Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne, Snacks für zwischendurch

AbbottSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Henry Cage, ein erfolgreicher Unternehmer, geht in Pension. Und plötzlich reiht sich ein unangenehmes Ereignis ans andere: In der Silvesternacht wird er Opfer von Gewalt, seines Lieblingscafés wird er verwiesen, weil er Frauen anglotzt, er wird bedroht und bestalkt, seine Exfrau Nessa ist todkrank und er erfährt erst nach Jahren, dass er einen Enkelsohn hat. Ganz schön viel für den ruhigen, abgeschottet lebenden Henry, der mit Müh und Not versucht, nicht in den Wellen unterzugehen, die das Schicksal über ihm zusammenschlagen lässt.

Hat’s gemundet?

Ja und nein. Ja, weil dies ein ausgezeichnetes, stilsicheres, bewegendes Buch ist. Und nein, weil es ein Ereignis enthält, das mir das Herz bricht und mir in seiner Wucht sämtliche Kräfte raubt. David Abbott stellt ein Geschehnis an den Anfang seines Romans, das chronologisch gesehen ans Ende gehört und das mir stets vor Augen hält, wozu alles, was passiert, führen wird. Das ist ebenso genial wie grausam. Besonders den Schlusssatz kann ich in dieser Hinsicht kaum ertragen. The upright piano player ist schwermütig, traurig, exzellent und sehr klug. Ein wirklich gutes Buch.

Wer soll’s lesen?

Alle, die klassische Romane mögen und eine volle Dosis Wehmut aushalten können.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne, Snacks für zwischendurch

DrvenkarSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Du bist der Reisende. Du bist ein Mörder ohne Plan und Ziel. du tötest sehr methodisch und wenn es dich überkommt.
Du bist eins, zwei, fünf junge Mädchen, die durch Zufall mit einem gestohlenen Auto und kiloweise Heroin im Kofferraum durch ganz Deutschland rasen – auf der Flucht vor einem Drogenboss.
Du bist ein Verbrecher, ein Drogendealer, ein skrupelloser Typ, dem ein Menschenleben nichts bedeutet.
Du bist der Sohn eines Mannes, dessen Zuneigung du zu gewinnen suchst, indem du so mörderisch wirst wie er.
Du bist jung, du bist alt. Du bist auf der Flucht, du bist der Verfolger, du bist verzweifelt, du bist tot.

Hat’s gemundet?
Ja. Du ist ein packender und vor allem origineller Thriller, denn jedes Kapitel ist in der zweiten Person Singular geschrieben. Das ist ungewöhnlich, funktioniert aber überraschend gut. Der Erzählton ist rau, sarkastisch, fies, wie das folgende Beispiel zeigt: „Kleiner, das Schicksal ist ein Typ mit Syphilis und einem Stahlschwanz, der dich in den Arsch fickt, sobald du mal in die falsche Richtung schaust.“ Ich lese extrem selten Thriller und habe diesen hier letztes Jahr beim Bücherwichteln bekommen. Und er hat mich glänzend unterhalten, ich habe mitgefiebert, bin den red herrings gefolgt und habe gestaunt über die hervorragend konstruierte Geschichte. Das Sprachniveau ist dem Genre angepasst, und das ist völlig in Ordnung. In jedem Fall ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Danke, Bettina!

Wer soll’s lesen?
Alle Thriller-Fans, ich glaube – ohne es beurteilen zu können – dass Zoran Drvenkar zu den Könnern des Genres zählt.

Prost Mahlzeit: 1 Stern, Snacks für zwischendurch

ScheffelSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um Benvolio Antonio Olivio Julio Toto Meo Ho, dem die Eltern nicht nur einen, sondern gleich mehrere ungewöhnliche Namen gegeben haben, in der Hoffnung, der Sohn möge dann auch ein ungewöhnliches Leben führen. Nun – das hat nicht funktioniert. Sein Nachname lautet Schmitt, und ein Schmitt ist er auch. Ben wurstelt sich als Student durchs Leben, und das einzig Ungewöhnliche ist seine Verliebtheit in Lea, die er nicht treffen darf, weil sie – wenn sie Ben vier Mal gesehen hat – sonst sterben wird. Das ist Ben seit seiner Geburt klar. Ben muss also flüchten. Und ein bisschen verrückt wird er dabei auch.

Wie hat’s gemundet?

