen Aspekts – entschuldigt das kleine Wortspiel – eine völlig neue Erfahrung.

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Zarte Landung von Emma Donoghue ist erschienen bei Krug & Schadenberg (ISBN 978-3-930041-90-9, 424 Seiten, 22,90 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Ein Buch voller Wärme, Intelligenz und Leidenschaft“, heißt es bei den Bücherfrauen.
– „Emma Donoghue hierzulande frisch veröffentlichter Roman erzählt eine wunderbare schöne Liebesgeschichte“, befindet Schwulissimo.
– „Dieser Roman ist so wunderbar vielseitig und ausgereift, das er gelesen werden MUSS. Doch wie so oft bei den Büchern, die der Verlag Krug & Schadenberg verlegt, ist auch dieses im Nullkommanichts ausgelesen“, schwärmt femalegold.
– Und hier könnt ihr das Buch bei ocelot.de bestellen.

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Gut und sättigend: 3 Sterne, Snacks für zwischendurch

WnukSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht‘s?
Ich-Erzähler Josch ist ein echter Loser. Als Schwimmmeister verbringt er seine Tage inmitten von halbnackten Menschen, feuchter Luft und Fußpilz. Seinen Sohn, der in Frankreich lebt, hat er seit Jahren nicht gesehen, Freunde hat er keine, die Liebe fehlt in seinem Leben ebenfalls. Als die 14-jährige Leonie, die ihn angehimmelt hat, ertrinkt – woran Josch nur indirekt Schuld trägt –, packt er seine Sachen und flüchtet. Maria, eine junge blinde Frau, die er kaum kennt, hängt sich ihm an und begleitet ihn auf seinem kuriosen Roadtrip. Das Ziel ist natürlich Frankreich, wo Josch sich bei einem Treffen mit seinem Sohn, der davon noch gar nichts weiß, eine gar zauberhafte Lösung für all seine Probleme erhofft. Dabei sollte er doch wissen, dass das Leben nie so einfach ist.

Hat’s gemundet?
Ich bin mir nicht sicher. Die Ausgangsidee gefällt mir, und ich mag die Figur der blinden, lebensfrohen Maria, wobei ich sie aber auch ein wenig überzeichnet finde. Mit Josch habe ich Schwierigkeiten, er geht mir mit seinem weinerlichen Ton bald auf die Nerven. Die Dialoge sind oft halbgare Aneinanderreihungen von Küchenphilosophie-Sprüchen über die Suche nach dem Glück: Jeder hat sein Leben selbst in der Hand, Glücklichsein ist eine Entscheidung und dergleichen. Oliver Wnuk, der als Schauspieler bekannt ist, hat es gut gemeint, vielleicht ein wenig zu gut. Ein bisschen mehr Sarkasmus und Abgeklärtheit hätten dem Roman in meinen Augen nicht geschadet. Die Geschichte wirkt stellenweise steif und gewollt. Sie ist aber gut zu lesen und dank der leicht angeknacksten, liebenswerten Protagonisten durchaus unterhaltsam.

Wer soll’s lesen?
Wer Lust auf einen eher leichten Snack mit einem Hauch Tiefgang hat.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

LjubicVon der Frage nach der Schuld und der Unmöglichkeit, sie zu beantworten
„Ich sitze hier, damit niemand vergessen kann. Solange es Menschen gibt, die erzählen, bleibt die Erinnerung wach und die Hoffnung, dass die Schuldigen bestraft werden.“ Das sagt einer der Zeugen im Prozess gegen Zlatko Šimič vor dem Kriegsgericht in Den Haag, wo er angeklagt ist, weil er im jugoslawischen Krieg 42 Menschen in ein Haus gelockt haben soll, das auf sein Geheiß hin angezündet wurde. Nur ein Mädchen hat überlebt – und erzählt seine Geschichte. Unter den Zuhörern befindet sich der junge Robert, der extra aus Deutschland angereist ist. Robert liebt Ana, und Ana ist Zlatkos Tochter. Bevor er Ana kennenlernte, interessierte Robert sich nicht für seine kroatische Abstammung, jetzt tut es ihm leid, dass er Anas Sprache nicht beherrscht. Vielleicht hätte sie dann einen Weg gefunden, mit ihm zu sprechen, das Geheimnis rund um ihren Vater, das sie so sehr belastet, mit ihm zu teilen. Das ist nicht geschehen, und so sucht Robert in Den Haag eine Antwort auf die Frage, ob Anas Vater ein Verbrecher ist und wie er die Beziehung zu Ana retten kann.

