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Kerstin Hensel: Federspiel

Drei Merkwürdigkeiten
Sie sind Geschwister, und sie haben den Absprung nicht geschafft: Rita und Richard verbringen ihr ganzes Leben zuhause und lassen sich von der grantigen Mutter traktieren. Nach dem Krieg, der ihnen den Vater genommen hat, breitet sich endlose Langeweile vor ihnen aus, die in der Sinnlosigkeit eines Lebens auf einem einsamen Bauernhof mit zwei alten Frauen ihren Höhepunkt findet. Wanda dagegen hat ihren Vater noch: Er ist Deutschprofessor und mehr mit der deutschen Sprache verheiratet als mit seiner Gattin. Wanda kann ihm nur gefallen, wenn sie alles, was er ihr beibringt, brav aufsagt, und fällt beim ersten Mal, da sie Widerstand zeigt, sofort in Ungnade. Ihre Mutter braucht lange, um sich auf die eigenen Beine zu stellen – fast so lange wie Rita –, aber schließlich tut sie es doch.

Drei Geschichten sind in Kerstin Hensels Buch Federspiel versammelt. Warum sie als Liebesnovellen bezeichnet werden, vermag ich nicht nachzuvollziehen, geht es doch eher um Ablösung und Unabhängigkeit von Frauen. Die mittlere Geschichte besteht zudem aus einem einzigen Satz, der sich über 6,5 Seiten schlängelt, und scheint mir auch keine Liebesnovelle zu sein. Wie dem auch sei, Kerstin Hensel hat einen recht ruppigen, widerborstigen Stil, der mich kratzt und ein unangenehmes Gefühl auf meiner Haut hinterlässt. Wie so oft finde ich nicht in ein Buch hinein, in dieses nämlich. Die Handlungsweise der Figuren wirkt auf mich verwirrend und befremdlich, ihr Inneres ergründet sich mir in der Kürze der Zeit nicht. Manchmal kommt es mir sogar vor, als hätte ich entscheidende Informationen überlesen, nur um beim Zurückblättern festzustellen, dass sie gar nicht da sind. Keine der diversen Figuren hat Interesse oder gar Zuneigung in mir ausgelöst, und obwohl ich durchaus gespannt war, wie die Geschichten weiter- und ausgehen, hat es mir letztlich nichts bedeutet, sie gelesen zu haben. Ich kam mir vor wie im Museum, wo man mir etwas zeigt, das Kunst ist, und ich nicht verstehe, warum.

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
fürs Auge: ein eher langweiliges Cover.
… fürs Hirn: mal zu versuchen, nicht den Faden zu verlieren bei einem Satz, der über 6 Seiten lang ist.
… fürs Herz: da finde ich nicht viel, alles erscheint mir ein wenig krampfig.
… fürs Gedächtnis: nichts.

0 Comments to “Kerstin Hensel: Federspiel”

  1. Martin

    Mir geht es ganz anders mit diesem Buch von Kerstin Hensel – ich habe es mir Spannung und großem Vergnügen gelesen: tolle Geschichten, sicher ungewöhnlich, aber auch zum Lachen – ein bissel Grips und Menschenkenntnis braucht’s aber schon, um sie nachzuvollziehen.

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    1. Mariki Author

      Hihi, danke für den subtilen Hinweis auf meinen Grips und meine Menschenkenntnis 😉 Da fand ich die Geschichten aber nicht herausfordernd genug, die Hintergründe und Verwicklungen waren doch allzu leicht zu durchschauen. Und die Charaktere sehr hölzern.

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