Gar nicht. Dies ist ein Buch, das allen gefällt und von allen gelobt wird. Ich kann allerdings Romane, in denen der Protagonist den Verstand verliert, überhaupt nicht ausstehen – da habe ich beim Lesen das Gefühl, dass ich vor lauter Wirrheit selber ganz narrisch werde. Annika Scheffels Alltagsheld verliert mit jedem Kapitel einen seiner Namen – und ein bisschen etwas von seinem klaren Blick, so scheint es, oder einen Teil seiner Persönlichkeit, sodass diese sich permanent verändert. Das ist … anstrengend. Zwischendurch ist Bens wundersame Reise durchsetzt mit banalen Tätigkeitsbeschreibungen, und so schwanke ich zwischen Irrsinn und Langeweile. Experimentell – vielleicht, originell – durchaus, lesbar – mit Mühe. Dieses Buch ist ganz sicher anders als die anderen, für mich aber nicht besser.

Wer soll’s lesen?
Menschen mit viel Geduld.

Prost Mahlzeit: 1 Stern, Snacks für zwischendurch

EbmeyerSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um Friederike Soltau, die im Jahr 1869 mit ihrem Bruder Albert auf die erworbene Estancia in Argentinien übersetzt und so der drohenden Einweisung in die Irrenanstalt entgeht. Die Eltern wissen nicht umzugehen mit Friederikes Launen und dem Schatten, von dem sie sich verfolgt fühlt. Sie jedoch findet in Argentinien einen Platz, an den sie zu gehören scheint. 100 Jahre später verkauft Udo Soltau, gerade frisch in zweiter Ehe mit der weitaus jüngeren Sigrid verheiratet, die Familien-Estancia. Und steht ansonsten vor den üblichen Problemen eines ereignislosen Lebens: getrennte Betten, Schimmel im Bad, die Sehnsucht nach der längst verflogenen Verliebtheit. Auf Friederikes Spuren wandelt später Udos Sohn Marco – und zwar in doppelter Hinsicht. Er erforscht ihre Geschichte, und er ist mindestens ebenso verrückt wie sie.

Hat’s gemundet?

Nein. Mein anfängliches Interesse schwindet schnell. Während Friederike mich zu Beginn auf eine spannende Reise mitzunehmen scheint, schläfert der langweilige Udo mich fast ein. Und Marco, der nicht ganz bei Verstand ist, treibt mich mit seiner Sprunghaftigkeit in den Wahnsinn. Zudem weiß ich nicht, was der Roman mir sagen will, und finde auch nichts Spektakuläres in seinem Inhalt. Es gefällt mir, wie Michael Ebmeyer seinen Stil variiert und an die jeweilige Epoche bzw. an den Erzähler anzupassen weiß – aber das ist für mich auch schon das einzig Positive an diesem Buch.

Wer soll’s lesen?
Vielleicht jemand, der mehr Zugang zu Argentinien hat als ich und mehr Geduld mit Protagonisten, die verrückt werden. Ich kann das nämlich nicht leiden, es verwirrt mich zu sehr.

Für Gourmets: 5 Sterne, Snacks für zwischendurch

ShalevSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Seine allerletzte Taube ließ er auf, während er im Sterben lag, und sie trug eine einzigartige Botschaft für seine Geliebte, die lebenslange Konsequenzen hatte. Das Baby wurde er genannt, Brieftauben waren seine Leidenschaft, sein Leben verlor er im Krieg. Fremdenführer und Vogelkundler Jair interessiert sich brennend für die Geschichte des Jungen mit den Tauben, und er berichtet auch aus seinem Leben, das mit jenem des Taubenzüchters verwoben zu sein scheint. In Tel Aviv und Jerusalem, zwei von der Geschichte gebeutelten Orten, entfaltet sich die Story zweier Männer, getrennt durch mehrere Jahrzehnte, verbunden durch die Suche nach der Lebensliebe, nach Erfüllung, nach einem eigenen Ort.

Hat’s gemundet?
Dieses Buch ist köstlich! Es ist erheiternd, melancholisch, sachlich, sarkastisch und bietet eine wirklich interessante Geschichte mit schönen Zusammenhängen. Die Wendungen haben mir ausgezeichnet gefallen, ebenso die Figuren – der tragikomische Held Jair, dessen Frau zu schön und zu reich ist, das naive Baby und besonders der stinkreiche, weinerliche Meschullam, der grenzgeniale Sprüche vom Stapel lässt. Überhaupt sind Meir Shalevs Formulierungen eine Wohltat, sie sind herrlich witzig, sehr intelligent und machen den Roman zu einem wahrhaften Lesevergnügen. Beispiele gefällig?

