Gut und sättigend: 3 Sterne

Anya Ulinich: Petropolis

Die große Reise der Mailorder-Braut Sascha Goldberg
Sascha Goldberg zu sein, ist nicht angenehm. Sie hat nämlich dunklere Haut als die anderen, krause Haare, zu viel Fleisch auf den Rippen und auch noch einen jüdischen Nachnamen. Sascha wächst in Asbest 2 in Russland auf und ist somit in jeder Hinsicht gestraft. Ihre Aussichten auf eine glänzende Zukunft sind gelinde gesagt klein. Saschas Mutter will das jedoch nicht akzeptieren und möchte aus Sascha eine Musikerin oder eine Malerin machen. Zeichnen macht Sascha tatsächlich Spaß und sie liebt die heruntergekommene Kindermalschule. Dennoch erzeugen die Bemühungen ihrer ehrgeizigen Mutter in Sascha nur Trotz. Als sie mit 16 schwanger wird und das Kind bei ihrer Mutter lassen muss, flieht Sascha als Braut aus dem Katalog nach Amerika. Dort soll auch ihr Vater leben, der die Familie einst verlassen hat … und Sascha will ihn finden.

Was Sascha in ihrem jungen Leben in Asbest 2 – das genauso schrecklich ist wie sein Name – und auf ihrer Reise durch die USA alles passiert, ist amüsant zu lesen. Anya Ulinich, die selbst in Moskau geboren wurde und mit 17 nach Amerika kam, weiß, wovon sie redet, wenn sie von den “new immigrants” erzählt. Teilweise ist Sascha wirklich eine arme Sau. Die Autorin hat aber kein hilfloses Püppchen mit ihrer Protagonistin geschaffen, sondern eine sture, gehässige und zynische junge Frau. Sie hat Schwierigkeiten mit der Sprache, wird als Putzsklavin gehalten und kann das Glück, wenn es ihr denn ab und zu einmal begegnet, gar nicht erkennen. Ein versöhnliches Ende passt daher nicht zu diesem Buch. Petropolis ist eine interessante, unterhaltsame und gut geschriebene Geschichte über ein Mädchen aus Russland, dem so wenig Gutes im Leben geschieht, dass es schon gar nicht mehr danach sucht. Einziges Manko: Neu ist eine solche Geschichte nicht, Ähnliches habe ich beispielsweise unter anderem bei Martin Sixsmith, Gary Shteyngart, Alina Bronsky oder Marina Lewycka gelesen. Wer die aber alle nicht kennt, darf getrost zu Petropolis greifen und sich vergnügen.

One Comment to “Anya Ulinich: Petropolis”

  1. So, jetzt habe ich deine Rezension gelesen, liebe Mariki und sage lieben Dank für deinen Link! Auch hier möchte ich anmerken: Da siehst du mal, wie verschieden die Geschmäcker sind. Sicherlich ist die Idee keine neue, aber für mich bestens umgesetzt und absolut lesenswert.

    Herzlichst,
    Klappentexterin

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