„Ich weiß nicht, warum, aber es ist offenbar immer der Vater, an dem man sich ein Leben lang reibt, dessen Stimme bis ins Alter nachklingt.“ Dies ist sozusagen das Motto für Nicol Ljubić‘ Roman Meeresstille, in dem eine Vater-Tochter-Beziehung im Mittelpunkt steht, die unter einer großen Schuld zerbrochen ist. Zum Ich-Erzähler macht der kroatische Autor, der in Berlin lebt, aber weder Vater Zlatko noch Tochter Ana, sondern deren Freund Robert, einen Außenstehenden, der durch seine Gefühle für Ana dennoch involviert ist. Er ist verwirrt und verletzt, er hat keinen Bezug zum Krieg in seiner Heimat, und er hadert damit, dass ihm ein Hindernis den Weg zu Ana versperrt, das er nicht aus dem Weg räumen kann: die Gräueltaten eines Fremden. Gemeinsam mit Robert sitze ich im Gerichtssaal und lausche den Schilderungen von den Grausamkeiten, die Zlatko begangen haben soll, höre die Schreie der Eingeschlossenen und das Knistern des Feuers. Wir sind entsetzt, Robert und ich, befremdet und abgestoßen, wir suchen nach der Wahrheit in den Aussagen der Zeugen und den Augen des vermeintlichen Verbrechers. Aber wir finden nur unsere eigenen Zweifel.

In Meeresstille fragt Nicol Ljubić nach der Unfehlbarkeit von Schuldzuweisungen und Urteilen. Sein Blick ist dabei hart und gnadenlos, und er fängt all das Schreckliche ein, das dieses Kriegsverbrechen ausgelöst hat: den Tod vieler unschuldiger Menschen, das Zerbrechen einer Familie, das Scheitern einer Beziehung in der nächsten Generation. Der Krieg, der vorbei ist, gärt noch in den Menschen, die getroffen wurden, er zeigt sich als Virus, das sich weiter überträgt und nicht bekämpft werden kann. Dieser Roman macht keine Späße, er meint es mit jedem Satz ernst. Er hat keine Zeit für Schnörkeleien und nette Wortspiele, und er hat keine Geduld für Poesie. Er will erzählen, damit nicht vergessen wird, er will berichten und mit dem Finger auf jene zeigen, die getötet haben – auch wenn es sich nicht beweisen lässt. Ein sehr trauriges, anklagendes, wichtiges Buch.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
von der Farbgebung her gefällt mir das Cover, das Motiv selbst finde ich zu banal.
… fürs Hirn: die Probleme, die unser Rechtssytem aufwirft, die Frage nach der Möglichkeit, die Wahrheit aufzudecken, und das ewige Fortdauern von Schuld.
… fürs Herz: Roberts Liebe zu Ana.
… fürs Gedächtnis: der Schmerz aller Beteiligten.

Gut und sättigend: 3 Sterne

Zwei Seelen wohnen – ach! – in diesem Buch
Dora und Luka lernen sich kennen, als sie zwei und er fünf Jahre alt ist: Die Begegnung ist so erschütternd, dass Luka ohnmächtig wird. Von diesem Tag an sind sie unzertrennlich, sie treffen sich an einem geheimen Felsen an der Küste ihres Heimatorts Makarska in Kroatien, sie beobachten die Wolken und verstehen einander mit Blicken. Die Luft verändert sich, wenn die beiden zusammen sind, und alle bemerken es. Doch dann greift das Schicksal in Form von Doras Eltern ein: Sie ziehen mit ihrer Tochter nach Paris. Der Schock betäubt Dora und Luka für Jahre, beide vermissen einander so sehr, dass sie den Schmerz tief in ihrem Inneren vergraben – zusammen mit der Erinnerung. An den Felsen, an die Wolken, an den Geruch des Meeres. Bis zu einem denkwürdigen Tag 16 Jahre später, als das Leben sich wieder gnädig mit Dora und Luka zeigt und sie in Paris erneut zusammenbringt. Doch diese Laune des Schicksals hält nur drei Monate, bevor sie erneut umschlägt und Dora und Luka sich widrigen Umständen gegenübersehen, die ein Zusammensein verhindern. Das ist schlimm. Aber schlimmer noch ist: dass die Liebe nicht aufhört.

Nataša Dragnić, die selbst in Split geboren ist und in Deutschland lebt, hat mit Jeden Tag, jede Stunde einen sehr dramatischen Liebesroman geschrieben. So groß ist die Liebe zwischen Dora und Luka, dass Luka regelmäßig sprichwörtlich die Luft wegbleibt und sogar ich mich schon ein bisschen erdrückt fühle. Als die beiden noch Kinder sind, ist ihr Umgang miteinander spielerisch und geschwisterlich, doch selbst da ist ihre Liebe schon schwer wie ein Anker. Niemals hätte jemand die beiden trennen sollen, denn sie können ohne einander zwar existieren, aber nicht zufrieden sein. Schon früh entdecken beide ihr jeweiliges Talent und machen daraus später ihre Berufe: Luka hat Erfolg als Maler, Dora wird eine großartige Schauspielerin. Alles fällt ihnen leicht, und alles scheint vorgezeichnet zu sein: wer sie sind, und dass sie zusammensein müssen. Doch Nataša Dragnić macht es ihren Protagonisten alles andere als einfach.

