Gut und sättigend: 3 Sterne

Johan Bargum: Septembernovelle

Bargum„Einsam zu sein, ist genau, wie eine Diät zu machen oder mit dem Rauchen aufzuhören: Man gewöhnt sich daran“
Zwei Männer, Olof und Harald, gehen gemeinsam segeln. Sie haben einander seit 20 Jahren nicht gesehen, kannten sich auch damals nur flüchtig, und doch gibt es etwas, das sie verbindet: Elin, die Frau, mit der beide verheiratet waren. Nacheinander, versteht sich. Das ist allerdings lang her, Elin ist nicht mehr am Leben, warum also begeben diese zwei Männer sich zusammen auf ein Boot? Und was geschah dann? Vielleicht redeten sie darüber, dass Olof einst Harald die Frau ausgespannt hat. Merkwürdig ist nur, dass ausgerechnet Olof allein zurückkommt …

„Die Leute glauben immer, es müsse jede Menge aufwallende Gefühle und knallende Türe geben.“ In der Septembernovelle von Johan Bargum knallt keine einzige Tür, und Gefühle wallen nur im Verborgenen auf. Der finnland-schwedische Autor, der Romane, Drehbücher und Theaterstücke schreibt und mehrfach ausgezeichnet wurde, hat den schmalen Band zweigeteilt: Erst spricht Olof, dann folgt ein Brief von Harald. Olofs Teil ist ein Monolog, den er der Polizei gegenüber hält, denn natürlich ist er verdächtig. Hat er Harald vom Segelboot gestoßen? Aber warum hätte er das tun sollen? Olof versucht, den Verdacht von sich fortzureden – und will unbedingt Haralds Brief sehen. Den hat Harald unterwegs geschrieben, als er schon mit Olof segeln war – und er widerspricht Olofs Erzählung in einigen entscheidenden Punkten. Vor allem rückt er auch Elin in ein ganz anderes Licht – religiös, verrückt, von einer Wahnvorstellung besessen – und setzt ein Fragezeichen hinter ihren Tod.

Trotz ihrer Knappheit mit gerade mal 108 Seiten ist Johan Bargums Septembernovelle sehr kraftvoll. Ein dünnes, aber intensives Buch, dessen Sprache genauso ist wie das Cover: schlicht, einfach und gleichzeitig von einer Tiefgründigkeit, die man nicht so recht erfassen kann. Diese Erzählung ist ein Rätsel, eine Medaille mit zwei Seiten – und es ist nicht herauszufinden, welcher der beiden Männer lügt und welcher die Wahrheit sagt. Eine schöne Lektüre, an der mich nur die Kürze stört – ich hätte gern noch mehr gelesen.

BannerSeptembernovelle von Johan Bargum ist erschienen im mare Verlag (ISBN 978-3-86648-193-0, 112 Seiten, 18 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Diese Novelle ist ein kleines Geschenk. Schnell ist der Text gelesen und die Handlung inhaliert. Dennoch bleibt lange ein nebliger Nachgeschmack im Leser, der sich wohl noch länger mit dem Inhalt beschäftigen wird“, heißt es auf leseschatz.
– Die Buchempfehlung der ARD Mediathek könnt ihr euch hier anhören. Auch der Autor kommt zu Wort.
– „Der Autor überlässt das Spekulieren dem Leser und davon ist nach der Lektüre des Buches lange nicht loszukommen“, schreibt Heike Rau in der leselupe.
– Hier könnt ihr das Buch bei ocelot.de bestellen.

0 Comments to “Johan Bargum: Septembernovelle”

  1. Hm, das klingt gut – trotz der dünnen Dicke…
    Ich lese nun seit einigen Wochen bei Dir und “ausgelesen” mit, das scheint gut zu passen… Merci jedenfalls für den “Lesedienst”.

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