„Er war ein cholerischer alter Gynäkologe von kurzem Wuchs und Geduldsfaden.“

„Ich habe soviel Zeit, dass ich sicher sterbe, ehe sie aufgebraucht ist.“

„Bei den Johannisbrotbäumen ist es wie bei uns. Die Männer stinken, und die Frauen tragen Frucht.“

„Die Wahrheit sprechen, ist sehr schön, aber es muss nicht gleich zur Gewohnheit werden.“

„Er ist überhaupt nicht nett. Er ist so gar nicht nett, daß du keine Ahnung hast, wie wenig. Aber das bißchen Nettigkeit, das er in sich hat, konzentriert er auf nur vier Menschen, und weil du einer von ihnen bist, meinst du, er wäre so.“

Wer soll’s lesen?
Jeder!

Bücherwurmloch

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Schenk das Schönste und Klügste, das es gibt: Worte. Schenk Sätze, die sich in Herzen bohren, schenk Gedanken, die sich verankern, schenk Bücher, die in Erinnerung bleiben.
Die Geschenktipps für Weihnachten kommen dieses Jahr in der besten Form aus dem Bücherwurmloch: ihrer eigenen. Die Bücher stellen sich anhand ihrer Worte selbst vor. Und ihr findet vielleicht den einen oder anderen Roman, der zu jemandem passt, der euch viel bedeutet.

„Because the heart is a black box. Every conquest, loss or rejection leaves its trace. We love according to what the heart has been taught. We love in the shadow – sometimes benign, sometimes malevolent – of every disappointment, betrayal or fulfillment. We love – and no god can control the feeling or mitigate the consequences.” Priya Basil: The obscure logic of the heart

„Wir laufen durch Kirchblüt, und alles ist anders, wir haben es verloren, so wie wir die Orte unserer Kindheit verlieren, zum ersten Mal, wenn wir keine Kinder mehr sind, und später noch einmal, wenn wir als Erwachsene zurückkehren und uns wundern, wie sie wirklich aussehen.“ Zsuzsa Bánk: Die hellen Tage

„Wir alle sind sterblich, ja, aber vielleicht sind einige von uns sterblicher als andere.“ Jennifer Dubois: Das Leben ist groß

Basil Bánk DuBois

„Aber ich war schwach, und ich hatte das Pech, in einer Gesellschaft zu leben, in der man die Schwachen aufs Abstellgleis schob, sie mundtot machte, damit andere für sie sprechen mussten, die ihnen ihre Gesinnung, ihr Verständnis darüber, was gut oder schlecht war, aufzwängten und es verteidigten, ohne richtig zuzuhören, worum es eigentlich ging.“ Rachida Lamrabet: Über die Liebe und den Hass

„Ausgerechnet im Buchladen fing er Feuer. Und so hatte er seine wundersamsten Erlebnisse an einem Ort, wo manche das Abenteuer gar nicht erst suchten, obwohl er doch voll davon war.“ Andreas Séché: Zwitschernde Fische

„Please step aside because I’m about to kick the shit out of life!“ Maria Semple: Where’d you go, Bernadette?

Lamrabet Seche Semple

„Jetzt noch fünf Minuten für mich. Fünf Minuten unter der Bettdecke. Fünf Minuten Autonomie, bevor ich wieder nur Frau und Mutter bin, Mutter und Frau. Fünf Minuten, bevor ein Rudel hipper junger Eltern bei uns einmarschiert, mit denen ich hippe Jung-Eltern-Gespräche führen werde, als wäre ich genauso wie sie. Sie denken, ich sei genauso. Aber das bin ich nicht. Ich bin jemand, der sich jetzt gern irgendwo verkriechen und sündigen Gedanken nachhängen würde.“ Doris Knecht: Besser

„Immer ist alles anders gekommen mit Marc. Jeder Tag eine unvorhergesehene Wendung. Ein Knick um neunzig Grad hinter dem Horizont. Man will in den Wedding und kommt ans Meer. Man will Klavierschüler und kriegt eine Geliebte. Man will, dass alles so bleibt, und alles ändert sich.“ Monika Zeiner: Die Ordnung der Sterne über Como

„Manche Lieder sind so, sie wachsen in einen hinein. Oder man wächst in sie hinein. Denn wenn einen etwas anrührt, wer kann dann schon sagen, was sich bewegt und was stillsteht und annimmt? Wenn wir voneinander berührt werden, dann gibt es doch keinen, der eindeutig gibt, und keinen, der eindeutig nimmt? Ich weiß nicht, was die Schlösser in uns Menschen öffnet. Wüsste ich es, würde ich das schönste Lied der Welt schreiben und anschließend schweigen.“ Kjell Westö: Geh nicht einsam in die Nacht

