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Chandrahas Choudhury: Der kleine König von Bombay

Klein in jeder Hinsicht
Arzee ist nicht gerade groß, aber seine Träume sind es: Er will erfolgreich sein, es weit bringen, Geld verdienen, eine Frau finden, die ihn liebt. Er lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder in beengten Verhältnissen, und er wünscht sich mehr Respekt. Jeder sieht auf ihn herab, weil er klein ist, aber Arzee glaubt, dass sie ihn bald beneiden werden: Wenn sein Vorgesetzter im Filmtheater Noor in Pension geht, wird er selbst befördert werden, mehr Gehalt bekommen und endlich glücklich sein. Großmaulig verkündet Arzee schon, was für ein Wandel zum Guten ihm bevorsteht, doch das Schicksal macht ihm einen Strich durch die Rechnung: Das Kino soll geschlossen werden. Arzees Träume zerschlagen sich, und weil er noch dazu hohe Wettschulden hat, ist ihm ein Geldeintreiber auf den Fersen, den er nicht bezahlen kann. Arzee hat nicht vor, sich unterkriegen zu lassen – aber gegen die Steine, die das Leben ihm in den Weg wirft, kann er nicht viel ausrichten …

Chandrahas Choudhury ist in Bombay aufgewachsen, der wilden, ausufernden, stinkenden indischen Metropole. Er weiß, wie es ist, dort zu leben, und er erweckt in seinem ersten Roman Der kleine König von Bombay die hitzige Atmosphäre der Stadt. Was mir allerdings nicht so behagt, ist sein äußerst schwülstiger, aufgesetzter Erzählton. Protagonist Arzee wirkt auf mich wie ein Tolkien-Hobbit, der durch Bombay wandelt und sich halbphilosophisch mit sich selbst unterhält. Das klingt beispielsweise so: „Lauf, mein Freund! Die Scherereien des heutigen Tages liegen hinter dir – jetzt auf zum Ziel!“ Das ist mir viel zu krampfig und pathetisch. Das ganze Buch über geht es jedoch in diesem Stil weiter: „Um mich selbst mache ich mir keine Sorgen. Ich komme schon zurecht, bin mein Leben lang zurechtgekommen, sonst hätte ich es nicht so weit gebracht. Aber wer sagt das gerade? Das sage ich, während ich nach Hause gehe und zu diesem Mond hinaufschaue.“ Nun ja, ich gestehe, dass mich diese Monolog-Tiraden doch recht gelangweilt haben. Schön fand ich die liebevolle Beschreibung des alten Filmtheaters namens Noor, was „Licht“ bedeutet, und die lebhafte Schilderung von Bombay. Was den Hergang der Geschichte betrifft, so habe ich mir mehr Inhalt, mehr Action, mehr Höhepunkte erwartet – letztlich erzählt der Klappentext bereits alles, was im Buch geschieht, bis auf eine kleine Überraschung vielleicht. Sehr schade!

Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge: das Cover gefällt mir an dem Roman am besten.
… fürs Hirn: da fällt mir nichts ein.
… fürs Herz: da auch nicht.
… fürs Gedächtnis: dito.

Der kleine König von Bombay von Chandrahas Choudhury ist erschienen bei dtv (ISBN 978-3-423-24917-1, 260 Seiten, 14,90 Euro).

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