Gut und sättigend: 3 Sterne

Isabel Ashdown: Am Ende eines Sommers

Familienglück auf Eis
Wenn man 13 ist, ist das Leben kompliziert. Für Jake gilt das in besonderem Maße: Mutter Mary ist Alkoholikerin, Vater Bill gerade ausgezogen, der große Bruder Matt verschwunden, der kleine Bruder Andy auf ihn angewiesen. Wir schreiben das Jahr 1985 und Jake möchte gern unbeschwert sein, die Jugend genießen, sich eine Midi-Anlage kaufen. Auch Mary war einst – wie die Rückblenden aus den Sechzigerjahren erzählen – lebensfroh und voller Hoffnungen. Sehr eng war sie ihrer Schwester Rachel verbunden, doch der Kontakt brach ab und die beiden Frauen treffen sich erst 15 Jahre später wieder. Dann kommt plötzlich ein lang verstecktes und gefährliches Familiengeheimnis ans Licht …

Am Ende eines Sommers erzählt die Geschichte einer Familie, die sich stets sehr nah am Abgrund bewegt. Als Leser fühlt man mit Jake mit, der sich in der unglücklichen Lage befindet, gerade groß genug zu sein, um Verantwortung zu übernehmen – aber immer noch klein genug, um sich dabei wie ein verzweifeltes Kind zu fühlen. Das Buch lebt von zwei Handlungssträngen, Jake berichtet aus seiner Sicht, Mary bekommt eine eigene Perspektive in der Vergangenheit, die erklären soll, wieso es zu den Ereignissen 20 Jahre später kommt. Isabel Ashdown schreibt sehr flüssig, in einem Stil ohne Widerhaken und Fallen. Ihre Charaktere sind glaubhaft, die Atmosphäre hat sie gut eingefangen, manche Worte brennen wie Säure.

Mein Kritikpunkt an diesem Buch ist die Verwirrung, die nach der letzten Seite bleibt. Viele Fragen sind noch offen, wenn der Roman bereits geschlossen ist: Wer ist wessen Vater, wer hat wen hintergangen? Was hat es mit dem Familiengeheimnis tatsächlich auf sich, warum haben sich die Schwestern entzweit? Trotz hoher Konzentration auf alles, was in und zwischen den Zeilen steht, ist das nicht ganz klar, man muss ein wenig weiterrätseln, sich wundern, noch mal nachdenken. Zwar ist das Ende wunderbar passend wie ein Puzzleteil, gleichzeitig aber dennoch irritierend und schockierend. Dies ist ein Buch, das den Finger genau auf die Wunde legt. Und dann fest hineindrückt. Das macht es authentisch. Eitel Sonnenschein suche man woanders!

Am Ende eines Sommers ist erschienen im Eichborn Verlag (ISBN 978-3-8218-6120-3, 19,95 Euro).

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