Knecht Zeiner Westö

„Menschen im Allgemeinen langweilen mich schnell. Ich muss jemanden bewundern können.“ Yannick Grannec: Die Göttin der kleinen Siege

„Ich habe nicht die Anmut der Frauen, denen man lange Sätze mit Seufzern als Satzzeichen ins Ohr flüstert, nein. Ich verleite eher zu kurzen Sätzen. Deftigen Bissen.“ Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche

„Ich gehe, und er wusste sofort, was sie damit meinte, aber am besten tut man so, als hätte man keine Ahnung, worum es geht, wenn das Leben um einen herum in tausend Stücke fällt.“ Jón Kalman Stefánsson: Das Herz des Menschen

Grannec Delacourt Stefansson

Netter Versuch: 2 Sterne, Snacks für zwischendurch

RaskerSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Die Zwillinge Job und Jona leben stark aufeinander fixiert mit ihrer Mutter, einer Theaterschauspielerin, zusammen – ihren Vater kennen sie nicht. Aus für die Buben nicht nachvollziehbaren Gründen gibt die Mutter den sensiblen Jona zu einem fremden Ehepaar, wo er einige Zeit lebt. Als der Theaterregisseur, von dem die Kinder denken, dass er ihr Vater sein könnte, stirbt, holt die Mutter Jona zurück. Doch das Familiengefüge ist zerstört, auch wenn die Verbindung zwischen den Zwillingen nach wie vor eng ist. Die Tragödie, die von Anfang an in der Luft lag, nimmt ihren Lauf.

Hat’s gemundet?
Nicht so sehr. In der Nähe des Meeres ist ein sehr schmales und dennoch sehr anstrengendes Buch. Maya Rasker will, so scheint es mir, sehr viel von mir: Sie will mich mit poetischen Formulierungen verzaubern, mit undurchsichtigen Metaphern verwirren, sie will, dass ich errate, was sie nicht ausspricht, und dass ich all die Hinweise verstehe, die sie mir nicht gibt. Und ich bin dezent überfordert und genervt, auch wenn mir ihre Sprache sehr wohl mehr als einmal ein Lächeln entlocken kann. Letztlich bleibt dieser Roman für mich so fragmentarisch und unzusammenhängend wie ein Entwurf, obwohl die Autorin am Ende noch ein wenig Einblick in das Leben der Mutter gibt, was vermutlich zur Erklärung ihrer Handlungsweisen dienen soll, mir aber auch nicht unbedingt weiterhilft. Von diesem Buch bleibt bei mir nur ein Stirnrunzeln.

Wer soll’s lesen?
Wer trotzdem will …

Prost Mahlzeit: 1 Stern, Snacks für zwischendurch

TylerSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Zwei Mädchen aus Korea, zwei amerikanische Familien, ein Tag am Flughafen: Als die Amerikaner Brad und Bitsy sowie die iranischen Einwanderer Sami und Ziba ihre koreanischen Adoptivbabys in Empfang nehmen, kommen sie miteinander in Kontakt – und aus der Zufallsbegegnung entsteht eine Art Freundschaft, die viele Jahre andauert, allerdings eher forciert ist und von den Mädchen sogar fast abgelehnt wird. Sehr auffällig im direkten Vergleich sind dabei die Unterschiede der beiden Elternpaare im jeweiligen Umgang mit den Adoptivkindern, die natürlich – aber nicht nur – auf ihre eigene verschiedenartige Herkunft zurückzuführen sind.

Hat’s gemundet?
Nein. Da lese ich endlich mal ein Buch von Anne Tyler, die so hochgepriesen wird, und dann gefällt es mir nicht. Denn während die Romanidee durchaus interessanten Stoff verspricht, ist das Buch alles in allem eine öde Aneinanderreihung vieler verschiedener Speisen, Kleidungsstücke und Erziehungsmaßnahmen. Ständig erzählt die Autorin mir, wer welches Gewand anhat, was die Iraner kochen und was die Amerikaner servieren, dass das eine Mädchen seinen koreanischen Namen behält und das andere nicht, dass das eine in die Vorschule geht und das andere nicht – aber was die Figuren empfinden, wie sie mit der Adoption umgehen, was sie denken und nicht auszusprechen wagen, das sagt sie mir nicht. Dabei hätte mich ja nur das interessiert. Denn dass Bitsy gern handgewebte hellblaue Kittel trägt – das ist mir herzlich wurscht. Genau wie letzten Endes leider auch dieses ganze Buch.