Die Autorin arbeitet sehr stark mit dem Stilmittel der Wiederholung. Das mag ich prinzipiell sehr, ist mir im vorliegenden Fall aber einfach zu viel. Genau wie die ständige Betonung darauf, wie übermächtig und bedeutend diese Liebe ist, wie viel Pathos – gewürzt mit Gedichten von Pablo Neruda – und Ausweglosigkeit in ihr stecken. Ihre ganze schriftstellerische Kraft gebraucht Nataša Dragnić, um mir klarzumachen, dass Dora und Luka Seelenverwandte sind. Ich bin auch eine Zeitlang geneigt, ihr das zu glauben, doch mir kommen Zweifel, als sich herauskristallisiert, dass eine sooo gewichtige Liebe sooo banale Hindernisse nicht überwinden kann. Dora und Luka verhalten sich ab einem gewissen Zeitpunkt derart konträr zu ihren angeblich so großen Gefühlen, dass ihre Beziehung zeitweise zu einer reinen Bettgeschichte degradiert wird. Das ist nicht schön. Und als eine unerwartete Wahrheit ans Licht kommt, fühle ich mich – wie Luka – doch ein bisschen verarscht. Trotzdem sonne ich mich während des Lesens in den funkelnden Strahlen, die von dieser Liebesgeschichte ausgehen. Die Leichtigkeit, die manchmal zwischen Dora und Luka liegt, passt zu meiner Urlaubsstimmung, denn ich habe diesen Roman am Strand von Kroatien gelesen, wo ich mir den Felsen der beiden und ihre Wolkenbilder gut ausmalen konnte. Meine Zuneigung galt diesem besonderen Paar, dem die Autorin so viel Hoffnung gibt und dem sie dann so übel mitspielt. Sie kann wunderbar schreiben, und ihr Stil hat mir sehr zugesagt. Aber ich hätte mir einfach mehr Übereinstimmung zwischen der Größe der Liebe und ihrer Lebbarkeit gewünscht. Deshalb endet Jeden Tag, jede Stunde in meinem Kopf ganz anders.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge:
das Cover gefällt mir gar nicht, das Foto ist auf merkwürdige Weise angeschnitten und zeigt nur eine Frau statt ein Paar. Der Titel stammt aus einem Gedicht von Pablo Neruda.
… fürs Hirn: ich kann nicht glauben, dass eine Liebe, die zu Ohnmachtsanfällen führt, gesellschaftliche Konventionen nicht besiegen kann.
… fürs Herz: eine Achterbahn der Gefühle. Um es mit Goethe zu sagen: himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt.
… fürs Gedächtnis:das andere Ende in meiner Fantasie.

Für Gourmets: 5 Sterne

Vom Davonlaufen und Ankommen
“Die Taschen packen. In die Dschungelschuhe schlüpfen, in den Zug steigen oder ins Flugzeug. Sitzen und die Augen geschlossen halten. Es ist die einzige Macht, die ich kenne: zu verschwinden.” Seit 10 Jahren ist Anna unterwegs in der Welt, hält sich nie lange auf an einem Ort und lässt nicht zu, dass ein Mensch ihr ans Herz wächst. Doch als sie in Kairo den Zeichner Paul trifft, kann sie nicht verhindern, dass er ihr näher kommt als alle anderen. Mit ihm gemeinsam versucht sie das Geheimnis ihrer Familie zu ergründen: Warum und wohin ist ihr großer Bruder Franjo vor 15 Jahren verschwunden? Als Anna die quirlige Marjana kennenlernt, ist Paul längst fort. Und ihr wird klar, dass sie ihn nicht hätte gehen lassen dürfen …

Kopf aus den Wolken ist das Porträt einer Getriebenen, die sich der Flucht verschrieben hat und nicht mehr anhalten kann, 10 Jahre lang. Der lieblose Vater ist es, vor dem Anna flieht, die stumme Mutter, das Rätsel um den über alles geliebten, verschollenen Bruder. Die Liebe zu Paul spült alle verdrängten Gefühle in Anna frei, mit seinem Zeichenstift hält er auf Papier fest, was sie nicht sagen kann. Erst als sie Paul verloren hat, erkennt Anna, dass sie zurückgehen muss, um voranzukommen, und sie folgt seiner Spur nach New York, Hamburg, Berlin, um schließlich dort anzukommen, wo alles begonnen hat: zuhause in Wien. Und es gelint Ruth Cerha tatsächlich, mich zu überraschen, als das Geheimnis von Annas Familie letztlich gelüftet wird – ich bin begeistert und fasziniert.

Ich mag das Ruppige an Ruth Cerhas Schreibstil, das Kantige, Unliebsame und vor allem die ausgezeichneten Formulierungen: “Seine lange, schmale Gestalt entfernte sich so schnell, dass ich es kaum begriff, aber der Anblick seiner nackten Füße und der baumelnden Schuhe brannte mir in jede einzelne meiner Zellen ein winzig kleines Loch.” Es ist, als hätte Ruth Cerha ihre Sätze wie eine Bildhauerin aus einem Stein gebrochen und dabei ein raues, aber wunderschönes Gebilde geschaffen. Kopf aus den Wolken ist herausragend gut geschrieben, ein trauriges und doch lebensbejahendes Buch, ein Buch wie ein Traum, gleichzeitig leichtfüßig und tiefgründig.