Wer soll’s lesen?

Keiner.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne, Snacks für zwischendurch

CunninghamSnack für zwischendurch – Kurzrezension

Worum geht’s?
Um den New Yorker Galeristen Peter und seine Frau Rebecca, die in Manhattan leben. Die Tochter ist aus dem Haus und meldet sich selten, Geld ist genug vorhanden, und so widmet sich Peter der Kunst und Rebecca dem Magazin, das sie herausgibt. Die beiden haben es sich gemütlich gemacht an der Seite des jeweils anderen. Ein wenig Leben in die Bude kommt mit der Ankunft von Mizzy – „the mistake“ –, wie Rebeccas viel jüngerer Bruder Ethan von allen genannt wird. Er ist klug, jung, schön, hat Potenzial und nutzt es nicht, er ist ein Verlorener. Angeblich seit einiger Zeit clean, wird Mizzy von Peter beim Drogenkonsum erwischt. Und da Peter Rebecca nichts erzählt, teilt er nun ein Geheimnis mit Mizzy – und da kommen noch mehr …

Hat’s gemundet?

Ja. Michael Cunningham, der mit „The Hours“ den Pulitzer Preis gewonnen hat, schreibt außerordentlich gut. Inhaltlich dem Roman von Paula Fox, den ich direkt davor gelesen habe, sehr nahe, gefällt By nightfall mir aber um ein Vielfaches besser, das Buch ist ausgefeilt, klug, witzig und überraschend. Ich hatte einen sehr verblüffenden „Damit hab ich nicht gerechnet“-Moment und finde auch das Ende gar nicht mal so vorhersehbar. Wie ein kleiner Bach plätschert dieser Roman ruhig vor sich hin, erzählt und murmelt ein bisschen, reißt niemanden vom Ufer mit, hat aber durchaus einen spürbaren Sog. Ein Buch, das nicht fordert, nicht brennt und nicht schockiert, aber sehr lesenswert und interessant ist.

Wer soll’s lesen?

Alle, die sich für Kunst interessieren und zwischendurch mal Lust auf was Ruhiges haben.

Nicht mein Geschmack

Nix2Sabrina Janesch hat mich mit Katzenberge unglaublich begeistert – mit Ambra ist ihr das nicht gelungen. Ein hochgelobtes Buch, dem ich durchaus auch etwas abgewinnen konnte, das mir aber insgesamt mit all den Stimmen und Einschüben viel zu wirr war. Ich habe zwischendrin ganz einfach die Geduld und die Lust verloren, auch sprachlich konnte mich die junge Autorin dieses Mal nicht packen. Zeigt mal wieder: lieber nur ein Buch lesen, besonders, wenn es gut war, oft kommt danach eine Enttäuschung.

Der Liebhaber meines Mannes? Ja. Sehr vorhersehbar. Und dadurch richtig langweilig. Eine Liebe zwischen zwei Männern und eine eifersüchtige Frau – das Setting bietet nichts Neues, Sprache und Inhalt tun es auch nicht. Die Erzählerin ist in meinen Augen recht mitleidheischend und weinerlich. Spannende Momente, lesenswerte Sätze – Fehlanzeige.

Ähnlich erging es mir mit dem ebenfalls vielgepriesenen Buch Rückkehr nach Missing von Abraham Verghese. Vielleicht hat mich auch die Dicke abgeschreckt … jedenfalls habe ich sehr lange darauf gewartet, dass ich mich für die Geschichte interessiere und mich mitgerissen fühle. Das ist nicht geschehen. Ich fand es langatmig und habe es immer wieder so lange liegen lassen, dass ich den Faden verloren habe. Schade!

Auch Stefan Mosters Buch Die Unmöglichkeit des vierhändigen Spiels hat die Kritiker überzeugt, mich leider nicht. Das Wechselspiel von Mutter und Sohn, die sich beide auf einem Schiff befinden, das aber nicht wissen, fand ich unerträglich fad. Die Sprache schillert nicht so, wie ich es erwartet hatte, sie ist mehr Guglhupf als Sachertorte. Und der Konflikt war mir auch nicht groß genug, um mich bei Laune zu halten und meine extreme Ungeduld zu zähmen.

Lauter vermeintlich gute Bücher, von denen ihr sicher auch das eine oder andere kennt – haben sie euch besser gefallen als mir? Ich bin ja bekanntlich schwer zu beeindrucken und überaus kritisch … und auf eure Meinungen und Einwände (oder euer zustimmendes Nicken) gespannt.